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Anita Blake 07 - Dunkle Glut

Anita Blake 07 - Dunkle Glut

Titel: Anita Blake 07 - Dunkle Glut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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wollen, stellen Sie sich hinten an.«
     
    Mit einer abrupten, aggressiven Bewegung zog er seinen Mantel aus. Ein braunes Tweedjackett landete zerknüllt auf dem Sitz. Er drehte den Kopf, damit ich sehen konnte, dass die Narben unterhalb des Hemdkragens weitergingen. Er fing an, sein Hemd aufzuknöpfen.
     
    Ich warf einen Blick auf Jean-Claude. Er gab sich teilnahmslos und desinteressiert. Ich war auf mich allein gestellt. Was gab es sonst Neues?
     
    »Nicht dass ich das Angebot nicht zu schätzen weiß, aber normalerweise bin ich nicht dafür, dass der Mann bei der ersten Verabredung die Kleider fallen lässt.«
     
    Er knurrte. Er entblößte seine Brust, das Hemd steckt(, noch in der Hose. Die Narben setzten, sich tropfenweise nach unten fort, als hätte jemand längs der Körpermitte eine Grenzlinie gezogen. Die eine Hälfte blass und makellos, die andere monströs. Beim Gesicht und am Hals waren sie behutsamer gewesen, bei der Brust nicht. Die Narben formten tiefe Rinnen. Die Haut war so geschrumpft, dass sie nicht mehr echt aussah. Die Narben reichten über den Bauch bis in die Hose.
     
    Ich starrte, weil er es erwartete. Als ich ihm wieder in die Augen sehen durfte, fehlten mir die Worte. Ich hatte mir einmal Weihwasser auf einen Vampirbiss gießen lassen. Reinigen nannte man das. Foltern konnte man es auch nennen. Ich hatte geflucht und gekotzt und mich am Boden gewälzt. Die Qualen, die er überlebt hatte, waren unvorstellbar.
     
    Seine Augen waren weit und grimmig und furchtbar. »Sie reichen bis ganz unten«, sagte er.
     
    Das erzeugte genau den Bilderreigen, den ich hatte vermeiden wollen. Mir fiel manches ein, was ich darauf hätte sagen können: »Wahnsinn«, doch das klang pubertär und grausam, »Tut mir Leid«, das war völlig unangemessen. Ich machte eine hilflose Armbewegung, während ich auf meinem Sitz kniete und ihn ansah. »Ich habe Sie schon einmal gefragt, Asher. Was für eine Reaktion wünschen Sie sich?«
     
    Er schob sich so weit wie möglich von mir weg, bis in die andere Ecke an die Wagentür. »Warum schaut sie nicht weg? Warum verabscheut sie mich nicht? Warum ekelt sie sich nicht vor meinem Körper?«
     
    Wie er sich davor ekelte. Das blieb unausgesprochen, aber es war ihm anzusehen, an den Augen, an der Körperhaltung. Der Halbsatz hing in der Luft wie ein Donnerschlag.
     
    Er schrie: »Warum sehe ich in ihren Augen nicht, was ich sonst immer sehe?« »Du siehst auch in meinen Augen kein Entsetzen, mon ami«, sagte Jean-Claude.
     
    »Nein«, erwiderte Asher. »Da sehe ich Schlimmeres. Ich sehe Mitleid!« Er öffnete die Wagentür, ohne sich zu drehen. Ich glaubte, jetzt fällt er aus dem Auto, aber so kam es nicht. Er schwebte hinaus, ohne den Boden zu berühren. Es gab einen Windstoß, der über mich hinwegfegte, und damit war er verschwunden.
     
     
     

12
     
    Ein paar Sekunden lang saßen wir stumm da und starrten die offene Tür an. Schließlich musste ich die Stille vertreiben. »Mein Gott, merkwürdig, wie schnell sie hier kommen und gehen.«
     
    Jean-Claude verstand die Anspielung nicht. Richard hätte das Zitat erkannt. Er mochte den »Zauberer von Oz«. Jean-Claude ging ernst darauf ein. »Asher war immer ein guter Flieger.«
     
    Irgendjemand fing an zu kichern. Ich griff nach der Firestar. Die Stimme kam mir bekannt vor, aber der Ton war neu: arrogant, zutiefst arrogant. »Silberkugeln können mir nichts mehr anhaben, Anita. Das hat mein neuer Meister mir versprochen.«
     
    Liv erschien in der offenen Wagentür, stützte sich mit muskulösen Armen auf den Sitz und sah uns an. Sie lächelte so breit, dass die Reißzähne blitzten. Wenn man wie Liv die fünfhundert überschritten hat, blitzen die Reißzähne nur, wenn man es will. Sie grinste wie ein Honigkuchenpferd. Über irgendetwas war sie hoch erfreut. Sie trug einen schwarzen Sport-BH und Joggingshorts mit hohem Beinausschnitt, so dass die vielen Bodybuilding-Muskeln im Straßenlicht glänzten. Sie war einer der Vampire, die Jean-Claude kürzlich eingeladen hatte, auf seinem Territorium zu leben. Sie gehörte eigentlich zu seinem engsten Kreis.
     
    »Welchen Kanarienvogel haben Sie denn gefressen?« »Was?« Sie sah mich stirnrunzelnd an. »Die Katze, die den Kanarienvogel gefressen hat«, sagte ich.
     
    Ihre Stirn glättete sich nicht. Livs Englisch ist perfekt und ohne jeden Akzent. Daher vergesse ich manchmal, dass es nicht ihre Muttersprache ist. Viele Vampire haben ihren Ursprungsakzent verloren,

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