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Anlass

Anlass

Titel: Anlass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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bemerkte, daß der Brief vor ihm auf dem Tisch lag und daß er ihn zufrieden nickend durchflog, während ich sprach. Offensichtlich war Mr. Pelcher nicht so naiv, wie er aussah.
    Als ich zu Ende war, ließ er den Brief diskret unter das Löschpapier gleiten und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. »Na, das ist dann in Ordnung. Mir scheint, wir beide verstehen uns, Mr. Marlow. Nun sagen Sie mir« – dabei sah er aus wie ein Kind, das einem ein Rätsel aufgibt – »haben Sie schon Erfahrung im Verkauf?«
    »Nicht die geringste.«
    Er sah tief betrübt aus. »Das habe ich befürchtet. Immerhin, man kann nicht alles haben. Ein guter Ingenieur, der passabel Italienisch spricht, findet sich nicht alle Tage. Entschuldigen Sie einen Augenblick.« Er hob den Telefonhörer ab. »Hallo, Jenny, seien Sie doch so nett, meine Liebe, und fragen Sie Mr. Fitch, ob er einen Moment zu mir herüberkommen könnte.« Er legte auf und wandte sich wieder mir zu. »Mr. Fitch ist unser Exportmanager. Ein sehr netter Mann mit zwei entzückenden Kindern, ein Bub und ein Mädchen. Leider hat er seine Frau verloren. Ich glaube, er wird Ihnen gefallen.«
    »Entschuldigung«, sagte ich, »aber könnten Sie mir nicht etwas Näheres über diesen Posten mitteilen, Mr. Pelcher?«
    Er griff sich an die Stirn. »Du meine Güte, natürlich. Ich dachte, ich hätte schon darüber gesprochen. Sehen Sie, Mr. Marlow« – er griff wieder an seinen Kragen – »wir sind kein sehr großes Unternehmen. Unsere Spezialität ist eine bestimmte Sorte von Maschinen. Das wissen Sie vielleicht.« Ich wußte nichts, aber ich nickte. »Wir haben ein Motto«, fuhr er fort, »›Für jede Bohrung die passende Spartacus-Maschine.‹ Damit ist unser Programm ziemlich genau umschrieben. Wir haben unsere Produktion aber im letzten Jahr immer mehr auf Hochleistungsmaschinen zur Herstellung von Granaten verlegt. Sie machen etwa ein Drittel unserer Kapazität aus. Zuerst handelte es sich nur um eine Nebenproduktion. Aber ich hatte Ideen, wie man diesen Zweig ausbauen könnte. Wir arbeiteten daran und hatten Erfolg. Wir sicherten uns Weltpatentrechte für die Spartacus S 2 Automatic. Auch das Wort Spartacus war meine Idee. Spartacus, der Sklave – ist doch eine gute Idee, nicht? Nun, um zur S 2 zurückzukehren, wir besitzen die Weltpatentrechte, und ich muß sagen, sie waren uns von großem Nutzen. Wir haben unseren amerikanischen Freunden einige Lizenzen erteilt, aber den europäischen Markt beliefern wir selbst. Die Deutschen haben einen Konkurrenztyp entwickelt, aber der ist nicht besser als unsere S 2, und wir hatten einen schönen Vorsprung. Das Geschäft mit dem Kontinent entwickelte sich sehr lebhaft. Vor allem die Italiener haben sich sofort für die S 2 entschieden. Das Waffenamt der italienischen Admiralität hat sich sehr interessiert gezeigt. Firmen, die unsere Maschinen anschafften, konnten ihre Kosten unglaublich reduzieren. Natürlich sind auch englische Unternehmungen an uns herangetreten, aber ehrlich gesagt, wir waren mit dem Export so Beschäftigt, daß wir noch gar nicht dazu gekommen sind, uns dem Inlandmarkt zu widmen. Die Italiener sind uns auch in finanzieller Hinsicht sehr entgegengekommen. Wie Sie wissen, ist es heutzutage nicht gerade leicht, Geld aus Italien herauszubekommen. In unserem Fall zahlen sie per Scheck via New York. Sie brauchen nämlich die Maschinen dringend. Das ist sehr freundlich von ihnen. Vor etwa einem Jahr haben wir beschlossen, ein Büro in Italien aufzumachen, denn ich hatte nicht die Zeit, immer hinüberzufahren. Wie Sie vielleicht wissen, ist Mailand das Zentrum für Geschäfte unserer Art. Wir fanden einen ausgezeichneten Mann dafür. Vielleicht haben Sie von seinem tragischen Tod gehört. Ferning hieß er.«
    »Ich höre den Namen zum ersten Mal.«
    »Ja, die Fachblätter brachten die Nachricht. Aber vielleicht liest ein Mann in Ihren Jahren keine Nachrufe.« Er lachte vor sich hin und riß so heftig an seinem Kragen, daß ich dachte, der Knopf müßte aufspringen. Dann wurde er wieder ernst. »Der arme Ferning! Ein nervöser, sensibler Mensch, wie mir schien, aber man kann nicht immer nach dem äußeren Eindruck urteilen. Er hat sich in Mailand erstaunlich bewährt. Durch einen türkischen Auftrag haben wir praktisch die gesamte Produktion von S 2 Automatics für die nächsten zwei Jahre verkaufen können. Eine hübsche Maschine. Die Zahlen beziehen sich natürlich nur auf unsere gegenwärtige

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