Anita Blake 10 - Ruf des Bluts
nickte und ging durch die Tür, aus der Belarus eben gekommen war. Auf dem langen weißen Gang gab zwei Türen. Auf der einen stand Damen, auf der anderen Herren.
»Ich hatte gehofft, dass Sie bei Richard gewesen sind, als durch diese Tür kamen.« »Ich fürchte, nein. Mr Zeeman hat sich nicht erweichen lassen.« »Erweichen«, murmelte Maiden, »erweichen. Das klingt gut im Wortschatz eines Anwalts.«
»Lesen vergrößert den Wortschatz, Officer Maiden, Sie sollten es auch mal probieren. Obwohl ich annehme, dass Sie auch durchkommen, wenn Sie sich nur die Bilder angucken.«
»Hu, das gibt mir einen Stich ins Herz«, sagte Maiden. »Wenn ihr uns stecht, bluten wir nicht?«, fragte Belisarius. Maiden erschütterte mein Weltbild endgültig, als er die Zeile fortsetzte: »Wenn ihr uns kitzelt, lachen wir nicht?«
Belisarius klopfte ihm sanft auf die Schulter. »Touche, Officer Maiden.« »Stark und belesen«, sagte ich. »Ich bin beeindruckt.«
Er zog eine Kette aus der Hosentasche mit Schlüsseln am Ende. »Verraten Sie es nicht den anderen. Die halten mich sonst für einen Waschlappen.«
Ich sah zu ihm auf, bis ganz nach oben. »Nicht der Shakespeare macht den Waschlappen, Maiden, sondern diese Kanone. Nur Schwuchteln tragen so viel Blech mit sich herum.«
Er schloss die Tür am Ende des Flurs auf. »Ich muss so was Großes tragen, Ms Blake. Als Gegengewicht beim Laufen.«
Ich musste lachen. Er zog die Tür auf und winkte uns durch. Hinter uns schloss er zu und ging einen weiteren weißen Gang entlang, der auch zwei Türen an der Seite hatte. »Warten Sie hier. Ich werde nachsehen, ob Ihr Freund empfangsbereit ist.«
»Er ist nicht mein Freund«, wehrte ich mich. Das wurde allmählich zum Reflex.
Maiden lächelte und schloss die Tür am Ende des Ganges auf. Dann verschwand er dahinter. »Sie und Officer Maiden scheinen sich ja auf Anhieb zu verstehen, Ms Blake.«
»Polizisten machen gern viele Sprüche. Der Trick dabei ist, es nicht persönlich zu nehmen und auch ein paar Sprüche abzulassen.« »Das werde ich mir merken.« Ich sah Belisarius an. »Bei Ihnen funktioniert es vielleicht nicht. Sie sind Anwalt, und Sie sind reich.« »Und ich bin keine attraktive Frau«, schloss er. »Das auch, obwohl das bei Polizisten auch ein Nachteil sein kann.«
Belisarius nickte.
Maiden kam zurück. Er grinste, als hätte er sich köstlich amüsiert. Ich mochte wetten, dass ich den Witz nicht halb so amüsant fände. »Ich habe Zeeman gesagt, für einen Perversen hätte er eine wirklich süße Freundin.«
»Das haben Sie bestimmt nicht gesagt«, meinte ich.
Er nickte. »Ich habe ihn gefragt, wieso er es nötig hat, jemanden zu vergewaltigen, wenn er eine so hübsche Freundin hat.« »Was hat er geantwortet?«, fragte ich so gleichgültig wie möglich. »Dass Sie nicht seine Freundin sind.« Ich nickte. »Sehen Sie, ich hab's ja gesagt.«
Maiden hielt uns die Tür auf und winkte uns durch. »Drücken Sie den Summer, wenn Sie gehen wollen.« Wir traten an ihm vorbei, und er sagte: »Viel Spaß«, als er uns einschloss.
Sie mussten einen Rabatt auf weiße Farbe bekommen haben, denn der ganze Raum war weiß gestrichen, sogar der Fußboden. Es war wie in einem Schneesturm. Die beiden Pritschen, die Gitterstäbe vor dem Fenster, die Toilette, das Waschbecken alles weiß. Die einzige Farbe boten die Gitterstäbe, die den Käfig bildeten. Darin saß Richard auf der unteren Pritsche und blickte uns an.
Seine Haare fielen in dicken Wellen um seine Schultern und verdeckten fast sein ganzes Gesicht. In dem grellweißen Licht der Deckenlampen wirkte sein honigbraunes Haar dunkler, fast kastanienbraun. Er trug ein hellgrünes Hemd. Es steckte nicht in der Hose, die Ärmel waren aufgekrempelt. Die dunkelbraune Hose war verknittert, weil er darin geschlafen hatte. Er stand auf. Das Oberhemd spannte ein wenig an Schultern und Oberarmen. Er hatte an Umfang zugelegt, und er war schon vorher ziemlich muskulös gewesen. Vor langer, langer Zeit war es mir mal ein besonderer Genuss gewesen, ihm das Hemd herunterzustreifen und zu sehen, was darunter war, über diese schöne Brust und die starken Arme zu streicheln. Aber das war damals, und jetzt hatte ein neues Spiel begonnen, eins, das ich nicht gewinnen konnte.
Richard trat ans Gitter und schloss die Finger um die Stäbe. »Was tust du hier, Anita?« Er klang nicht so wütend, wie ich befürchtet hatte. Er
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