Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)
Tier, das Gefallen daran gefunden hat, zu töten. Er muss aus dieser Stadt, ja aus diesem Land, getilgt werden, wie ein tollwütiger Bär.
Hiermit fordere ich, Sprecher der Anklage, das hohe Gericht in seinem weisen Ratschluss auf, diesen Mörder zu rädern, zu vierteilen und seine schändlichen Überreste an den vier großen Toren dieser unserer Stadt aufzuhängen. So will es das Gesetz des Königs, so will es das Gesetz dieses Landes, so will es Brakenburg.
In tiefer Demut vor König, Stadt und Land, dies ist meine Anklage. Mein Name ist Brinthardt.«
Die Worte, obgleich ohne Echo, schienen in den Köpfen der Menschen nachzuhallen. Man konnte die hektisch zuckende Feder des Gerichtsschreibers beinahe auf dem Pergament kratzen hören. Die Ernsthaftigkeit seiner Worte schwebte über der Menge und jedem schien das Schicksal des Angeklagten besiegelt.
Nach einer angemessenen Pause wandte sich Brinthardt um und schritt zu seinem Platz.
»Wohl gesprochen, hoher Brinthardt.« Bungad drehte seinen Kopf zu der jungen Frau, ohne sie sehen zu können.
»Da die Verteidigung noch keine Zeit hatte, sich angemessen vorzubereiten, muss sie jetzt nicht sprechen ...«, der Richter machte eine kurze Pause, »... und doch steht Euch zu, die Verteidigung zu eröffnen, Lavielle. Wie entscheidet Ihr Euch?«
Für einen kurzen Moment zeigte sich eine kleine senkrechte Falte auf der ebenmäßigen Stirn der Novizin, dann nickte sie dem Richter knapp zu und erhob sich. Das kurze Raunen, das durch die Menge ging, rief ein verstecktes Lächeln auf das Gesicht des Richters.
Ankwins Respekt vor ihr stieg weiter. Es war klar, dass sie jede Gelegenheit nutzen musste, um ihren Stand und ihr Ansehen im Prozess zu verbessern, aber es bedurfte hoher Redegewandtheit, einem Brinthardt unvorbereitet entgegen zutreten. Andererseits konnte sie nicht viel verlieren, denn der Angeklagte schien schon so gut wie verurteilt und sie war eine Frau ohne großen Einfluss oder Namen. Verlöre sie, wäre sie irgendein Frauenzimmer mit hohem Selbstbewusstsein, das kläglich gescheitert war, gewänne sie aber, wäre sie Lavielle, die erfolgreiche Verteidigerin eines Unschuldigen und die Bezwingerin des hohen Brinthardts, des eisernen Vertreters brakenburgischen Rechts. Ankwin war gespannt, wie sie sich schlagen würde.
Die wunderschöne Novizin trat langsam an die Stelle, an der sich noch vor wenigen Augenblicken der Ankläger seiner Sache sehr sicher gewesen war. Für einen Moment schloss sie die Augen und öffnete ihre Arme ein Stück, so als wolle sie etwas vom Himmel empfangen, ...
Großes Mawana, steh mir bei. Wenn mein Herz dich recht gehört hat, dann bin ich hier an dem für mich bestimmten Platz. Lass meine Zunge die Worte finden, die den Weg kennen in die Herzen der Stadt.
... dann atmete sie entschlossen durch die Nase aus und öffnete ihre grünen Augen wieder. Sie begann, auf die Menge zu zugehen.
Vom Richter abgewandt sprach sie dennoch laut und gut für ihn hörbar. »Hohes Gericht! Dieser Mann hat offenbar viele Menschen getötet, darunter auch Männer unserer Stadt.« Sie wies mit ihrem ausgestreckten linken Arm, ohne ihn dabei anzusehen, auf den reglosen Hünen. Ihre Augen suchten die Blicke der Menschen. »Das scheint unverzeihlich ... und doch sind wir hier. Wir sind hier, weil unsere Stadt auf den Pfeilern eines uralten Gesetzes steht, einem Gesetz, wie es sonst in kaum einem Land gibt, ein Gesetz, das jedem einen gerechten Prozess vor einem hohen Richter zugesteht.«
Sie begann, vor der Menge der Menschen langsam hin und her zu gehen. »Warum ist das so? Warum, Ihr Bürger Brakenburgs? Warum, hoher Brinthardt? Warum, hohes Gericht?« Bei jeder dieser Fragen war sie etwas leiser geworden. »Ich gebe euch die Antwort, die Ihr alle doch schon kennt.« Nun erhob sie ihre Stimme wieder. »Weil unsere Vorväter und Gründer dieser Stadt der Meinung waren, dass jeder, gleich welchen Verbrechens er auch bezichtigt wird, das Recht hat, angehört zu werden, ob der Möglichkeit seiner Unschuld.«
Sie hatte es tatsächlich geschafft, die Menge genauso in ihren Bann zu ziehen, wie Brinthardt. Alle, die sie sehen konnten, folgten ihren Bewegungen. Die, die sie nicht sehen könnten, gaben, was sie hörten, leise weiter, sodass in einiger Entfernung ein ehrwürdiges Gemurmel entstand. Lavielle wanderte langsam an den Wachen vorbei zu Garock.
Sie schien die Aufmerksamkeit mittlerweile sogar ein bisschen zu genießen. Sie baute sich direkt vor dem
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