Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts
niemand tot«, sagte der Mann.
»Woher soll ich das wissen?«
Einen Moment lang blieb es still. Dann: »Mit was für Leuten verkehren Sie, dass Sie auf die Idee kommen, wir könnten ihn bereits umgebracht haben?«
»Ich habe ein hartes Jahr hinter mir. Aber jetzt geben Sie mir Gregory, denn wenn ich nicht von ihm persönlich höre, dass keiner tot ist, sind die Verhandlungen beendet.«
»Woher wollen Sie wissen, dass wir verhandeln?«, fragte Marco.
»Intuition.«
»Du meine Güte, sind Sie direkt.«
»Sie haben keine Ahnung, wie direkt ich sein kann, Marco. Geben sie Gregory den Hörer.«
Es folgte eine Pause mit Musikuntermalung. Musik, aber keine Stimmen. »Gregory, Gregory, bist du dran? Ist überhaupt noch jemand dran?« Scheiße.
»Ich fürchte, Ihr Kätzchen will nicht für uns schreien. Eine Frage des Stolzes, denke ich.«
»Halten Sie ihm den Hörer ans Ohr.«
»Wie Sie möchten.«
Wieder laute Musik. Ich redete, als wäre ich sicher, dass Gregory zuhörte. »Gregory, ich muss wissen, ob du am Leben bist. Ich muss sicher sein, dass Nathaniel und die anderen am Leben sind. Sprich mit mir, Gregory.«
Seine Antwort kam gepresst, wie mit zusammengebissenen Zähnen. »Ja.«
»Ja - was? Sie sind alle am Leben?«
»Ja.«
»Was machen sie mit dir?«
Er schrie, und ich bekam eine Gänsehaut vom Nacken bis zu den Armen. Der Schrei brach abrupt ab. »Gregory! Gregory!« Ich kreischte gegen den Techno-Beat an und bekam keine Antwort.
Dann war Marco wieder in der Leitung. »Sie sind alle am Leben, wenn auch nicht wohlauf. Ihr Nathaniel ist ein hübscher junger Kerl - die langen braunen Haare und diese ungewöhnlichen violetten Augen. Es wäre eine Schande, solche Schönheit zu vernichten. Natürlich ist der Blonde mit den blauen Augen auch sehr hübsch. Ich habe gehört, dass sie beide als Stripper gearbeitet haben. Ist das wahr?«
Meine Gefühllosigkeit war vorbei. Ich hatte Angst und war wütend und wusste noch immer nicht, worum es ging. »Ja, das ist wahr.« Meine Antwort kam ruhig, beinahe kühl. »Sie sind neu in der Stadt, Marco, also kennen Sie mich nicht. Aber glauben Sie mir, Sie wollen das nicht tun.«
»Ich vielleicht nicht, aber mein Alpha.«
Aha, Gestaltwandlerquerelen. Ich hasste Gestaltwandlerquerelen. »Warum? Die Werleoparden sind für niemanden eine Bedrohung.«
»Unsereinem gebührt es nicht, nach dem Grund zu fragen. Wir haben nur zu folgen und zu sterben.« Ein belesener Kidnapper, wie erfrischend. »Was wollen Sie?«
»Mein Alpha möchte, dass Sie herkommen und Ihre Kätzchen retten, wenn Sie können.«
»In welchem Club sind Sie?«
»Narziss in Ketten.« Damit legte er auf.
2
Verfluchte Scheiße!«
»Was ist passiert?«, fragte Ronnie. Ich hätte sie fast vergessen. Sie gehörte nicht zu diesem Teil meines Lebens, lehnte aber zufällig an meinem Küchenschrank, sah mich forschend an und machte ein besorgtes Gesicht.
»Ich muss mich darum kümmern.«
Sie griff nach meinem Arm. »Du hast mir einen abgequatscht, du wolltest dich wieder mehr deinen Freunden zuwenden. War das ernst gemeint oder bloß Gerede?«
Ich holte tief Luft und ließ sie langsam raus. Ich berichtete ihr die andere Hälfte des Telefongesprächs.
»Und du weißt nicht im Geringsten, worum es geht?«, fragte sie.
»Nein.«
»Das ist sonderbar. Solche Sachen entwickeln sich, die kommen nicht aus heiterem Himmel.«
Ich nickte. »Ich weiß.«
»Sternchen 69 stellt die Verbindung zu jedem Anrufer her.«
»Was soll das nützen?«
»Dann weißt du, ob sie wirklich in diesem Club sind oder ob es eine Falle ist.«
»Schlaues Mädchen, hm?«
Sie zog einen Mundwinkel hoch. »Als Privatdetektiv kennt man sich aus.« In ihren Augen war von Humor nichts zu sehen, aber sie hatte es versucht.
Ich wählte, und es klingelte scheinbar ewig, dann meldete sich eine Männerstimme. »Ja.«
»Ist da das Narziss in Ketten?«
»Ja, wer ist dran?«
»Ich muss mit Gregory sprechen.«
»Ich kenne keinen Gregory«, sagte er.
»Wer sind Sie?«, fragte ich.
»Ich stehe an einem Münztelefon, junge Frau. Ich habe nur zufällig abgenommen.« Dann legte er einfach auf. Schien heute Nacht mein Schicksal zu sein.
»Sie haben von einem Münztelefon im Club angerufen.«
»Dann weißt du jetzt wenigstens, wo sie
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