Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
viel war noch zu tun und doch war es vielleicht an ihr, einen Mord zu verhindern oder einen aufzudecken.
Eine Spur zu energisch pochte Lavielle an die Tür des kleinen Häuschens. Obwohl man es sogleich darin rumoren hörte, wollte sie gleich wieder klopfen, doch eine mächtige Hand hielt sie sanft zurück.
Überrascht starrte sie Garock ins Gesicht, das in der Dämmerung beinahe unheimlich aussah. Bevor sie etwas sagen konnte, hörte man die Stimme Weilands von drinnen. »Na, wer hat es denn da so eilig am frühen Abend? Das ist bestimmt die emsige Lavielle und ihr schweigsamer Begleiter ...«
Schon ging die Tür auf und die kleine Öllampe in seiner Hand ließ Weilands Augen fast silbern erscheinen. Er lächelte. »Kommt nur herein. Die Jugend soll man nicht aufhalten.«
Etwas zögerlich traten beide ein und Garock hatte echte Schwierigkeiten, sich in dem Raum zu bewegen, ohne etwas umzustoßen. Schließlich entschied er sich, keine Bewegung mehr zu machen und stand schicksalsergeben direkt an der Tür.
»Werter Weiland, ich bräuchte Euren Rat.« Lavielle strich sich nervös eine Strähne hinters Ohr.
»Gut, gut. Wie kann ich Euch helfen? Setzt Euch doch.«
Er hatte schon an einem kleinen Tisch platz genommen. »Ist Euch die Lampe auch hell genug? Ihr wisst ja, ich brauche sie nicht.«
»Ja, ja, alles in Ordnung.« Lavielle machte noch einmal eine Pause um Luft zu holen und ihre Gedanken zu ordnen. »Genauer gesagt brauche ich nicht Euren Rat sondern Euer Wissen. Was könnt Ihr mir über den Ratsherrn Pageronn sagen?«
Weiland starrte mit seinen blinden Augen über Lavielle hinweg und zog die buschigen, weißen Augenbrauen zusammen. »Pageronn ... hm ... Wenn ich mich recht entsinne, untersteht ihm das Ressort der Stadtwache ... Er soll ein ziemlich scharfer Hund sein. Obwohl die Stadtkassen oft genug leer sind und der Verkauf von Gefangenen gutes Geld bringt, war er immer für die Todesstrafen und Verstümmelungen. Allerdings muss man auch zugeben, dass, seit er für die Ordnung hier verantwortlich ist, man nachts in den meisten Vierteln noch auf die Straße kann.«
Lavielle wollte sich gerade für seine Mühe bedanken, als er weiter sprach. »Er soll übrigens ein enger Vertrauter eben des Richters sein, dem ich die Unterstützung unseres großen Freundes hier verdanke.« Weiland wies mit seiner Hand auf Garock. Dann setzte er noch hinzu: »Der ehrenwerter Bungad.«
Lavielle stockte der Atem, denn sie spürte das Gewicht dieser Information ganz deutlich, doch wusste sie noch nichts damit anzufangen.
Weiland stand auf. »Dann wollen wir den geduldigen Garock mal aus dieser misslichen Lage befreien.« Als er vor ihm stand, legte er seinen Kopf in den Nacken, starrte aber doch nur auf Garocks Brust. »Guter Garock, so wie ich Euch einschätze, habt Ihr nichts dagegen, wenn Ihr in dem kleinen Stall hinterm Haus schlaft. Die Ziege ist seit zwei Jahren tot, also wird sie nichts dagegen haben. Dort könnt Ihr Euch vernünftig bewegen und auch ausstrecken.«
Garock drehte sich gewohnt wortlos um und versuchte das Haus ohne größere Schäden zu verlassen.
»Ich bringe Euch noch ein paar Decken!«, rief Weiland ihm hinterher und wackelte zu einer Truhe.
Lavielle musste bei dem Anblick der beiden lachen. »Ich denke, wir haben Euch heute schon genug abverlangt, lieber Weiland. Ich bringe ihm die Decken hinaus. Und habt Dank für Eure Güte.«
Sie nahm dem alten Heiler die Decken ab und ging zur Tür. »Gute Nacht, Weiland.«
»Gute Nacht, Lavielle. Und übermorgen einen schönen Tag wünsche ich.«
Lavielle musste langsam um das kleine Häuschen gehen, denn mittlerweile war es ganz dunkel geworden. Als sie im Eingang des Ställchens stand, starrte sie in die Dunkelheit und war sich unsicher, ob Garock sich tatsächlich darin befand, so still war es. »Garock?«
Ein sanftes Brummen verriet ihr, dass er direkt vor ihr stehen musste. Zaghaft streckte Lavielle ihm die Decken entgegen und, als sie seine Hände spürte, legte sie ihm die ihre auf den Oberarm. »Danke, großer Garock und gute Nacht.«
Als sie sich umdrehte, konnte sie es sich nicht verkneifen, leise wie eine Ziege zu meckern. Die Antwort kam prompt und unverhofft. Garock imitierte mit seiner tiefen Stimme auch eine Ziege und es klang abgesehen von der Tonlage überraschend echt.
Lavielle musste laut herauslachen, dann machte sie sich auf den Weg zu ihrem Zimmer. Sie sehnte sich nach ihrem Bett. Die letzte Hürde, die sie nehmen musste, war
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