Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Dumme ist nur, dass, bevor ich in die große, weite Welt gehe, ich diesen Dolch brauche.«
»Vergiss es, Theodus. Die Weisen Drei würden es bemerken, noch ehe du die erste Silbe irgendeines Zaubers gesprochen hast.«
Die beiden alten Freunde sahen sich direkt in die Augen. Schließlich durchfuhr es Theodus als hätte er eine Idee. Sein plötzliches Schmunzeln steckte Baddo an.
»Sag mal, guter Baddo, bekommst du eigentlich immer noch den wöchentlichen Besuch von Diuhda?«
Baddo grinste schief und wurde etwas verlegen. »Nur noch einmal im Monat.«
Die ersten Pilger
(Birgenheim im Winter)
Als sie zurückkehrten, stand Hrothekaarr wie ein riesiger schwarzer Wachhund vor der winzig wirkenden Hütte. Alles schien wie zuvor.
Die Männer des Fürsten waren ja schon hier gewesen und wussten, wer hier gestorben war. Und kein Wegelagerer oder Tagedieb hätte es gewagt, diesem mächtigen Schlachtross mehr als einmal zu nahe zu kommen.
Zwei Tage gingen arbeitsreich und schnell ins Land, nachdem sie beim Fürsten gewesen waren. Garock und Bermeer führten die Arbeiten draußen fort, während Lavielle meist die Totenwache hielt.
Niemand, weder Helmin noch Moakin noch irgendjemand anderes hatte sich bis jetzt blicken lassen. Anfangs war den drei Freunden die Einsamkeit auch ganz recht gewesen, da sie so die wertvollen Hinterlassenschaften Ankwins in Ruhe hatten sichten und sortieren können. Garock hatte mit Hrothekaarr viele weitere Bäume aus dem Tal auf den Hügel geschafft. Sämtliche Ausrüstung Ankwins wurde von Bermeer auf Hochglanz gebracht. Unter anderem waren eine prächtige Paraderüstung und sein mächtiges Breitschwert ans Tageslicht befördert worden. Lavielle führte weitere Weihungsrituale und Vorbereitungen am Toten selbst durch.
Auch die Rüstungsteile für Hrothekaarr waren ausnahmslos vorhanden. Garock hatte sich darum gekümmert. Einmal saß er vor der Hütte und hatte den prächtigen Sattel eine Weile auf den Knien. Er sah reglos in die Ferne.
Bermeer kam gerade mit einem Arm voller Holzscheite um die Ecke der kleinen Hütte. Hätte er es nicht besser gewusst, hätte er schwören können, die Augen des Hünen glitzerten stärker als sonst.
Lavielle kam gerade aus der windschiefen Behausung. Sie hatte ein Tuch wie eine Schürze umgebunden und schien wohl gerade etwas zu kochen. Als sie etwas sagen wollte, wurde sie der sonderbaren Stimmung sofort gewahr. Sie blickte auf den riesigen Rücken Garocks und sah, wie er über den Sattel strich. Sie hatte ihm eigentlich spontan die Hand auf die Schulter legen wollen, als sich plötzlich Hrothekaarr mit einem tiefen Schnauben ankündigte und ganz langsam mit gesenktem Kopf auf Garock zu stapfte. Er stieß die Hand des Berisi mit der Schnauze, bis dieser ihn schließlich streichelte.
Langsam und unentschlossen kullerte eine kleine Träne über Garocks linke Wange. Jeder, der Garock kannte, hätte wohl gesagt, der Wind hätte so kalt gezogen, dass das Auge tränte. Hrothekaarr spürte, dass das anders war. Ein Schlachtross starb nun mal mit seinem Reiter.
Mit einem Ruck stand Garock auf und sog die kalte Luft geräuschvoll durch die Nase ein. Bermeer schien zuerst etwas sagen zu wollen, besann sich aber dann eines Besseren und ging in einem leichten Bogen um Garock in die Hütte.
Lavielle trat hinter Garock und berührte ihn sanft an der Schulter. Sie wusste, hier waren Worte nicht angebracht. Eine ganze Weile standen sie schweigend da und blickten in das schneebedeckte Tal. Ohne den Blick von der Landschaft zu wenden, streichelte Garock das riesige Pferd. Nur der Wind und das tiefe Schnauben des Hengstes waren zu hören.
Die Heilerin konnte spüren, wie sich die Stimmung langsam wandelte. Schließlich fing sie an zu sprechen. »Ich möchte noch einmal ins Dorf gehen. Ich will wissen, wie weit der Schmied ist und ein paar Vorräte könnten wir auch noch gebrauchen. Außerdem habe ich ein komisches Gefühl. Niemand lässt sich blicken und die Arbeiter sollten eigentlich so langsam hier sein.«
Garock regte sich nicht. Sein Rücken wirkte steinern.
Lavielle zog sich leise in die Hütte zurück, nur um wenige Momente später, ohne Schürze und mit Umhang, wieder zu erscheinen. Langsam schritt sie an ihm vorbei. Nach ein paar Schritten drehte sie sich noch einmal um und sah Garock direkt in die Augen. Sie sah diesen Felsen in der Brandung ihres Lebens an und ihr wurde einmal mehr klar, wie viel ihr dieser grob geschnitzte Holzklotz von einem Krieger
Weitere Kostenlose Bücher