Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
im Wald, als die vielen Tausend Brüder des Tropfens auf das Blätterdach niedergingen. Der Regen wuchs sich zu einem waren Guss aus, sodass der alte Mann seinen Kragen enger schlug und daran zu zweifeln begann, ob er später ohne Magie überhaupt ein Feuer zustande brächte.
Die Regenfluten hatten den Weg inzwischen in einen braunen kleinen Bach verwandelt. Theodus war bis auf die Knochen nass. Er würde sich einen Lagerplatz suchen und irgendwie trocken werden müssen, wenn er nicht mit einer ausgewachsenen Lungenentzündung ankommen wollte, zumal wohl bald die Dämmerung hereinbrechen würde.
Seine schlechte Laune wuchs, als ihm bewusst wurde, dass er, selbst wenn er eines gefunden hätte, kein Gasthaus oder Gehöft hätte aufsuchen dürfen. Die Gefahr, entdeckt zu werden, war so nahe an Brakenburg immer noch zu groß.
Er ritt im Augenblick durch einen dichten Nadelwald und das war sein einziger Trost. Er wusste noch aus den Jahren seines Lebens unter freiem Himmel, dass sich ein Unwetter hier am besten überstehen ließ.
Nach einer kleinen Weile hatte Theodus tatsächlich eine ausreichend große Tanne gefunden, unter deren dichten, ausladenden unteren Ästen er eine einigermaßen trockene Stelle fand. Hier war es nicht ganz so windig und das Wasser fand nur gelegentlich den Weg zu ihm hinab.
Nach dem er das Pferd mit steifen Fingern abgerieben hatte und mit der großen Decke und etwas Hafer versorgt wusste, ließ der alte Magier sich, wo er gerade war, umständlich und ächzend nieder. Ein paar der untersten und abgestorbenen Äste der Tanne waren trocken und er bemühte sich ausgiebig, ein Feuer zustande zu bekommen.
Jedoch seine Finger waren inzwischen so klamm, dass er schließlich aufgab und ein Stück zähes Dörrfleisch mit eiskaltem Wasser hinunterspülte. Das ließ ihn noch mehr frieren.
Eine trockene Decke heraus zu holen, machte jetzt keinen Sinn. Sie wäre innerhalb kürzester Zeit feucht und klamm gewesen.
Das Rabenkrächzen war mittlerweile sein ständiger Begleiter. Es wurde sichtlich dunkler und er kauerte in seinem Mantel mit dem Rücken am Stamm der Tanne und war den Tränen nahe. Was hatte er alter Narr sich nur eingebildet? Seit Jahren süchtig nach den verdammten Muscheln war er körperlich einfach nicht mehr in der Lage, solche Strapazen auszuhalten.
Wieder kam ihm Miretta in den Sinn und all die jahrelang unterdrückten und abgespeisten Gefühle für sie und das Bedürfnis nach Zärtlichkeit brachen aus ihm heraus.
Theodus begann, bitterlich zu weinen. Sein ganzer Körper bebte. Er fror und war am Ende seiner Kräfte. Theodus Plikon wollte hier sterben. Zum ersten Mal fasste er diesen Gedanken ganz klar und deutlich. Er sackte zur Seite und landete halb auf seiner Satteltasche, die darauf hin einen Teil ihres Inhaltes freigab.
Neben einer Steingutflasche mit Schnaps und einem Unterhemd, in das ein Buch eingewickelt war, kullerte eine Muschelhälfte heraus und blieb beinahe direkt neben seiner Hand liegen.
Verwirrt griff er danach und hielt sich das glänzende Objekt vors Gesicht. Wie war sie in seine Satteltasche geraten? Hatte Miretta sie ihm aus falsch verstandener Fürsorge dort hineingeschmuggelt? Er hatte sein Gepäck selbst gerichtet und verpackt. Baddo kam auch nicht in Frage.
Er musste sie unterbewusst eingesteckt haben. Theodus hielt das für ein Zeichen. So würde er wenigstens in einem süßen Traum erfrieren und auf die andere Seite schweben, und vielleicht als Waldpilz wieder geboren werden. Der grüne Schatten, wie er die Patenschaft auch nannte, würde dafür sorgen. Und Ankwin?
Nun, Ankwin würde auch ohne ihn sterben. Guter alter Ankwin. Mit zitternder Hand und aus tiefster Brust schluchzend führte Theodus die Muschel langsam an sein Ohr, gefasst auf die herrlich süßen Klänge einer anderen Welt.
Um Theodus wurde schlagartig alles in ein gleißend grünes Licht getaucht und einen winzigen Augenblick später donnerte es so ohrenbetäubend, dass ihm vor Schreck die Muschel entglitt.
Das Krächzen der Raben wurde durch ihre Flügelschläge unterstrichen. Ein ganzer Schwarm stieg in den Himmel. Nur einen Steinwurf von ihm entfernt hatte ein hellgrüner Blitz in einen Baum eingeschlagen und ihn entzweit. Um den zerrissenen Stumpf lagen lauter grün brennende Äste. Der grüne Schatten, das Myriton selbst hatte gesprochen.
Völlig verdattert blickte Theodus in Richtung der Einschlagstelle und begriff den Segen nicht gleich, doch langsam dämmerte es ihm. Er
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