Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
geschäftige Mann an einen einzelnen kleinen Tisch in einer der unzähligen Nischen.
Das Haus war innen noch verwinkelter, als man es von außen hätte ahnen können. Überall waren Zwischenebenen, kleine Treppchen und Geländer, zwischen denen sich an den Tischen das obere Bürgertum Brakenburgs angeregt unterhielt und dem Essen frönte.
Theodus nickte der ein oder anderen Gesellschaft dezent zu, wobei er nicht bei jedem hätte sagen können, wen er da grüßte. Er konnte die Gesichter nur vereinzelt zuordnen.
An seinem Tisch angekommen rückte ihm Saroh den Stuhl zurecht und Theodus nahm Platz. »Was darf ich Euch heute bringen?«
»Ich nehme die sauren Rindskaldaunen mit Brot und dazu das rote Starkbier, habt ihr davon noch im Keller?«
»Selbstverständlich, hoher Herr.«
Nach den Kaldaunen, einem Stück Käse, einem Beerenkompott und zwei Humpen Starkbier fühlte sich Theodus herrlich, nur den Wirt zur Rede stellen wollte er nun nicht mehr so recht. Träge rieb er sich den vollen Bauch und überlegte lieber, was er wohl als Nächstes bestellen sollte.
Schließlich entschied er sich für einen ausgezeichneten Obstschnaps und zum Abschluss nahm er noch einen anregenden Kräuterschnaps zu sich. Man musste ja auf die Gesundheit achten.
Die Kerzen waren schon beachtlich heruntergebrannt und zum Teil auch schon erneuert worden, als sich die Sitzplätze zu lichten begannen. Theodus Magen hatte sich nun soweit im Griff, dass er nicht mehr das ganze Blut zur Verdauung benötigte und der satte Magier begann wieder, schärfer zu denken. Er würde bei einem guten Wein noch ein Weilchen damit zu bringen, die Gäste zu beobachten und einzuordnen.
Das hatte er den ganzen Abend über schon getan. Er hatte sich sogar dazu hinreißen lassen, seinem Gehör mit einem kleinen magischen Spruch nachzuhelfen. Das gehörte sich als Magier eigentlich nicht, zumal hier viele andere Magier saßen, die so etwas hätten merken können, aber Theodus hatte sich viel Mühe gegeben und es hatte sich zumindest keiner beschwert – was bei dieser Art von Gesellschaft soviel hieß, wie ‚Es hatte niemand bemerkt‘.
Die meisten der Anwesenden hatten sich über die üblichen Nichtigkeiten unterhalten, dass man Hunger hätte, dass das Essen gut oder die Bedienung zu langsam sei. Manche hatten auch über ihn gesprochen. Man hätte ihn schon länger nicht mehr hier gesehen, er sei immer allein, er würde überraschend gut aussehen, obwohl er ja süchtig sei – das Übliche eben.
Theodus war es mittlerweile gewohnt. Niemand sprach offen über seine Sucht, er am aller wenigsten. Vielleicht war das der Grund, warum er sie nie entschlossen genug angegangen hatte. Niemand sprach darüber, niemand sprach es aus – Theodus war süchtig. Überrascht und etwas stolz stellte er dann fest, dass er schon fast drei Tage ohne die verfluchten Muscheln ausgekommen war. Und hier lag das Problem, das ihn eigentlich schon seit dem Nachtisch beschäftigte.
Er war hier, um mit dem Besitzer des Gasthauses zu sprechen, mit Maritmon Wagos. Das Gespräch würde nicht das Problem sein, sondern der Vorwand, mit dem er es führen wollte.
Wagos war der Mann, von dem Theodus immer seine Muscheln bezogen hatte.
Die Stuhlreihen und Bänke waren bereits merklich leerer geworden und der alte Magier winkte Saroh zu sich an den Tisch.
Ungeachtet des fortgeschrittenen Abends kam dieser freundlich wie immer zu ihm.
»Zwei der in Honig gewendeten Miesmuscheln mit einer Brise Thymian.«
Saroh nickte und zog sich zurück.
Die Miesmuscheln waren eine Spezialität des Hauses, jedoch war die Bestellung bei speziellen Kunden gleichzeitig die Bitte, neue heilige Muscheln zu erwerben.
Diese Muscheln erzeugten durch ihr verwesendes Inneres Ausdünstungen, die man zwar über die Atemwege aufnehmen konnte, über die feinen Adern der Gehörgänge ging das allerdings auch und man musste bis zum Rauschzustand den Verwesungsgeruch nicht ertragen. Solche Muscheln hielten meist zwei bis drei Monate, wenn man sie speziell behandelte sogar bis zu einem halben Jahr.
Theodus lächelte bitter in sich hinein. Er würde nur fest genug an seinen verstorbenen Freund denken und könnte so der Versuchung widerstehen.
Ankwin! Ankwin hatte in seinem Brief geschrieben, dass er sich beeilen solle – und er saß hier und schlug sich den Wanst voll. Wie viele Tage waren schon vergangen, seit ihn der Brief erreicht hatte?
Er hatte vor lauter Gerichtsakten beinahe vergessen, dass es um Ankwins
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