Anita Blake 07 - Dunkle Glut
gemacht wurde, aber sie waren ganz gut. An dem Wochenende trug ich das T-Shirt, das viel zu groß war, um es außerhalb des Hauses anzuziehen. Niemand erwischte mich in dem Ding, und Richard fand es großartig. Hatte er es jetzt achtlos herausgegriffen und erinnerte sich nicht? Oder hatte er es angezogen, um mir zu zeigen, was ich aufgegeben hatte? Ich glaube, ich nahm es lieber als rachsüchtige Geste. Wenn er es tragen konnte, ohne an das Wochenende zu denken, wollte ich es gar nicht wissen. Wir hatten es geschafft, das ganze Popcorn über die Couch zu schütten. Richard wollte nicht, dass ich aufstand und mich abklopfte. Er wollte mich unbedingt selbst von dem Zeug befreien. Aber ganz ohne Hände, nur mit dem Mund. Wenn ihm diese Erinnerung nichts bedeutete, dann waren wir vielleicht nie verliebt gewesen. Vielleicht war alles nur sexuelle Begierde gewesen, und ich hatte das mit Liebe verwechselt. Gott, hoffentlich nicht.
36
Neuer Tatort, neue Vorstellung. Wenigstens war die Leiche weggeschafft worden. Schon besser als bei mir zu Hause. Ursprünglich hatte ich drei Werwölfe bei Stephen und Nathaniel postiert. Zwei davon waren auf dem Flur. Lorraine sah noch immer aus wie die ideale Grundschullehrerin, wenn man von den Handschellen absah, die nicht so recht zu ihrer Aufmachung passten. Sie saß auf einem dieser unbequemen Stühle, die in allen Krankenhäusern zu stehen scheinen. Dieser war scheußlich orange, die Farbe biss sich mit den weichen Pastelltönen der Wände. Sie schluchzte hinter vorgehaltener Hand. Ihre Handgelenke wirkten sehr schmal in den Handschellen. Teddy kniete neben ihr wie ein Berg und klopfte ihr sachte den Rücken.
An jeder Seite stand ein uniformierter Polizist. Einer hatte die Hand locker an der Waffe, und der Riemen, der sie im Holster hielt, war offen. Das ärgerte mich.
Ich ging auf ihn zu und extra dicht an ihn ran. »Besser Sie machen den Druckknopf zu, Officer, sonst kommt noch einer und nimmt Ihnen die Waffe weg.«
Er sah mich verständnislos an. »Ma'am?« »Benutzen Sie das Holster, wie es sich gehört, oder halten Sie sich von diesen Leuten fern.« »Gibt's Probleme, Murdock?« Ein langer dünner Kerl mit einem dunklen Lockenkopf kam auf uns zu. Sein Anzug schlackerte ihm am Leib, dass man dachte, er sei geliehen. Er hatte riesige blaue Augen. Abgesehen von seiner Größe sah er aus wie ein Zwölfjähriger in Papas Klamotten.
»Ich weiß nicht, Sir«, antwortete Murdock, die Augen geradeaus. Ich wettete, er war beim Militär gewesen oder hatte zumindest hingewollt. Er hatte etwas von einem Möchtegern.
Der lange Kerl wandte sich mir zu. »Wo liegt denn das Problem, Detective ...?« Er ließ mir viel Platz, um meinen Namen einzufügen. »Blake, Anita Blake. Ich gehöre zum Regional Preternatural Investigation Team.«
Er streckte mir eine große knochige Hand entgegen. Sein Händedruck fiel ein bisschen zu eifrig aus, aber er quetschte nicht. Er wollte mich nicht testen, war nur erfreut, mich zu sehen. Seine Berührung brachte meine Haut zum Kribbeln. Er war medial veranlagt. Der erste seiner Art, den ich bei der Polizei traf. Bisher kannte ich nur diese Hexe, die sie eigens eingestellt hatten.
»Sie müssen Detective Padgett sein«, sagte ich.
Er nickte, ließ meine Hand los und lächelte wundervoll. Lächelnd sah er noch jünger aus. Wäre er nicht fast so groß gewesen wie Dolph, hätte ich Schwierigkeiten gehabt, mich nicht autoritär zu verhalten. Doch viele Leute verwechseln Körpergröße mit Autorität. Ich hatte meistens mit der umgekehrten Reaktion zu kämpfen.
Er legte mir eine Hand auf die Schultern und führte mich von den Werwölfen weg. Die Hand machte mir nicht besonders viel aus. Wäre ich ein Mann gewesen, hätte er das nicht getan. Ich ließ mich von ihm zu einer Seite schieben, dann trat ich aus dem Kreis seiner Arme. Nicht sonderlich betont, aber ich tat es. Wer sagt, dass ich nicht auch reifer werde?
»Informieren Sie mich über die Situation.«
Er tat es. Es war so ziemlich das Gleiche, was Dolph mir gesagt hatte. Das einzig Neue war, dass es Lorraine gewesen war, die den Mann an die Wand geschleudert hatte. Das erklärte ihre Tränen. Sie glaubte vermutlich, sie würde im Gefängnis landen. Ich konnte ihr nicht das Gegenteil versprechen. Wäre sie eine normale Frau gewesen, die einfach einem Polizisten das Leben gerettet und dabei versehentlich den Angreifer getötet hatte, würde man sie nicht
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