Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
bedeutete. Er war seit der Zeit in Brakenburg, wenn es darauf angekommen war, immer zur Seite gestanden.
Natürlich hatte sie schon unzählige Male angeboten, ihn aus den Diensten der Heiler zu entlassen, doch er war einfach geblieben.
Zuerst hatte sie ihn fragen wollen, ob er mit ihr ins Dorf käme, doch dann entschied sie anders. »Ich habe Eintopf gekocht. Iss was, ja? Mir zu Liebe.«
Garock rührte sich nicht. Ohne ein weiteres Wort drehte sich die Heilerin um und schritt dem Dorf entgegen. Bermeer kam jetzt aus der Hütte. Er sah Lavielle nach und dann zu Garock, dann ging er langsam um ihn herum und hob dem Hünen die Faust mit dem Rücken nach oben zum Gruß hin. Beinahe hätte der Assassine schon die Faust wieder sinken lassen, als Garock schließlich mit seiner linken Faust matt auf die seine schlug. Bermeer wandte sich von Garock ab und ging los. Er verfiel in einen leichten Dauerlauf, bis er Lavielle eingeholt hatte.
Zurück blieben ein riesiges Pferd und ein riesiger Mann. Beide schwiegen.
***
Birgenheim sah von dem Hügel aus, auf dem sie standen, genauso ärmlich aus, wie es hieß - ein kleines Dorf nahe der hohen, schneebedeckten Berge im Norden eben. Es sah beinahe so aus, als hätten die wenigen Hütten in dem kleinen Talkessel immer wieder versucht, die matschigen Wege entlang aus dem Tal zulaufen, und wären jedes Mal an den tiefsten Punkt zurückgekullert – wie braune Erbsen in der Mitte einer kleinen weißen Schale.
Die Menschen hier waren gedrungen und zäh, hatten meist verschlossene Gesichter und borstige ungekämmte Haare. Die Kinder hatten alte Augen, die schon einiges mit angesehen haben mussten. Vom Dorfältesten bis zum kleinen Knaben trugen alle einfache, derb gewebte Kleider und Felle kleiner Nutztiere wie Ziegen, Schafe oder Kaninchen. Keiner trug hier Schmuck oder verzierte Kleidung. Alles war zweckmäßig und alltagstauglich.
Die Menschen hier hatten keine Zeit, sich mit derlei Dingen wie Zierde und Luxus aufzuhalten. Das Leben hier oben war hart, die Winter lang und die Sommer meist zu kurz, um die spärliche Ernte einzubringen.
Sie blieben wahrscheinlich nur hier, weil sich niemand recht vorstellen konnte, wie es denn drei Tagesreisen entfernt von hier aussehen mochte. Die Einzigen, die etwas weiter herumkamen, waren die Fallensteller, aber die mochten ihr Leben unter freiem Himmel. Ansonsten kamen Neuigkeiten nur über Spielleute und fahrende Händler ins Dorf.
Umso mehr fiel es auf, dass heute Markt war. Schon von Weitem konnte man das Stimmengewirr der Händler, Handwerker und Bauern hören, die ihre kärglichen Waren anboten. Kinder tollten zwischen den wackligen Ständen herum und johlten vor Aufregung. Allerlei Getier mischte sich darunter. Kühe, die verkauft werden sollten, gaben ihren Unmut über das Durcheinander lautstark kund. Scheinbar herrenlose Hunde rannten durch die ungewohnt vielen Beine auf der Suche nach heruntergefallenen Essensresten. Hühner, Schweine, Ziegen und Schafe gaben ihre Laute zum Besten. Das laute Getümmel in der Dorfmitte wollte gar nicht recht zum Rest des graubraunen Dörfchens passen, das inmitten der eisigen Pracht der schroffen Hügel lag.
Lavielle und Bermeer waren schon in einigen solcher Dörfer gewesen, aber dieses hier wirkte besonders heruntergekommen. Trotzdem freuten sie sich auf das Dorf. Es waren schließlich Menschen und denen hatten sie sich verschworen, zu dienen – jeder auf seine Weise.
Außerdem waren die Wochen der Anreise und vor allem die letzten Tage nicht gerade von Leben und Geselligkeit geprägt gewesen. Ein Besuch auf einem mit Leben erfüllten Marktplatz würde ihnen bestimmt gut tun, zumal Bermeer sich in einer Menschenmenge sowieso am wohlsten fühlte. Hier bewegte er sich nun mal wie ein Fisch im Wasser.
Ohne den Blick von dem Dorf zu wenden, brach Lavielle das einvernehmliche Schweigen. »Ich gehe zum Schmied und du gehst am besten auf den Markt. Wir benötigen noch etwas zu Essen für die nächsten Tage. Wir werden unsere Kräfte brauchen. Außerdem kann es nicht schaden, wenn du dich auch noch ein bisschen umhörst.«
»Seit wann nutzt der Luchs nicht seine Ohren?
Zum Hören ... wurd' ich geboren.«
Die Heilerin drehte sich zu ihrem Begleiter und sah ihm ins Gesicht. Zwei listige, hellbraune Augen leuchteten ihr zwischen den unzähligen Lachfalten, die sich in der wettergegerbten Haut abzeichneten, entgegen. Mit gebeugten Fingern strich sie ihm zärtlich über die mit grauen Stoppeln
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