Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts

Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts

Titel: Anita Blake 11 - Jägerin des Zwielichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurell K. Hamilton
Vom Netzwerk:
versuchte es im Guilty Pleasures, seinem Strip-Club, aber da war er auch nicht, dann im Danse Macabre, seinem neusten Unternehmen. Dabei fragte ich mich allmählich, ob er sich verleugnen ließ.
     
    Der Gedanke machte mir einiges aus. Ich hatte immer befürchtet, Richard könnte mir nach der langen Wartezeit den Laufpass geben, weil er genug von meiner Unentschlossenheit hatte. Aber mir war nie in den Sinn gekommen, dass Jean-Claude nicht warten könnte. Wenn ich mir meiner Gefühle für ihn so unsicher war, wieso schnürte mir dann eine wachsende Verlustangst den Magen zusammen? Dieser harte Klumpen hatte nichts mit den Problemen der Werleoparden zu tun. Dafür umso mehr mit mir und der Tatsache, dass ich mich plötzlich verloren fühlte. Er war schließlich doch im Danse Macabre und nahm meinen Anruf entgegen. Mein Magen hatte einen Moment Zeit, um sich wieder auszudehnen, und ich atmete halbwegs entspannt. Dann war Jean-Claude am Apparat, und ich hatte Mühe, meine metaphysischen Schilde hochzuhalten.
     
    Dieses metaphysische Zeug ging mir gegen den Strich. Die Biologie des Übernatürlichen ist und bleibt Biologie, aber Metaphysik ist Magie, und damit kann ich mich nach wie vor nicht anfreunden. Sechs Monate lang hatte ich in meiner Freizeit meditiert und war bei Marianne, einem sehr klugen Medium, in die Lehre gegangen. Sie brachte mir die rituelle Magie bei, damit ich meine gottgegebenen Fähigkeiten beherrschte, und dadurch konnte ich mich gegen die Zeichen, die mich an Richard und Jean-Claude banden, abschotten. Eine Aura ist wie eine Schutzhülle. Wenn sie intakt ist, schützt sie wie eine zweite Haut, aber wenn sie ein Loch bekommen hat, kann allerhand Schlechtes eindringen. Meine Aura hatte zwei Löcher, und zwar wegen meiner beiden Männer. Ihre hatten wahrscheinlich auch zwei Löcher. Das war für uns alle drei gefährlich. Meine hatte ich mit Mariannes Hilfe blockiert. Aber dann, ein paar Wochen später, bekam ich es mit einer fiesen Kreatur zu tun, die sich für einen Gott hielt, was selbst für mich eine neue Kategorie gewesen war. Sie war so mächtig gewesen, dass sie meinen ganzen mühsam erarbeiteten Schutz zunichtemachte, sodass ich nackt und wehrlos zurückblieb. Nur das Eingreifen einer ortsansässigen Hexe hatte mich davor bewahrt, mitsamt meiner löchrigen Aura aufgefressen zu werden. Ich dürfe nicht noch einmal sechs Monate meditativer Enthaltsamkeit anhängen, befand Marianne dann. Die Löcher seien nun einmal da und könnten nur mit Jean-Claude und Richard geschlossen werden, und ihr vertraute ich wie kaum jemandem.
     
    Jean-Claudes Stimme traf mich wie ein samtweicher Klaps. Ich hielt unwillkürlich den Atem an und ließ sie machtlos über mich gleiten wie etwas Lebendiges. Diese Stimme hatte schon immer eine sensationelle Wirkung auf mich gehabt, und dabei hatte ich ihn jetzt bloß am Telefon. Wie sollte ich ihm persönlich gegenübertreten und meine Schutzschilde aufrechterhalten? Ganz zu schweigen von meiner Fassung.
     
    »Ich weiß, dass du da bist, ma petite. Hast du mich nur angerufen, um meine Stimme zu hören?«
     
    Das war näher an der Wahrheit, als gut für mich war. »Nein, nein.« Ich konnte noch immer keinen klaren Gedanken fassen. Ich war einfach nicht mehr im Training. Das war wie bei einem Athleten, der nicht mehr dasselbe Gewicht stemmen kann wie früher, und es brauchte einiges, um sich gegen Jean-Claudes Kräfte zu stemmen.
     
    Da ich noch immer nichts sagte, fragte er: »Ma petite, was verschafft mir die Ehre? Aus welchem Grund geruhst du mich anzurufen?« Er klang höflich, aber mit einem Unterton. Einem Hauch von Vorwurf vielleicht.
     
    Wahrscheinlich hatte ich den verdient. Ich riss mich zusammen und versuchte wie ein intelligentes menschliches Wesen zu klingen, was mir nicht gerade leichtfiel. »Es ist ein halbes Jahr her ...«
     
    »Das ist mir bewusst, ma petite.«
     
    Er benahm sich herablassend. Das konnte ich nicht ausstehen. Es machte mich ein bisschen ärgerlich. Der Ärger sorgte für einen klaren Kopf. »Wenn du aufhörst, mich zu unterbrechen, sag ich dir, warum ich anrufe.«
     
    »Ich kann es kaum erwarten.«
     
    Ich wollte auflegen. Er benahm sich wie ein Arschloch, und vielleicht hatte ich die Behandlung ja verdient, aber das regte mich noch mehr auf. Ich bin immer am wütendsten, wenn ich glaube, im Unrecht zu sein. Monatelang war ich feige gewesen und war es noch immer. Ich fürchtete mich vor seiner Nähe und vor meiner Reaktion.

Weitere Kostenlose Bücher