Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Augenbrauen nach oben und die Mundwinkel nach unten. »Anscheinend haben die Nachbarn gar nicht abgeschlossen.«
Das Haus war weder besonders groß, noch besonders klein. Es war auch nicht unordentlich oder ordentlich. Es war einfach nur ein Haus. Auf den ersten Blick entstand der Eindruck, dass die Person, die hier lebte, die meiste Zeit ihres Tages woanders verbrachte. Eine Tür ging ins Hinterhaus, vermutlich zur Küche.
Lavielle stand bereits inmitten des Hauptraumes, dem Speisezimmer. Garock trat hinter ihr ein und musste wie üblich den Kopf einziehen. Die beiden wirkten unschlüssig, wie sie so da standen und sich nur umsahen, doch beide hatten einen Grund.
Garock hielt inne, weil er zuerst die Heimstätte auf sich wirken lassen wollte. Wenn man etwas suchte und nicht wusste was, musste man wissen, wer es vielleicht verloren, verlegt oder versteckt hatte.
Lavielle zögerte einen Moment, weil ihr wieder ins Bewusstsein trat, dass sie das Heim eines Toten durchsuchen wollten.
Der Riese bewegte sich zuerst und verschwand durch die zweite Tür. Verdutzt blieb die schöne Novizin zurück. Man musste sich erst einmal an die Nähe eines Menschen gewöhnen, der so gut wie nie etwas sagte.
Wenn also der Berisi hier im Erdgeschoss war, dann würde sie das obere Stockwerk durchsuchen. Bei der Gelegenheit konnte sie sich gleich um die Ausrede kümmern, die sie vielleicht noch brauchen würden.
Knarrend beklagte sich die hölzerne Stiege, die eigentlich mehr Leiter als Treppe war, über das Gewicht Lavielles, als diese nach oben ging, doch so, wie die Stufen aussahen, beklagte sie sich wohl schon einige Jahrzehnte.
Hier oben roch es ungewöhnlich muffig. Eine Haushälterin, die nach dem Rechten sah oder ab und zu lüftete, hatte sich dieser Schiwett wohl nicht geleistet. Als Stadtkommandant der Königsstadt verdiente man doch bestimmt nicht schlecht.
Auf diesem Stockwerk war das Empfangszimmer, wenn man das so nennen mochte. Neben einem Kamin, der wohl über der Feuerstelle in der Küche lag, stand ein Schrank. Vor dem Fenster befand sich ein Tisch mit einem schweren geschnitzten Stuhl.
Auf dem Tisch lagen ein paar Pergamente durcheinander. Dazwischen war ein Federkiel zu sehen und irgendwo unter all dem Durcheinander konnte man auch ein Tintenfass erahnen.
Zur Linken stand eine Truhe an der Wand. Sie war nur nachlässig geschlossen worden, denn ein Stück Stoff hing noch heraus. Die Wand selbst war mit schäbigen Fellen und rostigen Waffen geschmückt.
Als ob jemand anwesend wäre, schlich sie zu dem Schreibtisch und versuchte einen Überblick über die Unterlagen zu bekommen. Da lagen nur Haftbefehle mit Tintenklecksen, die flüchtig durchgestrichen waren.
Das einzige Dokument, das herausstach, war ein angefangener Bericht an den ehrenwerten Pageronn.
Lavielle wusste zwar, dass Pageronn dem Rat angehörte, aber dass ihm die Stadtwache unterstand, war ihr nicht klar gewesen.
‚Das vierte Jahr des Löwen zu Brakenburg.
An den ehrenwerten Pageronn, Ratsherr und Vorstehender der Stadtwache Brakenburgs!
Hoher Herr, die vordringliche Depesche, die Ihr mir sandtet, konnte bis auf wenige Ausnahmen umgesetzt werden. Die ...’
Der Brief war unvollendet und durchgestrichen. Sie betrachtete die Haftbefehle näher. Sie trugen alle Namen, die nicht nach Brakenburg klangen. Es handelte sich um die unterschiedlichsten Personen, alte Frauen, junge Männer, ganze Familien. Sie wurden wegen den unterschiedlichsten Delikten gesucht, meist einfacher Diebstahl, aber auch Pferdediebstahl und sogar Mord und Volksbetrug waren darunter. Es schien eine Ansammlung von durchschnittlichen Verbrechern zu sein, doch dann fielen Lavielle die Berufe auf.
In der Schublade unter dem Tisch war nichts von Interesse. Die Truhe war offensichtlich bereits durchsucht worden. Die Nachbarschaft war hier anscheinend sehr um das Eigentum des guten Schiwetts besorgt gewesen. In der Truhe befand sich dennoch die Paradeuniform des Kommandanten. Die Rüstungsteile sahen verkommen aus und hatten eine Politur dringend nötig.
Etwas enttäuscht schloss Lavielle die Truhe wieder und sah sich kurz um. Nach einem kurzen Blick hinter die Felle an der Wand, der ihr lediglich einen Niesreiz einbrachte, blieb nur noch der Kamin.
Sie nahm den Schürhaken, sank in die Hocke und stocherte in der kalten Asche. Die Novizin wusste nicht Recht, was sie hier finden sollte. Ergebnislos stellte sie den Haken zurück und drehte sich zur Tür. In diesem Moment
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