Ankunft
gröbste Arbeit im Weyr beendet war, flogen
die Reiter mit ihren Drachen zu der Ansiedlung hinunter, wo man nicht so rasch Fortschritte machte, und halfen den Kolonisten, sich in ihrer neuen Umgebung einzurichten.
Die Benden-Reiter gönnten sich lediglich eine Verschnaufpause, um beim Ausschlüpfen der Drachen in
Fort dabei zu sein. Eine solche Angelegenheit war immer ein frohes Ereignis und durfte keinesfalls versäumt werden, zumal sechzehn der Jungdrachen für den Benden-Weyr bestimmt waren. Dagegen protestierte F'mar im Namen des Telgar-Weyrs, obwohl man mit
den Arbeiten an dieser Einrichtung noch nicht einmal begonnen hatte.
»Das nächste Gelege geht an euch, Fulmar. Aber du
mußt einsehen, daß wir euch zur Zeit noch nicht
berücksichtigen können. Ihr müßtet die Jungdrachen
ohnehin bei uns in Fort lassen, solange euer Weyr noch nicht fertiggestellt ist«, hielt Sean ihm entgegen.
»Fulmar sollte Sean nicht zu sehr bedrängen«, flü-
sterte Jean den anderen Königinnenreiterinnen von
Benden zu. »Er spielt sich geradezu auf, als betrachte er sich schon als Weyrführer. Doch in dieser Hinsicht ist noch gar nichts entschieden.«
»Aber jemand muß in gewisser Weise die Führung
übernehmen, nicht wahr?« widersprach Torene. »Ich
meine, bei uns ist es David, der …«
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»David Caterel hat das Recht, uns Vorschriften zu
machen«, behauptete Jean. »Oder bist du anderer Meinung?« Fragend sah sie Torene an.
»Nein, keineswegs. Er versucht ja nicht, das Kommando an sich zu reißen, sondern hat für Einwände ein offenes Ohr«, erwiderte sie. Wieder einmal spürte sie ganz deutlich, daß man sie bereits als Bendens Weyrherrin betrachtete, obwohl niemand dies deutlich aussprach. Aber wenn es darum ging, Entscheidungen zu treffen und Ansichten zu äußern, wandte man sich wie selbstverständlich an sie.
Indem Torene tagtäglich Seite an Seite mit den bronzenen und braunen Reitern arbeitete, lernte sie ihre Weyrkameraden sehr gut kennen. Die meisten waren ihr sympathisch, deshalb blieb es wohl Alaranth überlassen, die endgültige Wahl zu treffen. Von den jungen Reitern waren es hauptsächlich N'klas, L'ren, T'mas und D'vid, die auffällig oft um sie herumscharwenzelten. David Caterel verhielt sich ihr gegenüber stets freundlich, doch im Grunde behandelte er alle Reiterinnen gleich; sogar mit Julie machte er keine Ausnahme, deren Königin sich zuletzt mit seinem Polenth gepaart hatte.
Mihall schien immer dann zur Stelle zu sein, wenn
Torene mit irgendeinem Problem kämpfte – entweder
klemmte ihr Steinschneider, oder sie mühte sich vergebens ab, einen schweren Felsbrocken beiseite zu rollen.
Schließlich erwartete sie sogar, daß er ihr zur Hand ging, wann immer sie Hilfe brauchte. Zu ihrem leisen Bedauern blieb er jedoch nie lange bei ihr, sondern kehrte nach vollbrachter Tat stets zu seinen jeweiligen 310
Aufgaben zurück. Derweil standen die Wohnquartiere
der Weyrführer leer.
Mihall war es, der dann unvermittelt schrie: »Schafft die Königinnen fort!«, während man gerade beim Mittagsmahl saß. Er kam in die untere Kaverne gerannt und steuerte schnurstracks auf Torene zu. Ohne viel Federlesens packte er sie bei der Hand, zerrte sie auf die Füße und spornte sie an, in Aktion zu treten. »Uloa, Jean, eure Königinnen müssen sofort weggebracht werden! Wo steckt Julie?«
Torene leckte sich die Finger ab, die vom Obst—
schälen klebrig waren, und hielt mit Mihall Schritt.
»Wieso habe ich nicht gemerkt, daß sie in Hitze
kam?« regte sie sich auf. Dabei hatte sie Alaranth mit größter Aufmerksamkeit beobachtet – glaubte sie jedenfalls.
»Es passierte so schnell, weil sie lange in der Sonne gesessen hat«, erklärte Mihall und drehte sie in die Richtung, in der ihr Drache auf dem Felssims hockte.
»Siehst du, sie glänzt in einem unbeschreiblichen
Gold.«
Torene sog scharf den Atem ein. Alaranth streckte
Beine und Schwingen in offenkundig sinnlicher Weise.
Ihre goldene Haut leuchtete und strahlte wie von innen heraus. Mihall wandte ruckartig den Kopf, als Jean, Uloa und Julie aus der Kavernenöffnung geeilt kamen, mit hastig übergestreiften, viel zu großen Reitjacken und schlecht sitzenden Helmen, die sie sich blindlings in aller Eile ausgeborgt hatten. Um in die eigenen Reitmonturen zu steigen, fehlte die Zeit. Die drei
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Reiterinnen schwangen sich auf ihre Drachen, während sie ängstliche und besorgte Blicke auf die im goldenen Glanz schillernde Alaranth
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