Anita Blake 12 - Nacht der Schatten
hinter dem blutigen Film auf der Haut. Seine Augen waren saphirblaue Feuerschlünde, sofern Feuer kalt wirken kann, schmerzhaft kalt. Ein Wind wehte aus seinem Körper, von unseren Körpern aus; es war die Kälte des Grabes, die uns umwehte, uns die Haare ins Gesicht schlug. Mit dieser kalten Macht griffen wir aus, um Richard zu finden, und wie gehabt schlug dir Antwort auf unsere Haut. Jason kniete neben uns. Mir blieb keine Zeit, mich zu wundern, dass er geheilt war. Er berührt,' uns und das Zeichen, das Richard war, loderte durch seinen
Körper, eine Hitze, die es mit unserer Kälte aufnahm. Und ich wusste, Micah kniete hinter mir, pelzig und krallenbewehrt. Ich spürte ihn genau wie Jason, als wäre er magisch mit uns verbunden.
Mit einem Aufschrei - »nein!«-fiel Micah auf den Rücken. Die Verbindung war gerissen, und eine Sekunde lang schwankte ich, als würde ich den Halt verlieren, dann war Nathaniel da, und die Welt kam wieder ins Gleichgewicht.
Verbunden durch Fleisch, Magie und Blut knieten wir beieinander. Ich sah das Fleisch in Jean-Claudes Hals zusammenwachsen und weiße, glatte Haut bekommen, die blutig glänzte. Die Wunde hatte sich geschlossen, bevor das Blut trocken war.
Ich roch Rosenduft, nicht von einem Parfüm, sondern von üppigen, altmodischen Gartenrosen, als würde ich in ihre übersättigte Süße getaucht. Es war wie ein Bad in Honig, von dem man wusste, dass er vergiftet war.
Honig. Honigbraune Augen. Ich erinnerte mich an die honigbraunen Augen von Belle Morte. »Riechst du die Rosen?«, fragte ich.
Jean-Claude wandte mir seine dunkelblauen Augen zu. »Rosen? Ich rieche nichts außer deinem Parfüm und Haut.« Er schnupperte. »Und Blut.«
Nathaniel und Jason waren benommen von dem Ansturm der Macht, aber keiner roch Rosen außer mir. Vor einiger Zeit roch ich immer ein bestimmtes Parfüm, wenn eine Meistervampirin ihre Magie gegen mich einsetzte. Mein Freund und Kollege Larry Kirkland roch es damals auch, aber außer uns beiden niemand.
Ich sah Jean-Claude in die Augen, nicht direkt, sondern mittels Magie und fand etwas Fremdes in ihm. Es war kaum wahrnehmbar. Was Belle Morte mit mir gemacht hatte, war wie ein Hammerschlag zwischen die Augen; was sie jetzt mit ihm machte, glich eher einem Stilettotritt im Dunkeln.
Ich fand den Faden ihrer Macht in ihm aufgespult, und sowie meine Magie, meine Nekromantenkräfte ihn trafen, rollte er sich ab, öffnete sich, und es war wie ein weit aufgestoßenes Fenster. Ich sah sie in ihrem Zimmer sitzen, bei Feuer und Kerzenschein. Sie trug einen weißen Spitzenschlafrock, ihre schwarzen Haare fielen ihr um die Schultern, und eine Schale mit rosa Rosen stand neben ihrer blassen Hand. Sie richtete die großen, hellbraunen Augen auf mich, und ich sah die Überraschung in ihrem Gesicht, die Bestürzung. Sie sah mich zwischen den Männern knien, wic ich sie an ihrem Frisiertisch sitzen sah.
Ich kappte ihre Macht, warf sie aus Jean-Claude hinaus, wie ich es schon einmal getan hatte. Diesmal war es einfacher, weil sie nicht in ihn gefahren, sondern nur die dunkle Stimme an seinem Ohr gewesen war, die ihn bis zum Äußersten treiben wollte.
Jean-Claude schwankte, als wäre ihm schwindlig, und sah mich mit völlig normalen, den gewohnten dunkelblauen Augen an. Ihm stand die Angst im Gesicht, er zeigte sie offen. »Ich glaubte, Belle Morte vor ihrem Spiegel sitzen zu sehen.« Ich nickte. »Du hast sie wirklich gesehen.«
Hätten wir ihn nicht gestützt, wäre er umgesunken. »Sie hat meine Abwehr gegen die Ardeur geschwächt.« »Und deine Selbstbeherrschung«, sagte ich. »Was ist passiert?«, fragte Asher.
Ich drehte den Kopf und stellte fest, dass alle wieder da waren. »Blutest du auch irgendwo?«, fragte mich Bobby Lee. Ich schüttelte den Kopf. »Habe keinen Kratzer abbekommen.«
»Dann kommen wir wohl nicht auf die schwarze Liste des Leibwächterverbands, weil wir dich hier allein gelassen haben.« Er schüttelte den Kopf. »Wenn du noch mal von uns Zurückhaltung verlangst, weil es sich angeblich nur um dein Liebesleben dreht, werden wir nicht mehr auf dich hören.«
»Darüber reden wir später«, erwiderte ich. »Nein, das werden wir nicht.«
Ich ließ mich auf keine Auseinandersetzung ein. Zum Streiten war später noch Zeit. Außerdem hatte er eigentlich recht. Wäre ich im falschen Moment zwischen die Streithähne geraten, hätte wer weiß was passieren
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