Anita Blake 07 - Dunkle Glut
Wagens. Ich kletterte auf die Ladefläche. Edward, Meuchler der Untoten, hatte mich überredet, meinen Jeep von einem seiner Bekannten umbauen zu lassen. Im Radbehälter an der Seite war jetzt ein Geheimversteck. Darin lagen meine zweite Browning und Ersatzmunition. Es war mir albern vorgekommen, während er auf mich einredete. Jetzt fand ich es gar nicht mehr albern. Ich öffnete den Behälter und stieß auf eine Überraschung. Eine Mini-Uzi samt Schulterriemen. An der Waffe klebte ein Zettel.
»Bei Feuerkraft gibt's kein Zuviel.«
Er hatte nicht unterschrieben, aber das war von Edward. Er hatte seine Laufbahn als normaler Auftragsmörder angefangen, aber Menschen machten ihm zu wenig Mühe, darum hatte er sich auf Monster verlegt. Ihn reizte die Herausforderung. Zu Hause hatte ich schon eine Mini-Uzi. Sie war auch ein Geschenk von Edward. Er hatte immer die schönsten Spielsachen.
Ich zog den Mantel aus und streifte mir den Uzi-Riemen über die Brust. Als ich den Mantel wieder anzog, saß die Uzi auf dem Rücken. Nicht perfekt, aber nicht allzu auffällig. Die Browning lag ebenfalls in dem Versteck. Ich schob sie in die Tasche, zusammen mit zwei Magazinen. Als ich wieder draußen stand, hing der Mantel etwas eigenartig, aber er war sowieso auffällig, weil er mir viel zu groß war.
Die Vampire stritten nicht mehr. Liv stand gegen den Jeep gelehnt und schmollte, als hätte Jean-Claude das letzte Wort gehabt oder den Streit gewonnen.
Ich musterte sie. Ich hätte sie gern erschossen. Nicht wegen ihres Verrats, sondern weil sie mir Angst eingejagt hatte. Auch kein guter Grund. Außerdem war es meine eigene Sorglosigkeit gewesen, die das ermöglicht hatte. Ich versuche immer, nicht andere Leute für meine Fehler zu bestrafen.
»Ich kann dich nicht ungestraft davonkommen lassen, Liv«, sagte Jean-Claude. »Der Rat würde das als Schwäche ansehen.«
Sie erwiderte gelassen seinen Blick. »Schlag mich, wenn du dich dann besser fühlst, Jean-Claude.« Sie stieß sich vom Wagen ab und ging mit drei langen Schritten auf ihn zu. Sie hob das Kinn wie ein Schläger, der zum ersten Schlag provozieren will. Er schüttelte den Kopf. »Nein, Liv.« Er berührte sanft ihr Gesicht. »Ich hatte etwas anderes im Sinn.« Er streichelte ihr die Wange.
Sie seufzte, drückte das Gesicht in seine Handfläche. Liv wollte Jean-Claude an die Wäsche, seit sie nach St. Louis gekommen war. Sie hatte nie verhehlt, dass sie ihren Weg nach oben durch die Betten nehmen wollte. Sie war sehr frustriert, dass er nicht mitspielte.
Sie gab ihm einen sanften Kuss in die Hand. »Alles könnte so anders sein, wenn dein Schoßweibchen nicht wäre.«
Ich stellte mich von hinten zu ihnen, aber es war, als wäre ich nicht vorhanden. Sie waren an einem abgeschiedenen Ort, der zufällig voll zu sehen war.
»Nein, Liv, gar nichts wäre anders«, widersprach Jean-Claude. »Es ist nicht Anita, die dich von meinem Bett fernhält, sondern du selbst.« Seine Hand schloss sich um ihre Kehle. Seine Finger bohrten sich in ihre Haut. Er machte eine scharfe Bewegung und riss ihr die Kehle heraus.
Liv brach zusammen, rang nach Luft, während ihr das Blut über die Brust strömte. Sie drehte sich auf den Rücken, betastete ihren Hals.
Ich rückte an Jean-Claude heran und starrte auf sie hinunter. Tief in der Wunde sah ich die Wirbelsäule glänzen. Ihre Augen waren schreckgeweitet und voller Angst.
Jean-Claude wischte sich die Hand an einem seidenen Taschentuch ab, das er sonst wo hervorgeholt hatte. Die Gewebefetzen hatte er aufs Pflaster geschleudert, wo sie plötzlich ganz unbedeutend aussahen.
Wir sahen ihr zu, wie sie sich am Boden wälzte. Jean-Claudes Gesicht war die Maske, die er immer trug, schön und unbeteiligt, als hinge er fernen Gedanken nach. Ich hatte keinen Spiegel, und mein Gesicht hätte nie diese wunderbare Makellosigkeit, aber es war genauso unbeteiligt. Ich sah Liv auf dem Asphalt zappeln und empfand kein Mitleid.
Kein kalter Wind kam, um sie zu retten. Ich glaube, das überraschte sie, denn sie streckte den Arm nach Jean-Claude aus. Streckte ihm den Arm entgegen und flehte stumm um Hilfe. Er rührte sich nicht, versank in seine große abwartende Ruhe, als wollte er sich zum Verschwinden bringen. Vielleicht machte es ihm doch etwas aus, sie sterben zu sehen.
Wäre Liv ein Mensch gewesen, hätte sie es schnell hinter sich gehabt. Aber sie war keiner und darum dauerte es.
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