Anita Blake 08 - Göttin der Dunkelheit
die Haut eines anderen geschlüpft. Eine oscarreife Vorstellung.
Ich blickte Edward-Ted an und sagte: »Er hat also viel über mich erzählt, so so.«
»Oh ja«, bekräftigte Donna und berührte mich am Arm, ohne ihren Edward loszulassen. Klar, dass sie zu beiläufigen Berührungen neigte. Durch meine Gestaltwandlerfreunde war ich mittlerweile an solchen Körperkontakt gewöhnt, aber meine Art war das trotzdem nicht. Was wollte Edward - Ted - von dieser Frau?
Als Edward den Mund aufmachte, hatte er einen ganz leichten texanischen Einschlag wie ein Überbleibsel aus alten Zeiten. Normalerweise hatte er überhaupt keinen Akzent. Seine Aussprache war die sauberste, die ich kannte, und überhaupt nicht zuzuordnen, völlig unberührt von Gegenden und Leuten.
»Anita Blake, ich möchte dir Donna Parnell, meine Verlobte, vorstellen.«
Mir fiel die Kinnlade bis auf den Teppich, und ich glotzte ihn nur an. Normalerweise versuche ich mich ein bisschen kultivierter zu benehmen oder, na ja, höflicher. Mir war klar, dass ich erstaunt oder vielmehr entsetzt wirkte, aber ich konnte es nicht ändern.
Donna lachte, und es war ein gutes Lachen, warm und glucksend, ein nettes mütterliches Lachen. Sie drückte Edwards Arm. »Oh, du hast recht gehabt, Ted. Ihre Reaktion war die Fahrt wert.«
»Klar, Süße«, sagte Edward, umarmte sie und drückte ihr einen Kuss auf den Scheitel.
Ich machte den Mund zu und versuchte mich zu fassen. »Das ist ... großartig«, brachte ich nuschelnd hervor. »Ich meine, wirklich ... ich ...« Schließlich streckte ich die Hand aus und sagte: »Herzlichen Glückwunsch.« Aber ein Lächeln bekam ich nicht hin.
Donna zog mich an meiner ausgestreckten Rechten in den Arm. »Ted meinte, es würde dich umhauen, dass er sich endlich traut, den Bund fürs Leben zu schließen. « Sie drückte mich lachend. »Aber du meine Güte, Mädchen, ein so schockiertes Gesicht habe ich noch nie gesehen.« Sie kehrte zu Edwards Armen und seinem lächelnden Ted-Gesicht zurück.
Ich kann nicht halb so gut schauspielern wie er. Es hat Jahre gedauert, bis ich auch nur ein nichtssagendes Gesicht machen konnte. Mit Mimik und Körpersprache zu lügen ging noch immer nicht. Darum machte ich ein unbewegtes Gesicht und gab Edward mit einem Blick zu verstehen, dass er einiges zu erklären haben würde.
Da er den Kopf ein bisschen von Donna weggedreht hielt, bedachte er mich mit seinem schmalen, geheimnisvollen Lächeln. Was mich stocksauer machte. Edward genoss die Überraschung. Verfluchter Mistkerl.
»Ted, wo sind deine Manieren? Nimm ihr die Tasche ab«, orderte Donna.
Edward und ich starrten auf das kleine Gepäckstück in meiner linken. Er setzte das Ted-Lächeln auf, redete aber EdwardText: »Anita trägt ihre Sachen gern selbst.«
Donna sah mich fragend an, als könne das unmöglich wahr sein. Vielleicht war sie doch nicht so stark und unabhängig, wie sie schien, oder doch zehn Jahre älter. Eine andere Generation quasi.
»Ted hat recht«, sagte ich mit etwas zu viel Ton auf seinem Namen. »Das tue ich wirklich.«
Donna sah aus, als wollte sie mir meine offensichtlich falsche Ansicht gerne ausreden, es aber aus Höflichkeit doch nicht laut sagen. Ihre Miene, nicht ihr Schweigen, erinnerte mich an meine Stiefmutter Judith. Was meine Altersschätzung auf über fünfzig hochtrieb. Sie war entweder eine ziemlich gut erhaltene Fünfzigerin, eine Vierzigerin oder eine von der Sonne gealterte Dreißigerin. Ich konnte es wirklich nicht sagen.
Sie gingen Arm in Arm vor mir her durch den Flughafen. Ich folgte ihnen, nicht weil mein Gepäck zu schwer war, sondern weil ich ein paar unbeobachtete Minuten für mich brauchte. Ich sah zu, wie Donna den Kopf an Edwards Schulter legte und ihm strahlend das Gesicht zukehrte. Edward-Ted beugte sich zärtlich zu ihr hinab und flüsterte ihr etwas ins Ohr, das sie zum Lachen brachte.
Es reichte bald. Was machte Edward mit dieser Frau? War sie im selben Metier wie er und konnte genauso gut schauspielern? Eigentlich glaubte ich das nicht. Und wenn sie genau das war, was sie zu sein schien - eine Frau, die sich in Ted Forrester verliebt hatte, den es nicht gab - würde ich Edward in den sprichwörtlichen Hintern treten. Was fiel ihm ein, eine unschuldige Frau in seine Tarngeschichte zu ziehen ! Oder - und das war ein sehr eigenartiger Gedanke - war Edward-Ted ebenfalls verliebt? Hätten Sie mich das vor zehn
Weitere Kostenlose Bücher