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Anita Blake 10 - Ruf des Bluts

Anita Blake 10 - Ruf des Bluts

Titel: Anita Blake 10 - Ruf des Bluts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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mich langsam, als ich mir den Weg durch die Bäume suchte. Für einen Menschen ist mein nächtliches Sehvermögen ausgezeichnet, und ich hätte durchaus schneller gehen können. Ich wollte schneller gehen. Ich wollte am liebsten rennen. Wegrennen. Ich riss mich zusammen, um ruhig weiterzulaufen.
     
    Es war nicht nur die Todesmagie, was ich spürte, sondern auch die warm aufsteigende Energie der Lykanthropen. Sonst konnte ich das nur spüren, wenn Richard meine Hand hielt. Mit ihm zusammen bei Vollmond hatte ich das schon erlebt, aber noch nie allein. Noch nie allein im Wald, während ich versuchte, an meinem Herzklopfen und dem Ansturm fremder Kräfte vorbeizuatmen.
     
    Ich flüsterte: »Richard, was hast du mir angetan?« Vielleicht war es, weil ich seinen Namen aussprach oder weil ich an ihn dachte, jedenfalls fühlte ich ihn plötzlich im Wagen sitzen. Für einen Augenblick sah ich Daniel am Steuer, roch sein Rasierwasser, spürte die warme Festigkeit von Richards Brust. Ich entzog mich den Bildern und taumelte. Wäre da kein Baum zum Festhalten gewesen, ich wäre hingefallen. Wenn Richard diesen Moment genauso heftig erlebt hatte wie ich, konnte ich froh sein, dass er nicht fahren musste.
     
    »Anita, ist dir nicht gut?« Jason fasste mich an der Schulter, und zwischen uns floss prickelnde Hitze. Wie in Zeitlupe drehte ich mich zu ihm um. Ich konnte kaum gegen diese Kräfte anatmen, gegen die Empfindungen, die meinen Verstand ausfüllten. Aufblitzende Bilder wie in einem Raum unter Stroboskoplicht. Ein Bett, weiße Laken, der Geruch von Sex, der noch frisch und warm war. Meine Hände auf einer glatten Brust, einer männlichen Brust. Die aufgewühlten Kräfte, die rein lykanthropisch, rein tierisch waren, füllten meinen Körper wie der Mann unter mir. Scharf, angenehm, erregend. Die Macht sprang aus meinen Fingerspitzen, zog Krallen heraus wie aus Messerscheiden. Das Tier drückte gegen meine Haut, wollte hinausschlüpfen und mich überwältigen. Doch ich hielt es zurück, machte mich dagegen hart und ließ nur die Hände zu Klauen werden. Krallen ritzten diese glatte Brust, frisches, warmes Blut netzte unsere Zungen.
     
    Jason lag da auf dem Bett festgeklemmt unter meinem Körper, unter unserem Körper, und schrie. Er hatte das gewollt. Sich dafür entschieden. Und dennoch schrie er. Ich fühlte seine Haut unter den Krallen nachgeben. Diese Klauen schlugen wieder und wieder zu, bis das weiße Laken blutgetränkt war und er reglos unter uns lag. Wenn er das überlebte, würde er einer von uns sein. Ich erinnerte mich, dass es mir egal war, ob er am Leben blieb oder starb. Es kam nur auf den Sex, die Schmerzen, die Freude an.
     
    Als ich wieder bei mir war, kniete ich mit Jason im Laub. Er hielt mich an den Armen fest, und jemand schrie. Das war ich. Jason starrte mich an, das schiere Entsetzen im Gesicht. Er hatte dieselben Bilder erlebt, aber es war nicht seine Erinnerung.
     
    Es war auch nicht Richards oder meine. Es war Rainas. Sie war tot, aber nicht vergessen. Ihretwegen fürchtete ich die Munin. Ich war ein Totenbeschwörer und durch ein Band mit den Wölfen verbunden. Die Munin mochten mich. Rainas Munin am meisten.
     
    »Was ist los?«, fragte Cherry. Sie fasste mich an, und das öffnete erneut den Weg, auf dem Raina heranstürmte. Ich schrie auf. Aber diesmal wehrte ich sie ab. Ich wehrte sie ab, weil ich Cherry nicht mit Rainas Augen sehen wollte. Jason mochte es nichts ausmachen, aber Cherry. Und mir.
     
    Ich erlebte einen Sturm von Empfindungen, schweißnasse Haut, Hände mit langen lackierten Fingernägeln auf meinen I Brüsten, den Blick dieser grauen Augen, den offenen Mund, schulterlange blonde Haare auf dem Kopfkissen. Wieder Raina obenauf.
     
    Ich schrie und rückte von beiden weg. Die Bilder erloschen, als hätte jemand den Stecker gezogen. Ich kroch auf allen vieren i durchs Laub, die Augen fest zugedrückt. Schließlich setzte ich mich hin, zog die Beine an die Brust und barg das Gesicht an den Knien. Ich drückte so fest die Augen zu, dass ich weiße Schlangenlinien sah.
     
    Ich hörte jemanden durchs Laub zu mir kommen, spürte, wie sie sich über mich beugten. »Fasst mich nicht an«, bat ich, aber es kam fast wie ein Schrei.
     
    Jemand kniete sich neben mich, dann war es Jamil, der sagte: »Ich werde dich nicht berühren. Bekommst du noch immer Erinnerungen?«
     
    Das war seltsam ausgedrückt. Ich schüttelte den Kopf, ohne ihn anzusehen. »Dann ist es vorbei, Anita. Die Munin

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