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Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts

Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts

Titel: Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
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entzog ich mich ihr und stieg aus. Der Kies meiner Auffahrt knirschte unter meinen hohen Absätzen. Ronnie hatte gewollt, dass wir uns schick machen, also hatten wir es getan. Es war ihr Geburtstag. Erst nach dem Essen war mir ihr diabolischer Plan aufgefallen. Sie hatte mich zu Absätzen und einem netten kleinen Minirock-Outfit überredet. Das Oberteil war sogar ein eng anliegendes Bustier mit Nackenträger. Oder nannte man das rückenfreie Abendkleidung? Der Preis war happig gewesen, trotzdem blieb es ein sehr kurzer Rock und ein Neckholdertop. Ronnie hatte mir eine Woche vorher beim Aussuchen geholfen. Ich hätte wissen müssen, dass ihr unschuldiges »Lass uns richtig schick ausgehen« ein Trick war. Ich hatte Kleider anprobiert, die mehr Haut bedeckten und länger waren, aber die hatten das Hüftholster nicht kaschieren können. Das hatte ich nämlich sicherheitshalber zu unserem Einkaufsbummel mitgenommen. Ronnie fand mich paranoid, aber ich gehe nach Einbruch der Dunkelheit unbewaffnet nirgendwohin. Basta.
     
    Der Rock war geräumig und schwarz genug, um zu verbergen, dass ich darunter eine 9mm Firestar trug. Der Stoff des Oberteils, soweit vorhanden, war einigermaßen schwer, sodass sich der Pistolengriff nicht abzeichnete. Ich brauchte nur den Saum anzuheben und hatte die Waffe in der Hand. Das war das praktischste Abendoutfit, das ich je besessen hatte. Ich wünschte mir glatt, es wäre in verschiedenen Farben erhältlich. Dann würde ich mir ein zweites kaufen.
     
    Ronnies Trick lief auf den Besuch eines Clubs hinaus. Eines Tanzclubs. Oh Schreck. Ich ging nie in Clubs. Ich tanzte nicht. Trotzdem ging ich mit ihr rein. Ja, sie brachte mich sogar zum Tanzen, hauptsächlich weil sie allein auf der Tanzfläche zu viel männliche Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte. Immerhin hielten wir als Paar die Möchtegern-Casanovas auf Abstand. Obwohl »tanzen« bei mir zu viel gesagt ist. Ich stand da und schwankte quasi. Ronnie tanzte. Sie tanzte, als wäre es ihre letzte Nacht auf Erden, und sie müsste jeden Muskel noch mal richtig zum Einsatz bringen. Es war spektakulär und ein bisschen beängstigend. Es hatte etwas Verzweifeltes an sich, als spürte sie die kalte Hand der Zeit rasend schnell näherkommen. Aber vielleicht projizierte ich bloß meine eigenen Unsicherheiten hinein. Ich war Anfang des Jahres sechsundzwanzig geworden, und offen gestanden, wenn ich so weitermachte, würde ich meinen Dreißigsten gar nicht erleben. Der Tod heilt jedes Übel. Na ja, die meisten.
     
    Im Laufe des Abends hatte sich tatsächlich ein Mann an mich rangemacht anstatt an Ronnie. Ich verstand nicht, warum. Sie war eine große, langbeinige Blondine, die tanzte, als hätte sie Sex mit der Musik. Aber er wollte mir einen Drink spendieren. Ich trinke nicht. Er wollte eng mit mir tanzen. Ich lehnte ab. Ich musste schließlich grob werden. Ronnie befahl mir, mit ihm zu tanzen, wenigstens sei er ein Mensch. Ich erwiderte, dass ein Geburtstagsgutschein begrenzt und ihrer jetzt aufgebraucht sei.
     
    Das Letzte, was ich auf Gottes grüner Erde brauchte, war ein weiterer Mann in meinem Leben. Ich wusste schon nicht, was ich mit den beiden anfangen sollte, die ich bereits hatte. Dass der eine ein Meistervampir, der andere Anführer eines Werwolfrudels war, bildete dabei nur einen Teil des Problems. Das allein zeigt Ihnen schon, wie tief die Grube war, die ich mir gegraben hatte. Oder sollte ich sagen »gerade grub«? Ja: gerade grub. Ich war schon halb bis China durch und schaufelte noch immer.
     
    Sechs Monate lang hatte ich enthaltsam gelebt. Sie auch, soweit ich wusste. Alle warteten auf meine Entscheidung. Erwarteten, dass ich einen auswählte, mich für einen entschied, jedenfalls dem Warten ein Ende machte.
     
    Ein halbes Jahr lang war ich wie versteinert, weil ich mich von beiden fernhielt. Ich hatte sie nicht gesehen, zumindest nicht leibhaftig. Ich war nicht ans Telefon gegangen. Ich war beim ersten Hauch von Rasierwasser geflüchtet. Warum so drastische Maßnahmen? Weil es ehrlich gesagt jedes Mal, wenn ich sie sah, mit meiner Keuschheit vorbei war. Meine Libido gehörte ihnen beiden, aber ich versuchte herauszufinden, welchem mein Herz gehörte. Ich wusste es noch immer nicht. Zu einem Entschluss hatte ich mich aber immerhin durchgerungen: Es war Zeit, mein Versteck zu verlassen. Ich musste sie sehen und klären, was wir alle zu tun gedachten. Vor zwei Wochen hatte ich mich zu der Entscheidung durchgerungen. Am selben Tag

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