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Anlass

Anlass

Titel: Anlass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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legte er seine Feder nieder, steckte eine Zigarette in seine Zigarettenspitze und holte ein juwelenbesetztes Feuerzeug hervor. Seine offensichtliche Absicht war, Zeit zu verschwenden. Ich hätte ihn prügeln können.
    »Nun«, sagte er endlich, »wollen wir beginnen. Wo sind Sie geboren?«
    »Sie finden Ort und Datum im Paß.«
    »Ich habe Sie nicht gefragt, was im Paß steht, Sie Esel, ich habe Sie gefragt, wo Sie geboren sind.«
    »London.«
    »Datum?«
    Ich nannte ihm das Datum. Die Fragen gingen weiter. Welche Nationalität mein Vater habe? Britisch. Meine Mutter? Britisch. Meine Großeltern? Britisch. Ob ich verheiratet sei? Nein. Ob ich Brüder oder Schwestern hätte? Einen Bruder. Ob er verheiratet sei? Ja. Welcher Nationalität seine Frau sei? Britisch. Ob ich früher schon in Italien gewesen sei? Nein. Wo ich Italienisch gelernt hätte? Von einem Freund in London. Wie sein Name sei? Carmelo. Wo er jetzt wohne? Ich wußte es nicht. Ob ich Signor Ferning gekannt hätte? Nein. Ob ich je einen anderen Beruf als Ingenieur gehabt hätte? Nein. Warum ich nach Italien gekommen sei? Weil mich meine Firma hierher geschickt habe. Wie lange ich mich im Lande aufhalten werde? Unbestimmte Zeit. Ob ich Mitglied einer politischen Partei sei? Nein. Ob ich Sozialist sei? Nein. Ob ich Marxist sei? Nein.
    Inzwischen hatte ich mich wieder unter Kontrolle. Er lehnte sich zurück und sah mich mürrisch an. Ich wartete. Dann stand er auf. Ich stellte mit Interesse fest, daß er ein Korsett trug.
    »Sie werden Ihre Aufenthaltsbewilligung für Italien mit der Auflage erhalten, sich jede Woche hier zu melden, um Ihre Bewilligung abstempeln zu lassen. Haben Sie die vorgeschriebenen Fotos mit? Gut. Melden Sie sich hier morgen wegen Ihrer Bewilligung. Sie können gehen.«
    »Danke. Meinen Paß, bitte.«
    Er blickte mich finster an. »Ihr Paß wird aus amtlichen Gründen bis morgen hier zurückbehalten.«
    »Aber –«
    »Hier gibt es kein Aber … Sie sind jetzt in Italien, und die italienischen Vorschriften müssen befolgt werden. Und« – er stemmte eine Hand in der authentischen Mussolinipose in die Hüfte und tippte mir drohend auf die Brust – »ich würde Ihnen raten, mit Ihren Bekanntschaften vorsichtig zu sein.«
    »Das bin ich immer.«
    »Vermutlich. Aber es gibt Personen, deren Bekanntschaft der Gesundheit eher abträglich ist.«
    Ich sah ihn scharf an. »Das glaube ich Ihnen ohne weiteres«, sagte ich nachdrücklich.
    Seine Unterlippe schob sich vor. »Ein bißchen faschistische Disziplin würde Ihnen gut tun, Signor Marlow«, sagte er gedehnt. »Ich kann Ihnen nur noch einmal raten, vorsichtig zu sein.« Damit drehte er mir den Rücken zu und setzte sich.
    Kochend vor Wut ging ich. Auf dem Wege zur Via San Giulio sprach ich im Britischen Konsulat vor. Dort wurde ich von einem sehr höflichen jungen Mann in einem teuren Anzug empfangen. Er hörte meinen Bericht schweigend an. Dann sagte er:
    »Nun, Mr. Marlow, normal ist das natürlich nicht. Daß sie einen britischen Paß zurückbehalten, ist mir neu. Aber Sie haben vermutlich gerade Pech gehabt. Augenblicklich sind sie etwas nervös. Ich werde mit dem Konsul darüber sprechen. Aber ich würde mir keine Sorgen machen. Sollten Sie Ihren Paß nicht zurückbekommen, so lassen Sie es uns wissen. Was sagten Sie, übrigens, ist Ihre Tätigkeit?«
    »Meine Firma liefert der Regierung Maschinen.«
    »Was für Maschinen, Mr. Marlow?«
    »Zur Herstellung von Munition.«
    »Ach so, das kann vielleicht etwas damit zu tun haben. War nicht Mr. Ferning Ihr Vorgänger?«
    »Ja.«
    »Kannten Sie ihn?«
    »Nein. Ich komme eben erst aus England.«
    »Ja, natürlich. Ein reizender Mensch. Nun, guten Morgen, Mr. Marlow. Lassen Sie es uns wissen, wenn Sie Schwierigkeiten haben.«
    Ich ging weiter. Das war das drittemal binnen vierundzwanzig Stunden, daß ich gefragt wurde, ob ich Ferning gekannt hätte. Vagas, der Signor Capitano und nun der Konsulatsbeamte. Aber das war wohl so zu erwarten. Ein Mann, der in einer fremden Stadt bei einem Verkehrsunfall umkommt, wird dort von seinen Bekannten nicht so schnell vergessen.
    Bellinetti begrüßte mich herzlich und teilte mir voll Stolz mit, daß er schon fast die ganze Tagesarbeit erledigt habe.
    »Der Signore«, fügte er hinzu, »braucht sich nie am Vormittag ins Büro zu bemühen. Ich, Bellinetti, achte schon darauf, daß alles klappt.« Er schnalzte mit den Lippen und lächelte zu Serafina hinüber, die von dem Buch, das sie gerade las, aufsah

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