Anita Blake 12 - Nacht der Schatten
ohne jeden Ärger.
Jean-Claude stand dicht vor uns. Der Pelzsaum streifte Micahs nacktes Bein. »Hast du es dir anders überlegt, mon minet?« Micah schüttelte den Kopf, dann sah er den Vampir an. In seinem Blick lag Verletzlichkeit, aber auch eine Warnung. » Nein, mein Angebot gilt.«
»Bon.« Jean-Claude ging vor ihm auf die Knie. »Du verfügst über gewisse Kräfte und bist kein Tier, das mir gehorchen muss. Daher werde ich deine Sinne vielleicht nicht vernebeln können, um dir die Sache angenehm zu machen. Du kannst mich geistig auf Distanz halten.«
Micah nickte, und seine Haare fielen nach vorn. »Ich stehe.« »Schlägst du eine bestimmte Stelle vor?« »Am Hals tut es nicht so weh«, sagte Micah. Jean-Claude zog eine Augenbraue hoch. »Das ist nicht dein erstes Mal.«
Micah lächelte unglücklich. »Ich habe schon vieles erlebt.« Darauf zog Jean-Claude auch die andere Braue hoch und sah mich an. Ich zuckte die Achseln.
»Bestens, mon minet.« Er stand mit elegantem Schwung auf, schwenkte den Morgenmantel herum wie ein Kleid, sodass man kurz seine nackten Beine sah, und trat hinter die Couch. Hinter Micah blieb er stehen, legte ihm eine Hand auf die Schulter, weder zärtlich noch kraftvoll, sondern ließ sie nur für einen Moment dort ruhen.
»Na los«, sagte Merle.
Micah drehte den Kopf nach ihm. »Merle.« Mehr war nicht nötig. Der große Mann lehnte sich mit fest verschränkten Armen gegen den Kamin und zog ein mürrisches Gesicht. Ein sehr unglücklicher Leibwächter. Doch er tat, was ihm befohlen wurde.
Jean-Claude schob einen Arm über Micahs Brust und strich mit der anderen Hand seine Haare zurück, um den Hals freizumachen. Micah neigte den Kopf zur Seite und gab Jean-Claude mehr Raum. Ich musste unwillkürlich an eine Frau denken, die sich zum Küssen auf die Zehenspitzen stellt.
»Vielleicht gönnen wir uns etwas mehr Privatsphäre«, sagte ich, worauf mich beide ansahen.
»Wie du möchtest, ma petite.« Alle außer Merle, Bobby Lee und Asher gingen hinaus. Drei mussten bleiben und falls nötig verhindern, dass wir uns gegenseitig umbrachten. Nach dem, was passiert war, konnte ich kaum noch etwas Überzeugendes vorbringen, um alle hinauszuschicken. Als es wieder still war, wandte Jean-Claude sich Micah zu.
Er strich ihm die Haare hinters Ohr und drückte Micahs Hinterkopf sanft an seine Brust. Micah blieb völlig passiv, hielt die Augen geschlossen und machte ein friedliches Gesicht. Nur der Puls am Hals schlug heftig und strafte seine äußere Ruhe Lügen.
Jean-Claude beugte sich über ihn, öffnete den Mund und zog die Lippen zurück. Ich sah nur die Spitzen seiner Reißzähne. Er biss zu, energisch und abrupt. Micah sog zischend die Luft ein und hielt den Atem an. Jean-Claude hielt ihn fester. Ich sah ihn saugen und schlucken. Einer der beiden stieß wimmernde Laute aus, und ich war mir nicht sicher, wer.
Jean-Claude bäumte sich auf und zog Micah mit hoch und halb über die Rückenlehne der Couch. Micah schrie auf, packte Jean-Claudes Arm, um sich festzuhalten, als der Vampir ihn nach hinten riss. Jean-Claude schob die Hand von Micahs Gesicht zur Taille hinab, als wüsste er, dass der Mann den Kopf nicht mehr wegziehen würde, und fasste ihn quer über der Brust und der Taille, während Micah sich mit beiden Händen an Jean-Claudes Arme klammerte. Er lag mit durchgebogenem Rücken an Jean-Claude gelehnt, der sich ebenfalls nach hinten bog.
Ich kniete auf der Couch und begaffte Micahs nackten Körper, dem ganz offensichtlich gefiel, was passierte. Sein Gesicht war schlaff vor Erregung, er verkrampfte die Hände um Jean-Claudes Arm und schrie auf.
Behutsam ließ Jean-Claude ihn auf die Couch zurückgleiten und löste sich von seinem Hals. Seine Augen waren gänzlich blau, blicklos, unmenschlich, seine Lippen sattrot, aber nicht von Blut, sondern gut durchblutet, wie bei jemandem, der zu viel geküsst hat. Er lehnte Micah an den Couchrücken und ließ ihn langsam los, worauf er zur Seite sackte und mit dem Kopf in meinem Schoß landete. Ich fuhr zusammen. Micah richtete sich schwerfällig auf, stützte sich auf einen Arm und sah mich blicklos an. Seine Pupillen waren enorm, zwei große schwarze Kreise in der gelb-grünen Iris. Ich sah sie sich zu kleinen Punkten zusammenziehen, dass fast nur noch Gelb-Grün zu sehen war. Er starrte mich an, ich fühlte das Gewicht seines Blickes, als drückte etwas gegen mich. Dann
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