Anita Blake 10 - Ruf des Bluts
das für ihn ein Machtgewinn. Jede intime Handlung zwischen euch dreien festigt das Band und vergrößert eure Macht.«
Mir war, als müsste ich ohnmächtig werden. »Wann wollte er mir das sagen?«
»Zu seiner Entlastung sagt er, dass es beim ersten Zeichen noch nicht so gewesen ist. Nicht einmal beim dritten Zeichen, als du dich noch mal von ihm gelöst hast. Er glaubt, dass erst Richard hinzukommen musste.«
»Was hast du dabei zu gewinnen, Damian? Was nützt es dir, dass du mir das alles erzählst?« Ich sah ihn prüfend an. »Meine Gebieterin hat mich jahrhundertelang mit Angst und Sex beherrscht. Du hast die Wahrheit verdient, die ganze Wahrheit.«
Ich wandte mich ab, drehte ihm den Rücken zu. Das alles passte perfekt zusammen. Jean-Claude verströmte Sex wie andere Leute ihr Eau de Cologne. Das erklärte auch, warum sein erstes Geschäft ein Stripper-Club war: wegen des Machtgewinns. Änderte das etwas? Ich wusste es nicht. Ich wusste es einfach nicht.
Ich starrte aus dem Fenster, die Stirn an die kühle Scheibe gedrückt. Die Vorhänge wehten ein bisschen vom Nachtwind. »Weiß Richard, dass Jean-Claude eine Art Inkubus ist?« »Ich glaube nicht«, sagte Damian.
Mit dem Wind wehte Macht herein, fast konnte ich sie riechen. Sie richtete mir die Nackenhaare auf. Sie stammte nicht von Vampiren oder Gestaltwandlern. Ich erkannte, woher sie kam: von einem Totenbeschwörer. Irgendwo in der Nähe gebrauchte jemand die gleiche Macht wie ich.
Ich drehte mich zu Damian um. »Ist Colins menschlicher Diener ein Totenbeschwörer?« Er zuckte die Achseln. »Das weiß ich nicht.« »Mist.« Ich schickte meine Sinne nach Asher aus. Meine Macht berührte ihn und wurde zurückgestoßen. Ich rannte zur Tür.
Damian folgte mir. »Was hast du? Was ist los?« Als ich im Hof ankam, hatte ich die Browning schussbereit in der Hand. Damian sah sie als Erster und zeigte auf sie. Nikki stand am Rand der Bäume, wo sie kaum zu sehen war. Ein paar Meter entfernt kniete Asher.
Ich schoss im Laufen. Die Schüsse gingen daneben, aber sie störten ihre Konzentration, und ich konnte Asher wieder spüren. Das Leben wurde aus ihm herausgezogen wie ein Fisch an der Angel. Ich fühlte sein Blut gegen die Haut donnern. Sein Herz machte Sprünge wie ein gefangenes Tier im Käfig, und es war sie, zu dem es hinwollte. Es war, als könnte sie es ihm von ferne herausziehen.
Ich zwang mich, stehen zu bleiben. Ich stand da und zielte am ausgestreckten Arm entlang, aber über mir war eine Bewegung zu spüren. Ich blickte nach oben und sah Barnaby auf mich herabsausen wie einen Raubvogel, dann war Damian plötzlich in der Luft, und die beiden Vampire verschwanden ringend am Himmel.
Ich konnte Ashers Gesicht erkennen. Er blutete aus allen Öffnungen, Augen, Mund, Nase. Es war eine blutige Maske, seine Kleidung war vollgesaugt. Er fiel nach vorn auf die Hände.
Ich erschoss die Frau, schoss ihr zweimal in die Brust. Langsam, mit einem überraschten Blick, sank sie auf die Knie. Ich hörte sie sagen: »Wir dürfen nicht die menschlichen Diener der anderen töten.«
»Colin wäre selbst gekommen, wenn er damit nicht gerechnet hätte.«
Aus irgendeinem Grund brachte sie das zum Lächeln. Sie sagte: »Ich hoffe, er stirbt mit mir.« Dann fiel sie nach vorn aufs Gesicht. Im Mondschein sah ich die Austrittswunden am Rücken wie klaffende Münder.
Asher richtete sich nicht auf. Das Blut tropfte ihm aus dem Mund. Ich kniete mich zu ihm, fasste ihn an der Schulter. »Asher, Asher, kannst du mich hören ?«
»Ich dachte, du seist es«, sagte er mit belegter Stimme, als steckten ihm Dinge im Hals, die keine lebende Kehle berühren sollten. »Ich dachte, du rufst mich.« Er hustete Blut hervor.
Ich sah in den Himmel. Keine Spur von Damian und Barnaby. Ich schrie um Hilfe, doch keiner antwortete.
Ich zog Asher in meine Arme, und er brach in meinem Schoß zusammen. Ich umfing ihn so weit, wie es mir möglich war. Ich musste mich über ihn beugen, um ihn zu verstehen.
»Ich dachte, du hättest mich zu einem Rendezvous in die Nacht hinausgerufen. Ist das nicht ein Witz?« Er hustete so heftig, dass ich ihn kaum halten konnte. Er spuckte nicht nur Blut. Ich drückte ihn an mich, während das Leben aus ihm herausfloss, und kreischte: »Damian!«
Ich hörte einen fernen Schrei, das war alles. »Du darfst nicht sterben, Asher, bitte, stirb nicht.«
Er hustete, bis etwas
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