Anita Blake 08 - Göttin der Dunkelheit
würde er eine Enttäuschung erleben. Ich trat vor ihn, lächelte ruhig, die Augen ausdruckslos, beinahe gelangweilt. So abgeschätzt zu werden, hatte ich noch nie besonders gemocht.
Er guckte als Erster weg. »Der Lieutenant ist drinnen. Er will sie sprechen, bevor sie reingeht.« »Warum?«, fragte Edward in liebenswürdigem Ton.
Der Polizist zuckte die Achseln. »Ich befolge meine Befehle, Mr Forrester. Ich stelle meinen Lieutenant nicht zur Rede. Warten Sie hier.« Er öffnete die Tür und schlüpfte hinein, ohne von dem Raum viel sehen zu lassen, und zog sie hinter sich zu, anstatt den Türheber seine Arbeit machen zu lassen.
Edward runzelte die Stirn. »Ich weiß nicht, was das soll.« »Aber ich«, sagte ich.
Er sah mich mit hochgezogenen Brauen an, als wollte er sagen: sprich weiter. »Ich bin eine Frau und quasi eine Außenstehende. Nur wenige Polizisten trauen mir meine Arbeit zu.«
»Ich habe für dich die Hand ins Feuer gelegt.« »Tja, Ed. .. Ted, ich schätze, deine Meinung hat nicht so viel Gewicht, wie du gedacht hast.«
Er sah mich noch mit Edwards Augen stirnrunzelnd an, als die Tür wieder aufging. Ich wurde Zeuge, wie sich sein Gesicht in Ted verwandelte. Die Augen begannen zu strahlen, die Lippen wölbten sich, der ganze Ausdruck wurde zur Maske. Seine eigentliche Persönlichkeit verschwand wie durch Zauberei. Die Vorstellung aus dieser Nähe zu verfolgen, jagte mir einen Schauder über den Rücken. Die Leichtigkeit, mit der er seine Rolle wechselte, war einfach unheimlich.
Der Mann in der Tür war klein, wenige Zentimeter größer als ich, höchstens eins achtundsechzig. Ich fragte mich, ob es bei der hiesigen Polizei keine Größenanforderung gab. Er hatte ein sonnengesträhntes Blond, einen sehr kurzen Haar
schnitt und ein kantiges Gesicht. Seine Haut war hellgolden, mehr Bräune war bei seinem blassen Typ vielleicht nicht drin. Zuerst Donna, jetzt der Lieutenant. Hatte hier niemand Angst vor Hautkrebs? Seine Augen waren goldgrün, die Farbe junger Frühlingstriebe, und hatten lange goldblonde Wimpern, die seinem Gesicht einen femininen Anstrich gaben. Nur das maskulin-kantige Kinn bewahrte ihn davor, ein schöner, anstatt ein gutaussehender Mann zu sein. Das Kinn ruinierte die Harmonie und sorgte für einen wohltuenden Makel.
Die Augen hätte man schön nennen können, doch sie waren nicht freundlich. Das war mehr als ein kalter Polizistenblick, das war Feindseligkeit. Da wir uns noch nie begegnet waren, musste es daran liegen, dass ich eine Frau und eine Außenstehende und/ oder Animator war. Er war entweder ein Chauvinist oder abergläubisch. Ich war mir nicht sicher, was mir lieber wäre.
Er bedachte mich mit einem ziemlich langen drohenden Blick. Ich machte ein nichtssagendes Gesicht und wartete, dass er es leid wurde. Ich konnte den ganzen Tag friedlich und ausdruckslos dastehen. Auf einem schönen, sicheren Krankenhausflur zu stehen war nicht das Schlimmste, was ich in letzter Zeit durchmachen musste. Es war immer erholsam, wenn gerade keiner versuchte, mich umzubringen.
Edward versuchte, die Sackgasse aufzubrechen. »Lieutenant Marks, das ist Anita Blake. Chief Appleton hat mit Ihnen darüber gesprochen.« Er benutzte noch Teds heiteren Tonfall, aber seine Schultern wirkten steif und gar nicht heiter.
»Sie sind Anita Blake.« Lieutenant Marks brachte einen zweifelnden Ton hinein. Ich nickte. »Ja.« Seine Augen wurden schmal. »Ich kann es nicht leiden, wenn sich Zivilisten in meine Fälle einmischen.« Er deutete mit dem Daumen auf Edward. >Torrester hier hat sich als nützlich erwiesen.« Er zeigte mit dem Finger auf mich. »Sie nicht.«
Edward wollte etwas einwenden, doch Marks schnitt ihm mit einer scharfen Bewegung das Wort ab. »Nein, sie kann selbst antworten.« »Ich antworte, wenn ich etwas gefragt werde«, sagte ich. »Was soll das heißen?« »Das heißt, Sie haben mich nichts gefragt, Lieutenant. Sie haben etwas geäußert.«
»Solchen Müll brauche ich mir von einer Zombietante nicht anzuhören.«
Aha, er hatte Vorurteile. Das Rätsel war gelöst. »Ich wurde hierhergebeten, Lieutenant Marks. Ich wurde gebeten, bei der Lösung des Falles zu helfen. Aber wenn Sie meine Hilfe nicht möchten, schön. Ich brauche dann nur jemanden von der Stadt, der meinem Boss erklärt, warum ich in ein Flugzeug nach New Mexico gestiegen bin, wenn ich dort gar nicht erwünscht bin.«
»Ich behandle Sie nicht nach
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