Anita Blake 08 - Göttin der Dunkelheit
sind?« »Ich bin Vampirhenker.«
Er hielt mir einen langärmligen Kittel auf. Ich fuhr in die Ärmel und ließ ihn mir hinten zubinden. »Ich dachte, man kann einen Vampir nicht erschießen.«
»Silbermunition kann ihn hemmen, und wenn er nicht zu alt und mächtig ist, kann ein Loch im Schädel oder in der Brust ihn vernichten. Manchmal«, fügte ich hinzu. Ich wollte nicht, dass Ben auf falsche Gedanken käme und als Mahlzeit endete, nur weil er meinem Urteil vertraut hatte.
Wir hatten einige Mühe, meine Haare unter die Plastikhaube zu stopfen, schafften es aber doch. Nur der dünne Gummirand kratzte mir bei jeder Kopfbewegung im Nacken. Ben wollte mir auch mit den Gummihandschuhen helfen, aber die streifte ich mühelos allein über.
Er zog die Augenbrauen hoch. »Das tun Sie nicht zum ersten Mal«, stellte er fest. »Ich trage sie an jedem Leichenfundort und wenn ich kein Blut unter den Fingernägeln haben will. « Er half mir mit dem Mundschutz. »In Ihrer Branche sehen Sie wohl viel Blut.« »Nicht so viel wie Sie, schätze ich.« Mit dem Tuch über Mund und Nase drehte ich mich um. Nur meine Augen waren noch zu sehen. Ben sah zu mir hinab. »Ich arbeite nicht im OP.«
»Was ist Ihr Fachgebiet?«, fragte ich. »Verbrennungspatienten.« Ich sah ihn erstaunt an. »Die Überlebenden haben Verbrennungen?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, aber ihr Körper ist wie eine offene Wunde, wie bei einer schweren Verbrennung. Die Behandlung ist ähnlich.«
»Was heißt, ihr Körper ist wie eine offene Wunde?«
Hinter mir tippte jemand gegen die Glastür, sodass ich erschrocken herumfuhr. Da stand ein Mann in der gleichen Aufmachung wie ich und blickte mich mit hellen Augen ungehalten an. Er drückte auf den Knopf einer Gegensprechanlage, und seine Stimme kam völlig klar, der Ärger unmissverständlich. »Wenn Sie herein wollen, dann kommen Sie. Ich möchte die Patienten wieder betäuben, und das kann ich erst tun, wenn Sie sie befragt haben, so wurde mir gesagt.« Er ließ den Knopf los und verschwand hinter einem weißen Vorhang, der den übrigen Raum abschirmte.
»Meine Güte, heute ist wohl jeder auf mich sauer.« Ben zog sich den Mundschutz hoch und sagte: »Nehmen Sie es nicht persönlich. Dr. Evans ist ein guter Arzt. Einer der besten.«
Wenn Sie einen guten Krankenhausarzt suchen, fragen Sie nicht die Kollegen oder den überweisenden Arzt, sondern das Pflegepersonal. Die sehen aus der Nähe, wer gut ist und wer nicht. Sie sagen vielleicht nichts Nachteiliges, aber wenn sie sagen, ein Arzt ist gut, kann man sich darauf verlassen.
Ben drückte auf einen Wandschalter, und die Türen öffneten sich zischend wie bei einer Luftschleuse. Ich ging hindurch, und sie schlossen sich hinter mir. Vor mir war nur der weiße Vorhang.
Ich wollte ihn nicht zur Seite ziehen. Alle waren so verdammt gereizt. Es würde schlimm werden. Ihr Körper ist wie eine offene Wunde, hatte Ben gesagt, aber keine Verbrennung. Was war mit ihnen passiert? Wie es so schön heißt: Es gab nur ein Mittel, das herauszufinden. Ich holte tief Luft und teilte den Vorhang.
Der Raum dahinter war weiß und steril, der Inbegriff eines Krankenzimmers. Draußen erweckte man mit Pastellfarben den Eindruck, es handle sich um ein ganz gewöhnliches Gebäude, nur Flure und normale Zimmer. Diese Illusion endete hier, und die Realität war brutal.
Da standen sechs Betten, jedes unter einem weißen Plastikzelt über dem Kopfende. Dr. Evans stand bei dem vordersten. Weiter hinten im Raum bewegte sich eine Ärztin oder Schwester und kontrollierte einen der vielen blinkenden, piepsenden Apparate, die um jedes Bett herum standen. Sie sah auf, und zwischen Mundschutz und Kopfhaube zeigte sich ein sehr dunkles Gesicht. Eine Afroamerikanerin, mehr ließ sich durch die bauschige Kluft nicht über sie sagen. Ohne würde ich sie nicht wiedererkennen können. Die Anonymität war verstörend. Aber vielleicht empfand das nur ich so. Sie senkte den Blick und ging zum nächsten Bett, um die gleichen Kontrollen durchzuführen und etwas auf ein Klemmbrett zu schreiben.
Ich trat an das nächste Bett zu Dr. Evans, der sich nicht herumdrehte oder mich in sonst irgendeiner Weise begrüßte. Die Patienten lagen unter weißen Tüchern, die durch ein Gestell von ihrem Körper ferngehalten wurden.
Dr. Evans trat schließlich zur Seite, sodass ich das Gesicht des ersten Patienten sah. Ich blinzelte, und meine Augen
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