Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
bisschen anders. Schlagartig stand seine ausgestreckte Hand in grellblauen Flammen und erhellte das Zimmer.
Stolz auf einen Zauber, der ihm früher nicht mal ein müdes Lächeln entlockt hätte, wurde er die schier unbeschreibliche Unordnung in seinem Arbeitszimmer gewahr. Dann sah er die glitzernden Splitter der Muscheln auf dem Tisch und spürte augenblicklich ein leichtes Ziehen zwischen seinen Ohren. Dem alten Mann wurde mit einem Mal klar, dass er eigentlich schon immer süchtig gewesen war, waren es heute die Muscheln, so war es früher der Erfolg gewesen.
‚ Hüte dich vor dem Loch der Wehmut und meide die Grube der Gefühlsduselei. ‘ Er schüttelte kurz den Kopf, als wolle er das schlechte Gewissen abschütteln und besann sich stolz auf seine blau brennende Hand. Immer wieder etwas murmelnd berührte er die erloschene Lampe auf dem Tisch. Sie begann nach wenigen Momenten ebenfalls blau zu brennen, ebenso wie die Hand, ohne von den Flammen verzehrt zu werden. Theodus ließ seine Hand erlöschen und blickte sich prüfend um.
Der Bibliothekar würde sicher noch eine Weile brauchen. Energisch begann er aufzuräumen.
Die Euphorie des Erfolgs und die beschwingende Nebenwirkung des Tranks hatten schließlich endgültig ihre Wirkung verloren und Theodus wollten schon die ersten Schweißperlen über die Stirn laufen, als es klopfte.
Zufrieden schaute er sich um. Das Zimmer sah jetzt wenigstens wieder wie die Wirkstätte eines Magiekundigen aus.
»Herein!«
Schüchtern steckte ein Adept seine Nase ins Zimmer, nach und nach betraten dann fünf weitere das kleine Arbeitszimmer. Drei davon trugen große Stapel Pergamentrollen und einer hielt einen großen Korb vor sich, der mit einem Tuch abgedeckt war. Der Letzte stand etwas unbeholfen mit einer großen Amphore Lampenöl da. Alle starrten ratlos auf die in hellen, blauen Flammen flackernde Lampe.
Nicht dass den jungen Adepten der Einsatz von Magie noch unbekannt gewesen wäre, doch der brennende Finger eines Lehrmeisters in einem Hörsaal voller Adepten, der erst nach einem längeren Gestenritual und einem Spruch entbrannte, war doch wenig im Vergleich zum Lodern einer ganzen Lampe direkt neben einem Stapel Papyrus. Außerdem schien der alten Theodus die Lampe gar nicht zu beachten.
Theodus kostete die leichte Verwirrung der jungen Männer einen Moment lang aus, dann räusperte er sich.
»Nun?«
Der junge Bibliothekar von vorhin, der als Dritter den Raum betreten hatte, riss sich aus seiner Starre.
»Äh ..., hier sind die Aufzeichnungen und die anderen Dinge, die Ihr uns aufgetragen habt.«
»Legt es einfach hier vor dem Regal ab. Den Rest mache ich dann schon. Danke.«
Schweigend wurden die Utensilien wie befohlen abgestellt. Beinahe überhöflich nahmen die Fünf ihre Kopfbedeckungen ab, deuteten Verbeugungen an und verließen das Zimmer.
Theodus ließ sich auf dem Stuhl nieder, atmete durch und blieb eine Weile so sitzen. Er wollte erst einmal seine Gedanken ordnen.
Er wollte die Augen für einen Moment schließen, doch brachten seine Lider nur ein Flattern zustande. Jetzt wurde Theodus erst bewusst, wie angespannt er eigentlich war. Die heilende und auch anregende Wirkung des Trankes gepaart mit dem mittlerweile wieder schier unstillbaren Verlangen nach den heiligen Muscheln ließ den alten Magier unruhig auf seinem Stuhl hin und her rutschen.
‚ Gib dir nicht die Zeit, deine Wunden zu lecken, sondern geh deinen Weg weiter ‘. Vor langer Zeit hatte ihm das einmal ein guter Freund bei einer ähnlichen Gelegenheit gesagt. Dieser Freund war nun tot. Ernst, beinahe böse, schlug Theodus auf den Tisch. Er schoss wie eine Feder in die Höhe, griff sich die Lampe und nahm die Stapel in Augenschein.
Der Bibliothekar hatte gute Arbeit geleistet. Die Stapel waren chronologisch geordnet. Schnell bereitete er sich einen Teller mit kaltem Braten, Käse und einem Brot und goss sich einen Becher mit Wasser ein. Kaum hatte der weißhaarige Zauberkundige, die ersten Bissen geschluckt, fing er auch schon kauend an, die Prozessunterlagen zu studieren. Wie hatte alles angefangen?
Die Ratswiese
(Brakenburg, 4. Tag)
Das Zwitschern der Vogel ließ ihn langsam die Augen öffnen. Es war eines dieser Erwachen, bei denen man glaubt, wenn man sich auch nur ein winziges Stück bewegt, wäre das ganze Wohlbefinden dahin. Schwer lagen seine Glieder in den Daunen. Völlig entspannt lag er da und sog die frische Morgenluft, die durchs Fenster drang, in sich auf. Ankwin
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