Anita Blake 07 - Dunkle Glut
gleitende Schritte bis vor Jean-Claude. »Ihre Kräfte sind berauschend. Damit kann man sich einwickeln und wärmen bis in alle Ewigkeit.«
Jean-Claude stieß langsam den Atem aus. »Sie ist mein menschlicher Diener.«
»In der Tat«, sagte der Wanderer. »Vor hundert Jahren konnte ich in dich eindringen, indem ich dein schönes Gesicht berührte. Jetzt kann ich das nicht mehr. Hat sie dir diese Macht gegeben?« Er griff in Jean-Claudes Gesicht wie bei mir.
Ich zog Jean-Claude von ihm weg und stellte mich zwischen sie. »Er gehört mir, und ich teile nicht.« Jean-Claude schob den Arm um mich und hielt mich locker fest. »Wenn du uns in Frieden lassen würdest, würde ich mich von Balthasar oder jedem anderen, den du willst, benutzen lassen, aber ich werde nie wieder freiwillig dein Ross sein, Wanderer.«
Willies braune Augen blickten zu Jean-Claude auf, mit einem Scharfsinn, einer beängstigenden Eindringlichkeit, die nicht ihr eigener war. »Ich gehöre dem Rat an. Du nicht. Du wirst in dieser Sache nicht die Wahl haben.« »Heißt das, wenn er den Ratssitz einnähme, könnten Sie ihm nichts mehr tun?«, fragte ich.
»Wenn er machtvoll genug ist, einen Sitz im Rat zu halten, dann sollte ich nicht mehr imstande sein, in seinen schönen Körper hineinzugelangen, selbst wenn ich die Lippen mit Gewalt auf seine Haut pressen würde.«
»Mal sehen, ob ich alles verstanden habe: Falls er den Ratssitz übernimmt, werden Sie trotzdem versuchen, sich ihm aufzuzwingen, weil, wenn Sie ihn bezwingen können, er nicht machtvoll genug ist, um im Rat zu sitzen? Und wenn er den Posten nicht antritt, tun Sie es auf jeden Fall?«
»So ist es.« Der Wanderer lächelte mich wunderhübsch an, das Entzücken leuchtete ihm geradezu aus den Augen, aus Willies Augen. »Wieso läuft bei Leuten Ihrer Sorte eigentlich immer alles auf üble Tricks hinaus? Sie tun nichts Vernünftiges, Sie machen immer nur anderen das Leben zur Hölle«, sagte ich.
»Willst du ein Urteil über uns fällen?«, fragte er. Seine Stimme war plötzlich tiefer und kräftiger als es Willies Kehle zuzutrauen war. Er machte den letztmöglichen Schritt an mich heran, so dass ich mit beiden auf Tuchfühlung war. Ihre Kräfte loderten über mich hinweg, es war wie zwischen zwei Feuern zu stehen, aber es brannte nicht.
Sie waren kalt, ein Hauch des Todes, ein Vorgeschmack des Grabes.
Die Wucht entriss mir ein Stöhnen und richtete mir die Haare auf »Weg von mir!« Ich wollte ihn wegstoßen, aber er packte mein Handgelenk, packte es so schnell, dass die Bewegung kaum zu sehen war. Die Berührung mit seiner nackten Haut jagte mir eine betäubende Kälte durch den Leib wie einen eisigen Speer. Er riss mich von Jean-Claude weg.
Jean-Claude fing meine freie Hand. Im selben Moment ließ die Kälte nach. Seine Macht fegte durch mich wie ein Schwall warmes Wasser, aber es war nicht seine. Es war Richards. Jean-Claude lieh sich seine Kräfte, wie ich es vorher getan hatte. Er spülte die fremde Kälte aus mir hinaus.
Es war der Wanderer, der mich losließ. Er trat zurück und rieb sich die Hand an seinem Mantel, als hätte er sich verbrannt. »Jean-Claude, du bist ein sehr unartiger Junge.«
Jean-Claude zog mich in seinen Arm, eine Hand ruhte an meinem Hals, wo er mit den Fingerspitzen meine Haut berührte. Seine spannungsgeladene Wärme prickelte noch auf mir, und da wurde mir klar, dass Richard unsere Not gespürt hatte.
Auf ein Geräusch drehten wir uns alle zum Gang hin um. Ich kannte den Mann nicht. Er war groß, schlank, dunkelhäutig, vielleicht spanischstämmig, vielleicht auch noch exotischer. Er trug lediglich eine schwarze Satinhose mit Silberstickerei an der Seitennaht. Er zog Willies Liebste am Arm hinter sich her.
Die Wimperntusche lief ihr in schwarzen Tränen übers Gesicht. Der aufwendige Haarschnitt saß noch und lenkte den Blick auf ihre kräftigen Wangenbögen und die vollen Lippen. Aber ihr Gesicht war wie erstarrt, eine Maske aus schwarzen Tränen und weinrotem Lippenstift, der über das Kinn verschmiert war, dass es aussah wie Blut.
»Warum hast du sie hierher gebracht, Fernando?«, fragte der Wanderer. »Mein Vater sitzt genauso im Rat wie du, Wanderer.« »Das bestreite ich nicht.« »Aber du hast ihm untersagt, zu diesem ersten Treffen zu kommen.«
»Soll er doch seinen Willen durchsetzen, wenn er zum Rat gehört.« Der Wanderer klang spöttisch. »Wir sitzen alle im Rat,
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