Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Kreide ein paar wenige Linien gezogen waren.
»Gewonnen, mein lieber Dobert. Du bringst ihm das Essen.« Ungläubig starrte Dobert auf das Spielbrett, bis er begriffen hatte, wie Nindo es geschafft hatte, nun doch noch zu gewinnen.
»Och, verdammt. Du Schlitzohr, du Halsabschneider. Irgendwann krieg’ ich dich.«
Der ältere Wächter lachte und klopfte sich auf den Schenkel. Mit mehr gespielter als echter Übellaunigkeit griff der junge Mann nach dem Napf mit dem mittlerweile kalten Brei und schlurfte maulend den Gang entlang, der zu den Zellen führte.
Wie es ihm Nindo eingebläut hatte, trat er einen Schritt zurück und öffnete die kleine Luke für das Essen mit ausgestreckten Armen. Nachdem die Klappe oben arretiert war, beugte er sich mit einigem Abstand vorsichtig zu der Öffnung und blickte hindurch. Der Gang, in dem er stand, war düster. Die Fackeln brannten hier nur, wenn hoher Besuch zugegen war und das geschah äußerst selten.
Dobert sah nur das einfallende Licht des Zellenfensters und die Silhouette des Gefangenen am Fenster, der Rest war dunkel.
»Ankwin, Essen!«, brüllte er und stellte den Napf in die Öffnung. Blitzartig wurde seine Hand festgehalten und mit unerwarteter Kraft schnell nach inne gezogen. Sein Nasenbein krachte mit großer Wucht direkt gegen die eisenbeschlagene Klappe. Ein stechender Schmerz schoss ihm ins Hirn und er sah nur noch Funken und Sterne.
***
Nindo hörte ein leises Scheppern und ein ersticktes Prusten entwich seiner Kehle. Dobert hatte wohl wieder einmal den Napf fallen lassen. Dann gab es eben kein Essen für Ankwin. Der würde nicht der erste Insasse sein, dem der Magen knurrte und wohl auch nicht der letzte.
Nachgeschmack
(Brakenburg, 13. Tag)
Der junge Magier saß brütend in seinem Arbeitszimmer und versuchte sich auf die Vorlesung vorzubereiten, die er bald halten sollte. Doch irgendwie wollte es ihm nicht recht gelingen, sehr zum Leidwesen seiner Geduld und seiner Laune, die in den letzten beiden Tagen sowieso schon beträchtlich gelitten hatten.
Der Lehrmeister stand auf, weil er es sitzend schier nicht mehr aushielt. Irgendwie hatte sich gerade die ganze Welt gegen ihn verschworen. Er spannte die Schultern an, nur um sie sofort wieder sinken zu lassen und sich einzugestehen, dass da niemand war, der ihm Böses wollte. Er war nur absolut unzufrieden mit sich und seinem Schaffen. Es klopfte, worauf er nur übellaunig stöhnte und selbst die Tür öffnete.
Ein Adept stand vor der Tür und hielt ein paar Bücher im Arm. Er hatte eines dieser Allerweltsgesichter, völlig durchschnittlich und unauffällig. Das Einzige, was einem sofort ins Auge stach, waren seine abstehenden Ohren. Er hatte wohl gleich am Ton gehört, dass sein Gegenüber üble Laune hatte, so begann er seine Rede mit einer Entschuldigung. »Verzeiht die Störung, werter Pli ... ähm ... Theodus,« der Versprecher brachte ihm sogleich einen tadelnden Blick des Lehrmeisters ein, »hier sind die Bücher, die Ihr verlangtet.«
Theodus würde in näherer Zukunft mit Sicherheit noch öfter daran erinnert werden, dass er den Prozess verloren und sich selbst viel zu leichtfertig etwas geschworen hatte. Je eher er sich also an die Anrede mit seinem zweiten Namen gewöhnen würde, umso besser. Zu ändern war sie ja nicht, das nahm der junge Magier sehr ernst.
Er trat zur Seite, gab so den Weg ins Zimmer frei und wies stumm auf den Tisch. Zaghaft trat der Adept ein und bewunderte das ordentliche Arbeitszimmer. Sämtliche Bücher waren akkurat im Regal verstaut, nirgends lag auch nur ein Stäubchen und trotz der Tatsache, das Theodus gerade arbeitete, war der Schreibtisch übersichtlich und aufgeräumt.
Der junge Mann legte die Bücher ab und empfahl sich. Etwas abgeschlagen schloss Theodus die Tür hinter ihm.
Lustlos griff er sich eines der Bücher. Es waren allesamt Gesetzestexte der Stadt Brakenburg, die er für den Prozess geordert hatte, aber nun nicht mehr brauchen würde.
Eigentlich hätte ich sie auch gleich zurückgehen lassen können. Das Buch in seiner Hand behandelte die Aufgaben der Stadtwache. Einer Gewohnheit folgend, schlug er das Buch auf und ließ die einzelnen Seiten durch seine Finger gleiten. Plötzlich stach ihm aus den flatternden Seiten ein Wort entgegen – Bereicherung.
Theodus stutzte und blätterte zurück. Die ganze Überschrift des Absatzes lautete ‚Bereicherung an und durch die Stadtwache'. Kaum hatte er die ersten Worte gelesen, wand sich sein Körper dem
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