Anita Blake 07 - Dunkle Glut
zuführen. Dadurch standen sie auf und kamen zu mir. Allgemein heißt es, Totenbeschwörer könnten jede Art von Toten wecken und ihnen befehlen. Aber das ist ein Volksglaube. Soweit ich wusste, war ich der einzige lebende Totenbeschwörer, der diesen besonderen Trick draufhatte.
»Was willst du tun, ma petite?«
Ich kroch um den toten Damian herum. Das Blut drang kalt durch meine Strumpfhose. Meine Hand tastete seinen Arm hinauf, ohne einmal den Kontakt mit der Haut, mit der schlummernden Macht in ihm zu unterbrechen. Diese Macht, die ihn belebt hatte, hatte mich einmal heftig aus ihm rausgeworfen. Aber dieser Zusammenstoß hatte genügt, wir waren miteinander verbunden.
»Du bist mit Damian verbunden, aber auch mit mir. Ich kann ihn im Kopf spüren. Ob das stark genug ist, weiß ich nicht, aber es ist immerhin etwas. Nutze es«, sagte ich. »Du meinst, ich soll von deiner Macht schöpfen, um meine Macht über ihn zu stärken?«, fragte Jean-Claude.
»Genau.« Ich zog Damian auf meinen Schoß. Jean-Claude half mir dabei, sowie er begriff, was ich tun wollte. Damian lag mit den Schultern auf meinem Schoß, sein
Kopf ruhte auf meinem Arm. Ich tastete nach seinem Herzen und stieß an die Klinge. Sie steckte darin. Wäre er nicht über fünfhundert Jahre alt, wäre er verloren, da hätten weder ich noch Jean-Claude etwas tun können. Fünfhundert schien ein Alter zu sein, wo Vampire große Kräfte dazugewannen. Dass er tausend war, konnte ihm nur nützen. Ich konnte ihn spüren, im Kopf und im ganzen Körper. Durch die anschwellende Macht hindurch merkte ich, dass ich dem Gang den Rücken zugekehrt hatte. »Haben wir Waffenstillstand, bis wir ihn erweckt haben?«
»Du meinst, ob sie uns vielleicht angreifen, während wir ihn retten wollen?« »Ja.« »Ich werde Wache halten«, sagte Warrick. Er stand auf und nahm Damians Schwert. »Ist das kein Interessenkonflikt?«, fragte ich.
»Wenn er nicht wieder aufsteht, werde ich für seinen Tod bestraft. Was mich antreibt, euch zu helfen, ist nicht nur Reue über meine Unbedachtheit. Ich fürchte auch, was meine Meisterin mir antun wird.«
Jean-Claude blickte auf Damian nieder. »Padma will uns um der Macht willen töten, die das Triumvirat uns verleiht, ma petite. Jetzt da er weiß, dass du Damian wie einen gewöhnlichen Toten aus dem Sarg gerufen hast, wird er dich umso mehr fürchten.«
»Wird Warrick es ihm erzählen?«
Jean-Claude bedachte mich mit einem milden Lächeln. »Es ist gar nicht nötig, dass Warrick etwas erzählt, nicht wahr, Wanderer?« Ganz in unserer Nähe seufzte jemand. »Ich bin hier.«
Ich starrte nach oben in die Luft, da war nichts. »Du kleiner Scheißkerl belauschst uns hier.«
Willie taumelte plötzlich. Hannah fuhr vor ihm zurück.
»Ich tue so manches, Anita.« In Willies Augen brannte eine uralte Klugheit. »Warum hast du dieses Wissen vor uns verheimlicht, Jean-Claude?«
»Schon ohne dieses kleine Geheimnis empfindet ihr uns als Bedrohung, Wanderer. Willst du mir da einen Vorwurf machen, dass ich das verschwiegen habe?«
Er setzte ein freundlich herablassendes Lächeln auf. »Nein, wahrscheinlich nicht.«
Jean-Claude fasste das Schwert am Heft, stützte die andere Hand auf Damians Brust. Seine Finger streiften meine Hand. »Du solltest die Hand vielleicht ein bisschen zur Seite nehmen, ma petite. Die Klinge ist sehr scharf« Ich schüttelte den Kopf. »Ich will sein Herz zum Schlagen bringen. Das kann ich nicht, wenn ich es nicht berühre.«
Jean-Claude drehte den Kopf zur Seite und sah mich an. »Die Magie ergreift von dir Besitz und du vergisst dich, ma petite. Nimm wenigstens die linke Hand.«
Er hatte recht. Die Magie, aus Ermangelung eines besseren Wortes, baute sich bereits auf. So stark fühlte ich meine Macht sonst nur durch das Blut bei den Opferungen. Natürlich war hier viel Blut, nur hatte nicht ich es vergossen. Dennoch konnte ich in Damians Brust sein Herz fühlen. Es war fast, als könnte ich hineingreifen und den Muskel streicheln, aber nicht mit meinen menschlichen Sinnen, sondern anders. Ich kann es nicht beschreiben. Ich nahm die rechte Hand weg und schob die linke über Damians stummes Herz.
»Bist du bereit, ma petite?« Ich nickte.
Jean-Claude richtete sich kniend auf. »Ich bin der Meister dieser Stadt. Mein Blut hast du getrunken. Mein Fleisch hast du berührt. Du bist mein, Damian. Du hast dich mir willig hingegeben. Komm
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