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Anlass

Anlass

Titel: Anlass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Produktionskapazität. Wir sind gerade dabei, eine neue Fabrik einzurichten, und sobald die läuft, nehmen wir alle Aufträge an, die wir bekommen können. Ferning hat Pech gehabt. Der arme Teufel wurde vor ein paar Wochen überfahren. Sehr traurig. Soweit wir unterrichtet sind, war es neblig, und er ging zu Fuß nach Hause, als es passierte. Zum Glück war er sofort tot. Der Fahrer des Wagens – wer immer es war – hat nicht einmal angehalten. Er wußte wahrscheinlich nicht einmal, daß er im Nebel jemanden überfahren hatte. In Mailand ist der Nebel manchmal sehr dicht. Er war Gott sei Dank unverheiratet, aber er hinterläßt eine Schwester, die er unterhielt. Traurig für die Ärmste.«
    »Ja, sehr.«
    »Augenblicklich führt Fernings Mitarbeiter, Bellinetti, das Geschäft, aber wir betrachten das nur als Zwischenlösung. Ein brauchbarer Mitarbeiter zweifellos, aber noch nicht reif für die volle Verantwortung. Außerdem ist er kein ausgebildeter Ingenieur. Und das brauchen wir, Mr. Marlow. Einen Sachverständigen, der mit dem Kunden in die Fabrik gehen kann und ihm zeigt, wie man das Beste aus unseren Maschinen herausholt. Jetzt, wo die deutsche Konkurrenz so groß ist, brauchen wir einen Mann, der mit den richtigen Leuten Kontakt hat und« – er blinzelte mir vielsagend zu – »mit den italienischen Beamten auf gutem Fuß steht. Aber darüber wird Ihnen Mr. Fitch mehr erzählen.« Wieder griff er nach dem Telefon. »Hallo, kommt Mr. Fitch jetzt herüber, Jenny? Auf dem Weg? Gut.« Er riß an seinem Kragen und wandte sich mir wieder zu. »Natürlich, wenn wir uns einigen, Mr. Marlow, wäre es wünschenswert, daß Sie etwa eine Woche hier in der Fabrik verbringen, ehe Sie abreisen. Aber das ist ein Punkt, über den wir später reden können. Vielleicht gefällt es Ihnen bei uns gar nicht?« – er lachte leise bei dem Gedanken an diese phantastische Möglichkeit. »Aber ich glaube, daß wir die Sache erst einmal in allen Einzelheiten besprechen sollten.«
    Ich lachte höflich und wollte eben andeuten, daß mich mehr Details, vor allem über die finanzielle Seite, gerade interessieren würden, als es an der Tür klopfte.
    »Ah!« sagte Mr. Pelcher, »da ist Fitch.«
    Mr. Fitch war sehr groß, mit langem, schmalem Kopf und einer Haltung, als ob er an einem Regentag unter einem niedrigen, durchlässigen Dach stünde. Er betrachtete uns von der Tür aus mit dem melancholischen Ausdruck eines älteren Barsois, der von ein paar jungen Foxterriers gezaust wird.
    »Fitch«, sagte Mr. Pelcher lebhaft, »dies ist Mr. Marlow. Er ist ausgebildeter Ingenieur und kann Italienisch.«
    Mr. Fitch trat schlurfend näher und schüttelte mir die Hand.
    »Ich habe Mr. Marlow eben einige Einzelheiten über unsere italienischen Geschäfte erzählt«, fuhr Mr. Pelcher fort.
    Mr. Fitch nickte und räusperte sich. »Mit dem Exportgeschäft geht’s bergab«, erklärte er düster.
    Mr. Pelcher lachte und zerrte an seinem Kragen. »Das sagt Mr. Fitch schon seit zehn Jahren, Mr. Marlow. Sie müssen seinen Pessimismus nicht zu ernst nehmen. Nur eine Verdoppelung unseres Umsatzes würde ihn befriedigen.«
    Mr. Fitch sah mich zweifelnd an. »Kennen Sie Italien sehr gut?«
    »Nicht so gut, wie ich möchte«, antwortete ich ausweichend.
    »Spielen Sie Golf?«
    »Leider nein.«
    »Fitch«, sagte Mr. Pelcher anerkennend, »ist ein großer Golfspieler. Hat einen Schlag von teuflischer Präzision. Aber« – er lenkte seine Gedanken mit sichtlicher Anstrengung zur Erde zurück – »nun zum Geschäft! Möchten Sie sich vielleicht das Werk ansehen, Mr. Marlow? Fitch, wollen Sie Mr. Marlow ein bißchen herumführen? Wenn Sie damit fertig sind, kommen Sie wieder herauf, und dann wollen wir weiterreden.«
    So sehr die Spartacusbüros enttäuschten, im Werk war nichts von Unordnung zu spüren. Der Betriebsleiter, für den ich sofort eine Vorliebe faßte, kannte seinen Beruf offenbar aus dem Effeff und das Produktionsniveau war hervorragend. Während wir von einer der Hallen zur anderen gingen, sagte Mr. Fitch: »Pelcher will’s genau so haben. Er ist ein ausgezeichneter Ingenieur. Wenn er könnte, wie er wollte, und wir nicht einen Aufsichtsrat von Exgenerälen und Parlamentsmitgliedern hätten, mit einer adeligen Flasche als Draufgabe, wäre diese Fabrik schon doppelt so groß. Er ist auch ein verdammt guter Geschäftsmann. Aber hat man je so etwas wie sein Büro gesehen? Außerdem ist er ein lausiger Golfspieler. Als ich das letzte Mal mit ihm

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