Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Himmel war bedeckt. Ihr war nicht kalt. Sie hörte das Lachen der Männer und sie spürte die Erschütterungen der tänzelnden Pferdehufe unterbrochen von den Bewegungen, die Garock in dem Loch vollführte. Sie roch das ranzige Fett der vielen Bündel und die Pferde. Aber da war noch etwas. Sie roch noch einmal, als sich ihr der Aufseher wieder zuwandte. Alles hatte nur wenige Augenblicke gedauert.
»Entweder du sagst mir auf der Stelle, was ihr hier ausgrabt oder ...«
Nun wurde der Redner jäh von einer Bodenerschütterung unterbrochen. Die Pferde schnaubten nervös. Wieder bebte der Boden und einige der Reiter wandten ihren Blick zu Garock, der immer noch in der steinernen Öffnung feststeckte. Dieser ließ sich wieder etwas sacken und stieß mit Schwung nach oben. Erneut bebte die Erde. Schnee und kleine Kiesel fielen ihm entgegen. Lavielle konnte das Erstaunen der Reiter durch die schmalen Schlitze ihre Helme sehen. Zwischen dem Steinring, der Garocks Schultern umschloss, und dem Erdreich, in das er eingelassen war, bildete sich ein mehrere Finger breiter Spalt.
»Beruhigt das Heißblut!« Zwei der Männer senkten ihre langen Speere in die Grube, einer spannte eine große Armbrust.
Garock schien unbeeindruckt von den Speeren, die Schulter und Nacken blutig ritzten, den Armbrustschützen konnte er nur hören. Immer noch sah er die Heilerin an, die unmerklich mit dem Kopf schüttelte. Augenblicklich erstarrte er in der Bewegung. Seine Backenmuskeln traten hervor.
Lavielle begann zu reden und gleichzeitig bewegte sie sich sehr langsam auf das Pferd zu. Zum einen wusste sie, dass sie mehr Abstand zwischen sich und Garock bringen musste, um die Gegner gegebenenfalls zu trennen und zum anderen musste sie Hrothekaarr unter Kontrolle bringen, der bereits sehr nervös mit den Hufen scharrte und schließlich ein exzellent ausgebildetes Schlachtross war.
»Wir holen Ankwins Eigentum nach oben, um es mit ihm zu bestatten.«
»Der Halbe hatte eine Abmachung mit Brenkus I., unserem hohen Fürsten. Er hat dieses Land nur von ihm geliehen, bis zu seinem Tode. Und da wir hörten, dass er tot ist, liegt alles nun wieder in meiner Verantwortung, also schafft euch lieber fort, bevor zwei Fremde meiner morgendlichen Jagd zum Opfer fallen!« Wieder begannen die Reiter, zu lachen.
»Ankwin, Sohn von Rhutegarn, Reiter des Rosskönigs, Bruder der Berisi, Ehrenheiler, Befreier der Stadt Hallbank, Hauptmann König Winnegasts und Bezwinger Gordobirs«, die Reiter waren still geworden, »wird mit all seinen ihm gebührenden Grabbeigaben und mit allen ihm zustehenden Ehren bestattet, so war ich Schwester Lavielle a Shan savé bin.«
Der Aufseher war wenig beeindruckt. Jetzt wusste die Heilerin, was sie vorher gerochen hatte.
»Du dreckverschmierte Hex ...«
Ein Schatten wirbelte von dem niedrigen Hüttendach herab durch die Luft und eine sonderbare Gestalt landete im Rücken des fürstlichen Aufsehers knapp hinter dem Sattel.
Dessen Helm fiel lautlos in den Schnee. Das Pferd spürte den Ruck der landenden Gestalt, wieherte und machte eine ausgleichende Seitwärtsbewegung, aber die Gestalt stand weiterhin hinter dem Aufseher. Sie stand und hielt einen kurzen Dolch an dessen Kehle.
Erinnerung
(Brakenburg im Herbst)
Der junge Bibliothekar schien nicht wieder kommen zu wollen. Theodus hatte sich mittlerweile an das Stehpult desselben gelehnt und ließ gelangweilt seinen Blick wandern. Entweder war seine Erinnerung völlig verklärt oder diese Bibliotheksräume hatten wahrlich schon bessere Zeiten gesehen. Schaute man etwas genauer, sah man in jedem Winkel bröckelnden, abplatzenden Putz, abgewetzte Polster und verrußte Wände. Die Stühle und Bänke knarrten und an den flackernden Kerzen und Fackeln konnte man sehen, dass es überall zog. Nicht nur er war heruntergekommen, auch der Glanz der Universität war nicht mehr so hell, ihr ging das Geld aus.
Theodus stellte das ohne Emotion fest. Es berührte ihn in keiner Weise und doch war es eine gänzlich neue Information oder eher das Bewusstwerden eines längst eingetretenen Ereignisses.
Endlich kam der junge Mann wieder. Er hatte sich tatsächlich das ganze Gewand eingestaubt. Spinnweben hingen an seiner Schulter. Sein Gesicht wurde von einem riesigen Stapel aus Pergamenten verdeckt. Schwitzend kam er zu Theodus.
»Verzeiht die Wartezeit, hoher Herr, aber alle Pergamente, die älter als zehn Jahre sind, werden im alten Anbau gelagert. Außerdem ist die Stelle des Archivars
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