Anita Blake 10 - Ruf des Bluts
Richards Kräfte brachen über mich herein, dass sich mir die Haare sträubten.
Jamil zog sich zurück, hielt mich aber bei den Schultern fest. Seine Nasenflügel bebten, während er schnupperte. »Richard - ich wittere unseren Ulfric. Wie kommt das ?«
Zane drückte sich von hinten an mich, rieb sich das Gesicht an meinen Haaren. Cherry hatte sich um meine Beine gekrümmt. »Sie ist eure Lupa. Mit eurem Ulfric verbunden.«
Jamil wich vor mir zurück. Ihm war eine gewisse Angst an zusehen. »Sie kann nicht mit Richard verbunden sein. Sie ist keine von uns.«
Ich ging ihm nach. Zane kniete sich hin. Cherry lockerte die Umklammerung, bis sie mich schließlich mit ausgestreckten Armen losließ. Dann kauerten sich die beiden aneinander. Ich warf einen kurzen Blick über die Schulter. »Alles klar mit euch?«
Zane nickte. »Ich habe schon mal gesehen, wie du die Macht der Zeichen beschworen hast, aber ich habe dich noch nie dabei berührt. Das ist wie ein Sturm.«
Cherry starrte mich mit großen Augen und blassem Gesicht an.
»Hab ich's doch gewusst«, sagte Jason, der nach wie vor am anderen Ende des Zimmers stand. Er rieb sich die Oberarme, als wäre ihm kalt geworden. Ihm war nicht kalt.
Ich wandte mich Jamil zu. »Ich bin mit Richard verbunden. Das ist nicht dieselbe Art von Verbindung, die du mit anderen Lykanthropen hast, aber es ist eine.«
»Du bist Jean-Claudes menschlicher Diener«, sagte Jamil. Der Ausdruck war mir zuwider, aber er war sachlich korrekt. »Ja, das bin ich, wie Richard sein Wolf ist.« »Er kann unseren Ulfric nicht rufen wie einen Hund. Richard richtet sich nicht nach den Launen eines Vampirs.«
»Ich mich auch nicht«, sagte ich. »Manchmal denke ich, Jean-Claude hat mit uns beiden mehr, als er vertragen kann.« Die Tür ging auf, kein Anklopfen, keine Begrüßung. Asher kam mit Nathaniel auf den Armen herein. Er hatte ihn in seine Jacke gewickelt. Was ich von Nathaniel sehen konnte, war bleich und nackt.
Ich rannte auf sie zu. »Was ist passiert?«
Asher legte ihn aufs Bett und steckte die Jacke ringsherum fest. Darunter war Nathaniel vollkommen nackt. Er wollte sich auf die Seite drehen und einrollen, aber Asher hinderte ihn daran und drückte ihm die Beine nieder, damit er still läge. »Nicht bewegen, Nathaniel.«
»Es tut weh!« Vor Schmerzen klang er wie abgeschnürt.
Ich kniete mich vor das Bett und strich ihm übers Gesicht. Mit weit aufgerissenen Augen sah er mich an und stöhnte leise. Er verkrampfte die Hände um die Bettdecke, als müsste er sich irgendwo festhalten. Ich gab ihm meine Hände, und er umklammerte sie so fest, dass ich ihn bitten musste, mir nicht die Knochen zu brechen.
»Tschuldigung«, hauchte er, dann bog er den Rücken durch und wand sich. Normalerweise wäre es mir peinlich gewesen, ihn ganz nackt zu sehen. Aber dazu war ich viel zu erschrocken. Er hatte einige Schnittwunden an der Brust, aber keine tiefen. Nichts, was diese Schmerzen erklären konnte.
Cherry verschwand ins Bad. Kaum zu glauben, dass eine Krankenschwester so empfindlich sein konnte.
»Wer hat das getan?«, fragte ich. »Das ist eine Botschaft von den hiesigen Vampiren«, erklärte Asher. »Was für eine Botschaft?«
Nathaniel drehte sich ein wenig herum und griff nach meinem Arm. Zwei Tränen rollten langsam über seine Wangen. »Sie haben mich immer wieder gefragt, warum wir gekommen sind.« Er warf den Kopf hin und her, und dabei sah ich etwas zwischen den Haaren hervorlugen. Ich machte eine Hand frei und schob sie beiseite. Es war ein Vampirbiss. Die Löcher waren sauber und nicht eingerissen, aber die Haut ringsum war ein bisschen dunkler, als sie sein sollte.
»War das einer von euch?«, fragte ich. »Ich habe an seiner Armbeuge gesaugt«, sagte Asher. »Das da stammt von Colin.«
Nathaniel entspannte sich, der Krampf oder was es sonst war, war vorbei. »Ich habe ihnen gesagt, dass wir hier sind, um Richard rauszuholen. Ich habe ihnen die Wahrheit gesagt, mehrmals.« Seine Finger krümmten sich um meine, seine Augen schlossen sich wie unter einem Ansturm von Schmerzen. Nach ein paar Sekunden machte er sie wieder auf, seine Finger lockerten sich. »Sie wollten mir nicht glauben.«
Cherry kam aus dem Bad. Sie schob mich sanft, aber bestimmt zur Seite, doch Nathaniel wollte meine Hand nicht loslassen. Cherry bedeutete mir, ans Kopfende zu rücken, dann bräuchte er mich nicht loszulassen.
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