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Anlass

Anlass

Titel: Anlass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ambler
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Commendatore?«
    »Unglücklicherweise«, antwortete er glatt, »ist keines mehr vorrätig. Ich empfehle Ihnen, daß Sie sich auf jeden Fall mit dem General in Verbindung setzen.« Er nahm wieder Platz. »Und jetzt wollen Sie mich entschuldigen, Signore …«
    Ich ging. So war die Sache. Ohne Vagas’ Billigung durfte ich nicht einmal ein Angebot machen.
    Wütend ging ich in mein Büro. Wieder bemerkte ich, daß der große Mann mir folgte, der mir am Vorabend zum Hotel nachgegangen war. Der Anblick Bellinettis, der mit Serafina in einem caffè in der Nähe der Via San Giulio saß, während er im Büro hätte sein sollen, trug nicht dazu bei, die Situation zu verbessern. Und es war eine telefonische Nachricht für mich da. Eine der Maschinen, die nach Cremona geliefert worden waren, war beschädigt. Die Ersatzteile paßten nicht. Wenn ich nach Cremona kommen und ihren Ingenieuren bei der Reparatur und Inbetriebsetzung an die Hand gehen könnte, würden sie sich freuen. Die Sache war dringend.
    Heftig fluchend befahl ich Umberto, zurückzutelefonieren, daß ich am nächsten Tag nach Cremona kommen würde. Dann setzte ich mich an den Schreibtisch. Berge von Arbeit waren zu erledigen. Wenn ich den nächsten Tag in Cremona verbrachte, mußte ich bis spät abends arbeiten. Ich nahm den ersten Stoß in Angriff.
    Es war nach neun Uhr, und Augen und Rücken schmerzten mich, als ich endlich das Licht ausdrehte und zusperrte. Die Stiege war dunkel wie gewöhnlich, aber ein kleiner Lichtstrahl drang unter der Tür der Agenzia Saponi heraus. Zaleshoff war der letzte, mit dem ich im Augenblick zu sprechen wünschte. Ich ging auf Zehenspitzen vorüber.
    Auf der Straße blieb ich einen Augenblick stehen und überlegte, wo ich essen sollte. Ich hatte noch nicht an Claire geschrieben. Wenn ich mich mit dem Essen beeilte, konnte ich noch schnell im Parigi einen Brief schreiben und die letzte Post erreichen. Ich sah mich nach dem Mann um, der mir früher während des Tages gefolgt war, konnte ihn aber nicht sehen. Vermutlich war er irgendwo im Schatten auf der Lauer und wartete darauf, daß ich weiterging. Ich überlegte noch, wie langweilig diese Arbeit für ihn sein mußte. Dann faßte ich einen Entschluß und ging in Richtung Bahnhof.
    Nicht viel mehr als hundert Meter vom Büro, in einer Seitengasse der Via San Giulio, geschah es dann.
    Ich ging ziemlich schnell, denn ich war hungrig und durstig. Ich hatte eine Zigarette im Mund. Als ich den Stummel wegwarf, bemerkte ich das Auto, das hinter mir um die Ecke bog. Einen Augenblick befand ich mich im grellen Licht der Scheinwerfer. Mein Schatten lag verzerrt und grotesk vor mir auf dem Pflaster und zog sich noch einen halben Meter an der Wand eines langen, dunklen, vergitterten Gebäudes, einer Art Lagerhaus, hinauf. Als der Wagen beschleunigte, krümmte sich der Schatten. Er kam an mir vorbei – eine große schwarze amerikanische Limousine, die ziemlich langsam fuhr.
    Plötzlich, ein paar Meter vor mir, lenkte der Wagen quer über die Straßenbreite dem Randstein zu und hielt. Die Türen öffneten sich, vier Männer stiegen aus und stellten sich mit dem Gesicht zu mir auf den Gehsteig.
    Ich ging weiter auf sie zu.
    Vermutlich wäre es das beste gewesen, umzukehren und zu laufen, aber das tat ich nicht. Es fiel mir auf, daß es ein ziemlich ungewöhnlicher Platz war, um anzuhalten, denn es war kein Haustor vor oder hinter ihnen, und auf der anderen Straßenseite war eine lange Bretterwand. Aber der Gedanke kam mir nur so ganz nebenbei.
    Erst als ich vor ihnen stand, merkte ich, daß etwas nicht in Ordnung war. Sie machten keine Miene, mich vorüberzulassen. Mein Herz schlug plötzlich heftig gegen meine Rippen. Ich zögerte und versuchte dann, mich zwischen dem Gitter und dem letzten der vier Männer durchzuzwängen.
    Er drehte sich leicht und versperrte mir den Weg.
    Ich blieb stehen und murmelte: »Entschuldigen Sie!« Dann sah ich, daß auch die anderen vom Wagen wegtraten und alle zusammen einen Halbkreis um mich bildeten. Ich hatte keine andere Wahl, als mich mit dem Rücken gegen das Gitter zu stellen.
    Sie waren dunkel gekleidet und hatten die Hüte tief in die Stirn gedrückt. In der Dunkelheit waren ihre Gesichter wie weiße Flecke.
    »Come vi chiamate?«
    Die Frage kam plötzlich von einem von ihnen. Von welchem, konnte ich nicht sagen. Es war das einzige, was gesprochen wurde. Sonst hätte man sie für Stumme halten können. Ich nannte meinen Namen und fügte hinzu, daß

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