Anita Blake 12 - Nacht der Schatten
Gesicht wurde angehoben, und ich sah, dass Nathaniel in der Wanne kniete und Damian mit dem Kopf über Wasser hielt. Ich blinzelte durch eine nasse Haarsträhne hindurch, als Asher mir ein frisches Frotteetuch übers Gesicht legte. Er ließ mir die Augen frei, damit ich sehen konnte.
»Wie geht es dir?«
Keine einfache Frage. »Besser.« Er erneuerte die Handtücher an mir der Reihe nach, und ich merkte, dass ich vollkommen nackt war. Ich schauderte unter dem kalten Frottee und mir war alles egal, Hauptsache ich kühlte ab. »Wie lange war ich weg?«
»Nicht lange«, sagte Asher und strich das Handtuch glatt, damit es sich an meine Beine schmiegte.
Ich sah zu Nathaniel, der Damian an den Wannenwand drückte, damit der Körperkontakt mit mir nicht abriss. »Ich habe noch nie erlebt, dass ein Gestaltwandler durch Überhitzung ohnmächtig geworden ist«, bemerkte er.
»Es gibt für alles ein erstes Mal«, sagte ich.
Damian drehte langsam den Kopf, um mich anzusehen. Sein Blick war klar, intelligent, lebendig. Er hatte smaragdgrüne Augen und das nicht durch einen Vampirtrick, sondern Grün war seine natürliche Augenfarbe, als hätte bei seiner Zeugung eine Katze mitgemischt. Kein Mensch konnte solch eine Augenfarbe haben.
Ich lächelte ihn an. »Du siehst besser aus.« »Ich habe mich gesättigt.«
Ich warf einen Blick auf Nathaniel. Der drehte den Kopf, sodass ich die beiden Löcher am Hals sehen konnte. »Ich glaube, ich kann mich schon selbst aufrecht halten«, sagte Damian.
Nathaniel sah Asher fragend an, der offenbar nickte, denn Nathaniel zog sich zurück. Damian hielt meinen Arm weiter an seiner Brust, aber nur noch leicht am Handgelenk; mit der anderen Hand streichelte er meinen Arm.
»Ich höre, du bist jetzt mein Meister.« Ich sah in seine ruhigen Augen. »Das scheint dich nicht zu stören.«
Er rieb mit Kinn und Wange über meinen Arm. Es wirkte katzenhaft, intim, wie die Geste eines Liebhabers. Ich forschte in seinem Gesicht, dann fiel mir ein, dass ich darauf gar nicht mehr angewiesen war. Es genügte der leiseste Gedanke, und ich wusste, dass der Friede in seinem Blick tiefer reichte. Große Ruhe erfüllte ihn, ein Gefühl der Richtigkeit. Ruhe und Frieden hatte ich nie empfunden, wenn Jean-Claude mich enger an sich band.
Ich spürte, was Damian fühlte, wusste besser, was in ihm, als was in mir selbst vorging, aber ich verstand ihn nicht. Nicht im Geringsten. Ich selbst wäre schreiend davongerannt, hätte mich aufgelehnt, geschrien, gehasst. Ich hätte mich nicht ruhig in mein Dienerdasein ergeben, egal wie wohlwollend mein Herr war. Ich meine, mit mir konnte man prächtig auskommen, solange es nach meinem Willen ging, aber wehe, wenn nicht. Ich war fast der schwierigste Zeitgenosse, den ich kannte, und ich kannte eine Menge schwieriger Leute. Neuestens versuchte ich, nachgiebiger zu sein, aber versuchen und sein ist nicht dasselbe. Ich sah Damian in die Augen und überlegte, dass ich an seiner Stelle mit mir als Meister Angst gehabt hätte.
Damian drehte sich im Wasser und kniete sich an den Wannenrand. Er neigte sich heran und gab mir einen sanften Kuss auf die Stirn. »Du hast mich gerettet, wieder mal.«
Er hatte recht, aber bei seinem Kuss fragte ich mich, wie lange er noch dankbar sein und wann ihm dämmern würde, dass wir beide angeschmiert waren.
59
Asher ging mit Damian in den Keller schlafen. Micah hatte angerufen und mitgeteilt, dass Merle und Zane die Verletzung überleben würden, Cherry bei Zane bleiben wollte und er selbst nach seinen Leoparden sehen müsse. Ich lud ihn ein, sein Rudel zu mir mitzubringen, und er sagte, er werde fragen. Am Ende des Telefongesprächs sagten wir nicht »ich liebe dich«, und das störte mich. Ich war es nicht gewohnt, mit jemandem zu schlafen, den ich nicht liebte oder zu dem ich das nicht sagte. Aber ich war zu müde, um darüber nachzudenken, und darum schob ich das zu den anderen wartenden Problemen. Es war schon ein ziemlicher Stapel. Nathaniel half mir, den luftigsten Pyjama anzuziehen, den ich hatte: ein seidenes Nachthemd mit Spaghettiträgern, das an jemand größerem reichlich unzüchtig ausgesehen hätte. Dann legte er sich in Joggingshorts zu mir. Gil schlief im Gästezimmer. Die beiden Leibwächter teilten sich die Nacht auf der Couch, während der andere Jeweils auf dem Boden vor meiner Schlafzimmertür schlief. Das hieß, ich müsste über ihn hinweg steigen,
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