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Anleitung zum Müßiggang

Anleitung zum Müßiggang

Titel: Anleitung zum Müßiggang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Hodgkinson
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stinkt, deine Frau kann es nicht ausstehen, es ist egoistisch, unzivilisiert und es regt zur Faulheit an.
    König Jakob war erbost, weil wir vornehmen Briten uns dermaßen erniedrigten, dass wir die primitiven Sitten der unkultivierten Wilden nachahmten. Für Jakob I. war Rauchen eine primitive Angewohnheit: »Welche Ehre oder Klugheit kann uns bewegen, die barbarischen und tierischen Sitten der wilden, gottlosen und sklavischen Indianer nachzuahmen, insbesondere mit einer so abstoßenden und stinkenden Angewohnheit? ... Warum imitieren wir sie denn nicht auch darin, dass wir nackt herumlaufen, wie sie es tun? dass wir Glas, Federn und solchen Tand Gold und Edelsteinen vorziehen, wie sie es tun? ja, warum verleugnen wir nicht Gott und beten den Teufel an, wie sie es tun?« Er sah im Tabak eine Abkehr von sogenannten zivilisierten Werten: Eigentum, Anbetung des Geldes und Verehrung eines christlichen Gottes.
    Ein anderes Argument, das König Jakob gegen das Rauchen vorbringt, erinnert mich an das, mit dem halbwüchsige Nichtraucher über mich herfielen: Du rauchst ja bloß, weil du es cool findest. »Wir sind nicht zufrieden, wenn wir nicht alles nachahmen, was unsere Nachbarn tun«, schreibt Jakob, was so ziemlich nach dem Spruch unserer Eltern klingt: »Und wenn Johnny von einer Brücke runterspringen würde, würdest du das auch tun?«
    Rauchen, schreibt Jakob, heißt unverantwortlich handeln, es heißt, seine Pflichten gegenüber »König und Commonwealth« vernachlässigen. Es ist außerdem für Frauen verderblich: »Der Gatte schämt sich nicht, hierdurch seine zarte, gesunde und reinhäutige Frau dermaßen zu erniedrigen, dass entweder auch sie ihren süßen Atem damit verderben oder aber sich entschließen muss, in einer unausgesetzt stinkenden Folter zu leben.« Der Aufsatz endet in dem vernichtenden Schluss: »Eine Angewohnheit, abscheulich für das Auge, hassenswert für die Nase, nachteilig für das Hirn, gefährlich für die Lunge, und mit ihrem schwarzen, stinkenden Rauch ähnelt sie dem schrecklichen stygischen Qualm des Höllenschlunds, der bodenlos ist.«
    Selbstverständlich hatte König Jakobs »Counterblaste« keinen wie auch immer gearteten Einfluss auf die Rauchgewohnheiten seines Volkes, und ein Jahr nach dessen Erscheinen unternahm er einen direkteren Angriff: Steuern. Importeure wurden aufgefordert, sechs Schillinge und acht Pence für jedes Pfund Tabak auszuhusten (Entschuldigung), das sie ins Land einführten. Diese Doppelsalve – Anti-Rauchpropaganda verbunden mit einer Strafsteuer für den Raucher – ist eine Methode, die auch heute noch bei westlichen Regierungen üblich ist. In England ist jede Tabakwerbung verboten, und wir zahlen für jedes Päckchen € 3,50 Steuern an den Fiskus. Die Warnungen des öffentlichen Gesundheitswesens auf den Zigarettenpackungen werden jedes Jahr dramatischer und aggressiver. Nachdem man mit zarten Hinweisen wie »Rauchen gefährdet ernstlich Ihre Gesundheit« und »Rauchen während der Schwangerschaft kann Ihr Baby schädigen« herumgespielt hatte, wird jetzt von den Zigarettenfirmen verlangt, den unzweideutigen Satz »RAUCHEN TÖTET« in riesigen Lettern auf die Päckchen zu drucken; in einer Schrift, die so hässlich wie möglich aussehen soll. Werden diese Maßnahmen viel Wirkung haben? Man bezweifelt es. Im Gegenteil, es ist schwer, sich eine effektivere Verleitung zum Rauchen für die sorglosen Vierzehnjährigen vorzustellen, die meinen, sie leben ewig.
    Warum hat das Rauchen so wahnsinnigen Anklang gefunden, und warum in diesem bestimmten Augenblick der Geschichte? Für den frankophilen amerikanischen Wissenschaftler Richard Klein, den Verfasser von Cigarettes are Sublime (1993), gibt es eine einfache Antwort: Tabak wurde zur Beruhigung benötigt, weil uns das Ende des Mittelalters mit dem Verlust seiner religiösen Sicherheiten Angst machte. »Die Einführung des Tabaks in Europa im sechzehnten Jahrhundert fiel mit dem Beginn des Zeitalters der Angst zusammen, dem Erwachen des modernen Bewusstseins, das mit der Erfindung und Verbreitung des Buchdrucks, der Entdeckung der Neuen Welt, der Entwicklung rationaler Methoden in der Wissenschaft und dem gleichzeitigen Verlust der theologischen Rückversicherungen des Mittelalters einherging.« Was mit anderen Worten heißt: Wir taten dem lieben Gott so Leid, dass er uns den Tabak schenkte.
    Der viktorianische Autor J. M. Barrie, Verfasser der Peter-Pan-Bücher, vertritt einen positiveren Standpunkt und

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