Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Richter und wer Henker, weiß ich nicht.«
***
In einer halben Flugrolle hechtete Ankwin in den Raum und sofort darauf krachte die Tür hinter ihm in den Rahmen. Stille umfing ihn genauso wie das Dämmerlicht des nur durch ein Kohlebecken und eine Fackel beleuchteten Raumes.
»Du? So hast du mich also gefunden und alles endet hier.«, wie ein Häuflein Elend saß sein Onkel an einem langen reich verzierten Tisch und hatte einen goldenen Kelch vor sich stehen. Eine mit Rotwein gefüllte Karaffe und weitere Kelche standen in der Mitte. Sein rechter Arm lag in der Schlinge und vor ihm war ein großes gebundenes Buch aufgeschlagen.
Langsam erhob sich Ankwin und blickte sich misstrauisch um. Soweit er erkennen konnte, hatte der Raum keine weiteren Ausgänge und sein Onkel war mit ihm allein.
In der Mitte des Raumes stand eine lange reich verzierte Truhe, auf der ein rotes Tuch lag. Sie diente als Tisch. Um sie herum standen zwölf Stühle. Am oberen Ende saß sein Onkel und starrte ihn traurig an.
Ankwin befand sich in einem Stadium höchster Anspannung. Die Hitze des Kampfes wallte immer noch kraftvoll durch seine Adern. Seine Augen bewegten sich mittlerweile wieder parallel zueinander. Langsam keuchend stand er auf und schluckte trocken. Der junge Krieger wankte etwas, denn seine Rippen schmerzten stark, doch auf dem kurzen Weg zu seinem Onkel fand er die Beherrschung wieder. Das blutverschmierte Schwert hielt er immer noch vor sich. Hin und her gerissen zwischen den unzähligen Fragen, die ihn quälten, und den Tatsachen, die sich ihm hier offenbart hatten, stand er da.
»Warum?«, war das Einzige, was er hervor brachte.
Beinahe spöttisch und doch kraftlos stieß Bungad ein ersticktes Lachen hervor. »Warum fragst du?« Fast benommen löste er den Blick von der Ferne und suchte die Augen Ankwins. »Du hast nicht lange genug in Brakenburg gelebt, um zu verstehen warum. Du hast nicht gesehen, wie viele Gelegenheiten der König hat verstreichen lassen, um wahre Macht zu zeigen. Es gab Zeiten, da reichte ein Fingerzeig in Brakenburg und der Kontinent erzitterte, aber jetzt ...«, der Richter atmete schwerfällig durch die Nase, als ob betrunken wäre. »Ein schwacher König, ein schwaches Reich. Wie viele gute Männer habe ich gen Osten ziehen sehen, um die Reichsgrenzen zu stärken, um Aufstände niederzuschlagen, nur um Monate später von ihrem Tod zu erfahren. Und der König? Der hat verhandelt. Wie oft habe ich ihm geraten, die Grenzen im Westen auszuweiten bis an den Thjeber, um die Barbaren zurückzuhalten? Und was hat er getan? Feste gefeiert.«
Ankwin sah seinen Onkel mitleidig an. Dieses Bild von einem Mann, diese prächtige Erscheinung saß wie ein Niemand vor ihm und konnte den großen Stuhl, auf dem er saß, nicht recht ausfüllen. Er schien gefangen in seiner Landesliebe.
»Und nun?«, Bungads Stimme bebte ebenso wie sein mächtiges Kinn, dass man unter dem dichten Bart nur vermuten konnte. »Nun habe ich versagt.« Er richtete sich langsam etwas auf. »Aber ein Trost bleibt mir doch. Der Spross meines Bruders hat mich zur Strecke gebracht, ein Bärenfelsener.« Bestätigend nickte er und stierte wieder in seinen Kelch.
Ankwin trat auf ihn zu, legte seine Hand auf die des alten Mannes und sprach ganz leise. »Komm, Onkel, es wird Zeit zu gehen.«
Der Zauber von Theodus war längst abgeklungen und er hatte den Dolch nicht kommen sehen, den Bungad blitzschnell aus seinem Ärmel zog. Tief steckte der spitze Stahl in Ankwins rechter Seite. Sterne tanzten vor seinen Augen und er ging zu Boden.
»Du Narr! Ich wusste, du bist genauso gefühlsduselig wie dein Vater. Er war auch immer schon zur falschen Zeit zu weich. Wie der König.« Laut lachend stand Bungad nun über dem zusammengesackten Ankwin. Selbstsicher und mit großzügiger Bewegung nahm er sich den Kelch vom Tisch und prostete seinem Neffen zu. »Auf die Bärenfelsener.« Lächelnd setzte er an und trank den Kelch in einem Zug leer.
Beinahe zäh tropfte die rötliche Flüssigkeit aus seinen Mundwinkeln in den dunklen Bart.
Ankwin drehte sich unter großen Schmerzen auf den Rücken und hielt ungläubig den Knauf des Dolches mit beiden Händen. Er erkannte ihn. Es war der Dolch Villons, den er ihm geschenkt hatte.
Sein Onkel bemerkte den Blick. »Erkennst du ihn wieder? Ja? Villon hätte was werden können, doch er war genauso naiv wie du! Naseweiser Bengel ...«
Bungad beugte sich tief zu seinem Neffen herunter, sodass er seinen Atem
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