Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
durfte noch nicht gehen.
Zittrig und ungeschickt stand Theodus auf und zog sich seinen völlig verrutschten Mantel zu Recht. Dann trottete er steif gefroren auf den zerstörten Baum zu und begann, einige der brennenden Holzstücke zusammen zusammeln, bevor der starke Regen sie löschen würde.
Wenig später saß er fast völlig entkleidet an einem munter knisternden Feuer. Es brannte grün und die Wärme vertrieb nicht nur die Feuchtigkeit aus seinem aufgehängten Mantel. Sie schien auch seine schmerzenden Knochen und seine Seele zu wärmen.
Das Wasser für den Tee war gleich heiß genug. Er hüllte sich in die trockene Decke aus seinem Gepäck, die jetzt durchaus Sinn machte, und griff sich das Buch, das vorher auch herausgefallen war.
Es handelte sich um seine eigene Ausgabe des Drachenbuches. Neugierig begann er, im grünen Schein des Feuers darin zu blättern. Nebenbei trank er von Baddos Tee, ein Abschiedsgeschenk, und spürte, wie der den letzten Rest der Bürde, die nun von ihm gewichen war, hinweg spülte.
Theodus würde seinem Freund Ankwin die letzte Bitte erfüllen, er würde Baddo und Miretta nie wieder sehen und er würde wohl bald sterben.
... werden zertreten im Staub und der König seiner Feinde wird blind sein und nur der, der unberührt ist, wird schadlos kosten können von der Frucht des Drachen. Doch jeder, der der Frucht nahe kommt, wird verderbt sein und der Menschenschinder wird weiter leben in uns. Das ist das Schicksal der Menschheit. Verzweifle, denn es gibt kein Entrinnen.
Theodus las die Stelle wieder und wieder, doch so recht wollte sie sich ihm nicht erschließen. Er legte das Buch frustriert zur Seite. So kam er nicht weiter. Irgendetwas fehlte ihm noch, das letzte Steinchen im Mosaik um das Bild endlich abzurunden.
Er beugte sich nach vorne, um noch ein Stück Holz nachzulegen. Dabei verrutschte sein Rucksack, an den er gelehnt hatte. Beim Zurückgehen drückte es Theodus mit einem Mal unangenehm in den Rücken.
Der Inhalt des Rucksacks war wohl verrutscht und jetzt recht unbequem. Mit leicht zusammengezogenen Augenbrauen stocherte er darin herum und räumte das ein oder andere heraus. Die Schnapsflasche, die Öllampe, einen kleinen Topf, den Dolch mit der Lederhülle, Feuerstein und Zunder ... und nach einem kurzen Moment des Sinnens griff er nach dem entwendeten Dolch.
Natürlich! Vor lauter Schadenfreude über die weisen Drei und die Gedanken an die Flucht hatte er sich damit noch gar nicht beschäftigt. Noch in ihrer Hülle hielt er die Waffe vor sich.
Das eindrucksvolle Instrument lag schwer in seinen Händen. Er war versucht, es zu ziehen, doch wusste Theodus genug über magische Waffen, um sie nicht ohne guten Grund zu ziehen.
Theodus legte es sorgsam auf seine Oberschenkel und holte das Pulver von Baddo hervor. Danach drückte er Daumen und Zeigefinger in das Behältnis und entnahm vorsichtig eine Brise. Sorgfältig darauf bedacht, nichts daneben zu streuen, wollte er gerade beginnen, als ihm noch ein Gedanke kam.
Umständlich füllte er das Pulver zurück, verschloss das Fläschchen und steckte es wieder weg. Der alte Magier murmelte ein paar Verwünschungen vor sich hin, die seinem Alter und seiner Zerstreutheit galten. Während dessen holte er ungeduldig ein paar Bogen Pergament, einen Federkiel und Tinte hervor.
Dann begann er den Vorgang mit dem Pulver erneut.
Erst glommen sie schwach, dann leuchteten die fremdartigen Zeichen deutlich auf.
‚ Geschmiedet aus dem Stahl des Mutes, gekühlt in den Quellen des Lebens, gehärtet im Feuer der Hoffnung, geführt soll ich werden gegen die Brut der Schlange.‘
Die Augen des Magiers begannen zu leuchten. Hier in seinen Händen hielt er die Hoffnung, die er verloren geglaubt hatte.
Überwältigt von der Macht des Moments zog er den großen Jagddolch und reckte in nach oben. Augenblicklich war ein heller Klang zu hören, der von dem Metall ausging. Grün funkelte es im Schein des Feuers. Daraus wuchs eine Flamme heran und streckte sich dem Dolch entgegen, um ihn wie zu einem Kuss zu berühren. Schnell steckte Theodus die Waffe wieder in die Schlangenhaut. Das Feuer beruhigte sich sofort.
Mit einem schlechten Gewissen gönnte der alte Magier sich etwas Schlaf, den er dringend benötigte. In seiner Euphorie hatte er sich dazu verleiten lassen, den Dolch zu ziehen. Das könnte Magonn die Chance gegeben haben, die er brauchte.
***
Theodus schreckte aus einem unangenehmen Traum auf, der Rabenflügel, Schlangenhaut
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