Anmutig älter werden (German Edition)
aber wie?«
»Nimm es doch einfach hin und flieg.«
Nun, ich flog.
Carlo hatte mir in Bangalore ein Hotel gebucht, in dem ich die Nacht verbrachte. Am nächsten Morgen fuhr ich mit einem Taxi in Ruhe los. Eine Architektin, die ich beim ersten Besuch kennengelernt hatte, gab mir einen Brief mit, dass ich in ihrer Wohnung im Aschram wohnen könne. In Puttaparthi angekommen, nun schon etwas vertrauter, bekam ich die Schlüssel für diese Wohnung mit zwei hübsch eingerichteten Zimmern.
Leider wohnte ich da nicht allein, sondern teilte das Domizil mit einer Ratte. Ich blieb völlig ruhig, was mich sehr überraschte, und suchte die Stelle, an der sie in die Wohnung eindringen konnte. Es war ein Abguss, wo die Steine etwas locker waren. Ich bat das Tier, doch wieder im Abguss zu verschwinden, was die Ratte tatsächlich tat, und machte diese Stelle mit Steinen wieder dicht. Huch, das war geschafft.
Als ich abends ins Bett gehen wollte, sah ich zwei Mäuse unter den nicht schließenden Türen hereinhuschen. Ich öffnete die Wohnungstür und sprach ziemlich laut mit ihnen, dass sie sich bitte einen anderen Aufenthaltsort suchen sollten. Komischerweise folgten auch diese und verließen einträchtig die Wohnung.
Nun konnte mein Leben im Aschram beginnen. Verena, eine Dame aus Deutschland, die immer da lebte, hatte ich schon das letzte Mal kennengelernt. Sie nahm mich unter ihre Fittiche. Sie saß auch an der Wand bei den alten Weibern, aber ziemlich nah am Eingang bei Sai Baba.
So ging ich morgens, mittags, nachmittags in den Tempel, lernte eine indische, ältere, sehr anmutige Frau kennen, die oft neben mir saß und auch eine Wohnung im Aschram hatte. Sie behauptete eines Tages, als Baba seitlich am Tempel heraustrat und in die Menge blickte, habe er mich lange angeschaut. Ich hatte zwar auch das Gefühl, doch ich glaubte es nicht, warum sollte er das tun? Zum Interview kamen nur die Leute, die in der ersten Reihe am Boden saßen.
Ich hatte mir inzwischen bei jungen Leuten, die aus Kaschmir kamen, Saris besorgt. In ihrem kleinen Laden musste man die Schuhe ausziehen und man wurde immer zum Tee eingeladen, egal, ob man etwas kaufte oder nicht. Die jungen Männer erzählten mir von ihrer Heimat, was für ein wundervolles Land Kaschmir sei. Das Wasser schmeckt wie ganz reines Wasser, das Essen ist noch natürlich, Land darf man nicht an Ausländer verkaufen. Sie erzählten von Flüssen und Wasserfällen und luden mich ein, im März zu ihnen zu kommen, sie hätten drei Häuser und würden mir Kaschmir zeigen. Na ja, für unser beider schlechtes Englisch wäre das sicherlich hilfreich!
Wenn ich Zeit hatte, fuhr ich mit dem Tuk-Tuk zu Doktor Raoh, einem Ayurveda-Arzt, der mir empfohlen worden war. Dort angekommen, warteten schon mehrere Patienten auf Dr. Raoh. Ich hörte ihn bei offener Tür mit einer gütigen, ruhigen Stimme sprechen. Als ich drankam, sah er erst mich an, dann in den Fragebogen. »Siebzig Jahre, so schauen Sie aber nicht aus, das kann ich nicht glauben.«
»Doch, doch, es ist so.«
Ich erklärte ihm, dass mein Bauch nach jedem Essen geschwollen sei. »Ist es die Leber, die Galle?«
Er fühlte meinen Puls und sagte: »Die Leber und die Galle sind gesund, aber Sie haben zu viel Gas.« Er verschrieb mir ayurvedische Heilmittel und eine Massage am nächsten Morgen.
Im Aschram stellte mir Verena eine sehr einflussreiche Inderin vor, die die Plätze vergab. Nachdem ich ihr geschildert hatte, dass ich leider nicht lange auf dem Boden sitzen könne, sagte sie freundlich: »Gut, kommen Sie morgen um sieben Uhr. Ich gebe Ihnen einen Platz in der ersten Reihe.«
Als ich am nächsten Morgen um sieben Uhr hübsch in einem weißen Sari zum Tempel kam, war dieser geschlossen. Kein Mensch war da. Was war passiert? Sai Baba war bei Nacht und Nebel in seinen anderen Aschram nach Whitefield gefahren und wie beim Auszug der Kinder Israels aus Ägypten das ganze Dorf hinterher.
Meine »Kaschmiri-Jungs« waren zum Glück noch da. Sie packten gerade ihr Auto und wollten unbedingt, dass ich mitkomme. Sie würden mich, ihre Queen, wie sie mich nannten, umsonst mitnehmen, was bei ihrer Geschäftstüchtigkeit erstaunlich war.
Doch ich war sauer: »Ich bleibe.«
Im Aschram durfte ich mich trotz meiner Wohnung nicht länger aufhalten.
Gott sei Dank nahm Dr. Raoh mich auf und begann mit einer ayurvedischen Behandlung.
Im ersten Stock seines Hauses am Ende des Dorfes bekam ich ein Zimmer, möbliert mit einem Bett, einem Bad
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