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Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)

Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition)

Titel: Ankwin - Tod eines Kriegers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Mayer
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Herold das Rund.
    Die Männer drehten sich zum Zentrum der Senke und somit zu den Zuschauern. Alle Anwesenden schauten ernst und feierlich. Bungad hob beschwörend beide Arme und hielt den Stab über dem Kopf.
    »Hoher Geist der Gerechtigkeit, lass uns deiner würdig sein! Hohe Mutter Brakenburg, du nährst uns an deiner vollen Brust. In Dank stehen wir hier und bitten um deine Kraft. Hohe Seelen unserer Ahnen, gebt uns euren weisen Ratschluss!«
    Der Gerichtsdiener trat vor und ging auf die Sanduhr zu. Bungad hatte die Arme immer noch oben. Langsam drehte der Diener das Zeitglas um, bis es einrastete. Augenblicklich fing der Sand an, zu rieseln. Ankwin war nicht ganz klar, wozu das Zeitglas diente. Von einer zeitlichen Begrenzung der Verhandlung war ihm nichts bekannt. Vielleicht diente es nur der Ausschmückung oder stand für die Vergänglichkeit.
    Onkel Bungad ließ die Arme wieder sinken und der Diener ging zurück an seinen Platz. Nun wandten sich die Männer des Tribunals um und nahmen ihre Plätze ein, wobei sie das erst taten, als Bungad sich niederließ.
    Nach einem kurzen Moment ging ein leichtes Zucken durch die linke und schwer beringte Hand des Richters, worauf der Herold sich wieder erhob und auf die Sanduhr zuging. Er baute sich davor auf. Bungad hob den Stab und stieß damit dreimal auf den steinernen Boden. Das Pochen war weithin zu hören.
    Dann begann der Herold zu sprechen.
    »Höre, Volk von Brakenburg. Der Angeklagte stammt aus Berishad. Seinen Namen hat er noch nicht preisgegeben und auch sonst hüllt er sich in Schweigen. Er wird beschuldigt, acht Männer kaltblütig getötet und drei weitere schwer verletzt zu haben.
    Nach den Gesetzen dieser Stadt hat er das Recht auf einen Fürsprecher. Da der Angeklagte dieses Recht weder ablehnt noch in Anspruch nimmt, hat das hohe Gericht festgelegt, dass ein freier Bürger der königlichen Stadt sein Fürsprecher sein soll. Dieser muss sich jedoch freiwillig und hier und jetzt melden. Er soll vortreten, dass das Volk und das hohe Gericht ihn in Augenschein nehmen können.«
    Geiwan machte eine Pause und schaute von links nach rechts. »So wurde entschieden und so wird es geschehen. Mit königlichem Siegel habe ich gesprochen, Geiwan, königlicher Herold.«
    Langsam und würdevoll ging der Herold wieder an seinen Platz. Sein Parfüm wehte bis zu Ankwin herüber.
    Obwohl es fast nicht möglich war, wurde es auf dem Platz jetzt noch stiller. Kein Vogel sang, die Frühlingssonne, die begann, den Platz aufzuheizen, schien genauso wie alle anderen wissen zu wollen, ob und wer sich wohl melden würde. Selbst der schwache Wind, der bis jetzt für etwas Kühlung gesorgt hatte, schien den Atem anzuhalten und war nicht mehr zu spüren.
    In Brakenburg kam es nicht allzu oft vor, dass ein Angeklagter ohne Verteidigung vor Gericht trat. Die Meisten konnten irgendeinen Leumund benennen, kannten irgendjemanden, der einigermaßen reden konnte oder übernahmen selbst ihre Verteidigung, aber dass ein Angeklagter einfach nur schwieg, war in der über fünfhundertjährigen Geschichte des Gerichts von Brakenburg bisher nur einmal vorgekommen. Ein Taubstummer war bezichtigt worden, eine Bäckerin wegen eines Brotlaibs erschlagen zu haben, und ohne Verteidiger erschienen, da er aber schon vorher in der ganzen Stadt als gewalttätig und verrückt bekannt gewesen war, hatte sich niemand gefunden, der für ihn das Wort ergriffen hätte.
    Manchmal kam es sogar vor, dass sich bestimmte hoch angesehene Bürger für einen Angeklagten einsetzten. Das waren meist die Gleichen, der Gildenmeister der Goldhändler, der Gildenmeister der Schmiede und der größte Händler für Pergamente, Karten, Schreibarbeiten und jede Art von Gerüchten in der Stadt. Diese Drei standen bei Verhandlungen auch immer am gleichen Platz im Schatten eines der Bäume, in denen die Kinder saßen.
    Die Blicke der Umstehenden und vieler anderer Bürger wanderten nach den Worten des Herolds unwillkürlich zu ihnen, doch ihre ganze Körpersprache verriet, dass sie dieses Mal schweigen würden. Der Augenblick zog sich unnatürlich in die Länge und die Worte des Herolds lagen noch immer in der Luft. Niemand rührte sich. Der Angeklagte selbst ruhte in sich und schwieg.
    Dann entstand plötzlich Unruhe in der Menge. Man konnte eine hohe Stimme hören. Anfangs nur Wortfetzen, die in der wachsenden Unruhe untergingen. Doch riefen manche, dass sich hier jemand gemeldet hätte, und zeigten in eine Richtung. Schließlich

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