Anleitung zum Müßiggang
meint, der Anbruch des Elisabethanischen Zeitalters sei eine Art Jahr Null für die Raucher gewesen. Er schrieb eine Hymne auf den Tabak mit dem Titel My Lady Nicotine (1890), eine Biografie des Rauchens, in der er die Meinung vertritt, dass der Tabak uns aufgeweckt und dazu verholfen habe, mächtig, edel und weise zu werden:
Das Elisabethanische Zeitalter sollte man vielleicht besser als den Beginn des Rauchzeitalters bezeichnen. Kein vorurteilsloser Mensch, der über das Thema nachgedacht hat, kann in Zweifel ziehen, dass es richtig wäre, unsere Geschichte in zwei Epochen zu unterteilen – die Vor-Raucher-und die Raucherepoche. Als Raleigh, zu dessen Ehren England hätte seinen Namen ändern sollen, den Tabak in dieses Land brachte, begann das glorreiche Elisabethanische Zeitalter. Ich bin mir bewusst, dass diese verabscheuungswürdigen Personen, die Quellenforscher genannt werden, jetzt behaupten, Raleigh sei es gar nicht gewesen; aber dem gegenüber stelle ich mich taub. Ich weiß, ich fühle, dass mit der Einführung des Tabaks England aus einem langen Schlaf erwachte. Plötzlich war dem Leben neuer Schwung verliehen. Die Herrlichkeit des Lebens wurde zu einem Thema, über das man reden konnte. Männer, die sich bis dahin nur um die beschränkten Dinge des Hauses gekümmert hatten, steckten sich eine Pfeife in den Mund und wurden Philosophen. Poeten und Dramatiker rauchten, bis ihnen alle niedrigen Ideen ausgetrieben waren, und an ihre Stelle stürmten so erhabene Gedanken, wie sie die Welt noch nicht gekannt hatte. Kleinliche Eifersüchteleien hatten keine Macht mehr über Politiker, die rauchten und sich bereit erklärten, gemeinsam für das öffentliche Wohl zu arbeiten. Soldaten und Seeleute hatten das Gefühl, dass sie für ihre Tabakspfeifen kämpften, wenn sie mit einem Feind rangen. Das ganze Land war von dem Streben erfüllt, dem Tabak alle Ehre zu machen. Ein jeder, mit einem Wort, hatte nun fortwährend ein stolzes Ideal vor Augen.
Die Beziehung zwischen stolzen Idealen und Rauchen, würde ich meinen, ist dieselbe wie zwischen stolzen Idealen und Nichtstun. Rauchen heißt Müßiggang, und es ist schwierig, stolz zu sein, wenn man arbeitet und beschäftigt ist. Wie das Angeln verwandelt das Rauchen den gewöhnlichen Menschen in etwas Heldenhafteres, Vollkommeneres; es macht einen Herrn aus einem Sklaven. »Die Pfeife«, schrieb William Makepeace Thackeray, »entlockt Weisheit den Lippen des Philosophen und stopft den Narren den Mund; sie schafft eine Art von Unterhaltung, die kontemplativ, gedankenvoll, wohlwollend und ungekünstelt ist.«
Mein Lieblingsphilosoph des Ostens, Lin Yutang, war ein begeisterter Raucher. Vielmehr, er war in dieser Hinsicht von heldenhafter Unvernunft und erzählt, dass er »eine Zeitschrift namens Analects Fortnightly gründete, in der ich beharrlich den Mythos von der Schädlichkeit des Rauchens zu widerlegen versuchte«. Yutang stimmt in Bezug auf die philosophische Stimulanz des Rauchens mit Thackeray überein. Rauchen, schrieb er 1938, schafft »vollkommenes geistiges Wohlbefinden, die Voraussetzung für interessiertes, fantasievolles Aufnahmevermögen und volle, dynamische Schaffenskraft – eine notwendige Voraussetzung dafür, dass wir die Unterhaltung mit einem Freund am Kamin vollkommen genießen können, dass wahre Begeisterung bei der Lektüre eines alten Buches entsteht oder dass ein perfekter Rhythmus von Worten und Gedanken aus dem Geist hervorgelockt wird, den wir als Schriftstellerei bezeichnen«.
Rauchen ist oft mit Faulheit in Verbindung gebracht worden. König Jakob warnte den starken Raucher, »alle seine Glieder werden schwach werden, sein Geist wird träge, und am Ende, als schläfriger, fauler Bauchgott verfällt er in Lethargie«. Aber wir »schläfrigen, faulen Bauchgötter« halten diesen Schuss »Lethargie« für eine gute Sache. In Cigarettes are Sublime behandelt Richard Klein diesen Punkt geradezu dichterisch: »Der Augenblick, wenn man zur Zigarette greift, gestattet einem, eine Parenthese in der Zeit gewöhnlichen Erlebens zu öffnen, einen Raum und eine Zeit erhöhter Aufmerksamkeit, die ein Gefühl von Transzendenz entstehen lässt, hervorgerufen durch das Ritual von Feuer, Rauch, Asche, die mit Hand, Lunge, Atem und Mund in Verbindung treten. Es schafft einen kleinen Rausch der Unendlichkeit, der, wie leicht auch immer, Perspektiven verändert und, wenn auch nur kurz, ein ekstatisches Aus-sich-heraustreten erlaubt.« Puh! Das ist es
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