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Anmutig älter werden (German Edition)

Anmutig älter werden (German Edition)

Titel: Anmutig älter werden (German Edition)
Autoren: Ruth Maria Kubitschek
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mit Dusche und WC und warmem Wasser, einem Waschbecken, darüber ein Spiegel und ein paar Fächern in der Wand als Ablage für Saris. Purer Luxus.
    Eine andere Art von Luxus: Mein Körper wurde absolut gereinigt. Entweder ich saß auf dem Klo oder ich kotzte oder ich lag auf einer Holzliege und wurde mit warmem Öl massiert. Dann in einen Holzkasten gesteckt, wo oben mein Kopf herausschaute, und durch einen Schlauch wurde Dampf in den Kasten geleitet. Nachdem ich halb tot war, wurde das Öl von meiner Haut mit einer Art Erde abgerubbelt.
    Wenn man diese Prozedur überstanden hatte, wurde man belohnt mit einem Stirnölguss, Shirodhara genannt. Das war tiefste Entspannung.
    Am Abend traf man sich zur Yogastunde auf dem Dach des Haupthauses, das sehr weitläufig war. Doktor Raoh war vierundachtzig Jahre alt. Er hatte eine unglaubliche Körperbeherrschung. Wir versuchten, es ihm gleichzutun. Besonders schön war es einmal bei Vollmond, wir machten eine Vollmondmeditation mit leichten Übungen. Doktor Raoh meinte, wir sollten zum Mond werden und die Glückseligkeit über die ganze Erde ausbreiten.
    Ich erlebte in diesem Haus jeden Mittag eine Puja: Am Hausaltar mit den Hindugöttern rezitierte der Doktor die einhundertundacht Namen Gottes und schüttete Milch und Honig über die Statuen der Götter. Die Flüssigkeit sammelte sich in einem Schälchen und am Ende der Puja bekam jeder einen Schluck in die Handfläche. So, stellte ich mir vor, müsste das himmlische Manna schmecken.
    Ich fühlte mich wohl bei diesen gläubigen Menschen. In ihrem Haus tönte von früh bis Mittag laut der Urton »OM«. Mein Körper wurde schlanker und gesünder. Der Dorfpolizist, der jeden Abend mit uns Yoga machte, behauptete: »Baba is coming, but nobody knows. But we hope on the 29th.«
    Baba kam nicht.
    Doktor Raoh meinte, ich solle nach Whitefield fahren und mich bei Sai Baba innerlich bedanken, dass es mir jetzt so gut gehe.
    Ich war jedoch immer noch bockig: »Nein, ich fahre am 6. Februar von hier zum Flugplatz.«
    Zwischendurch kamen meine »Kaschmiri-Jungs« und wollten mich überreden, doch mitzukommen. Aber ich blieb hart und beleidigt.
    Am 5. Februar mittags saß ich mit einer anderen Patientin in einem hübschen Hotel auf einer Terrasse mit Blick auf die Landschaft Puttaparthis und da wir so gehungert hatten, aßen wir jetzt etwas Richtiges. Auf einmal spürte ich wieder so einen Tritt in den Hintern: »Jetzt kommst du aber!«
    Ich stand auf und folgte.

    Der Ayurveda-Arzt Dr. Raoh in vertrauter Umarmung.
    Der Doktor holte mir ein Taxi, ich packte in Windeseile meine sieben Sachen und um vier Uhr fuhr ich los. Nach vier Stunden Fahrt kam ich durchgerüttelt in Whitefield an, suchte ein Hotel, bekam ein Zimmer mit vier Betten. Es war alles andere als einladend. In diesem Raum wollte ich nicht den Abend verbringen, ging die »Kaschmiri-Jungs« suchen und fand sie. Sie waren hocherfreut und meinten, ich bräuchte morgen früh erst um halb sieben in den Tempel zu gehen. Da ich sowieso hinten sitze, würde das reichen.
    In der Früh holte ich mir doch noch einen Sari aus meinem Koffer, zog ihn an und ging los. Ich kaufte außen vor dem Tempel eine Rose, die man mir wieder abnahm – könnte ja eine Bombe sein. Dann stand ich verloren in dem großen Hof vor dem Tempel. Da kam eine strahlende Inderin in einem golddurchwirkten Sari auf mich zu. Der Schal ihres Saris wurde von einer kostbaren Brosche aus Brillanten gehalten. Sie sagte zu mir: »You go there« und zeigte auf einen VIP-Eingang.
    Also ging ich dahin, wurde jedoch sehr unfreundlich zurückgewiesen. Da rief eine Frau hinter dem VIP-Eingang: »Ja, Ruth, wo bleibst du denn?« Es war Verena. Sie kam, so schnell sie konnte, auf mich zu. »Geh ins Büro, ich habe eine Karte für dich.«
    »Eine Karte? Gibt es hier Eintrittskarten?«, fragte ich entgeistert.
    »Komm, rede nicht so viel.« Sie packte mich am Arm und nach einem Palaver im Büro hasteten wir zurück.
    Eine Chinesin mit einem langen Zopf bis zum Hintern prüfte die Karte und setzte mich neben Verena an eine Balustrade. »Jetzt kann er an dir nicht mehr vorbei«, sagte Verena fast triumphierend. Das Tor ging auf, Sai Baba kam und schaute zu mir, ob ich da bin. »Nein, das glaube ich nicht«, dachte ich. »Er meint bestimmt jemand anderen.« Er kam näher und blieb bei einer Dame vor mir stehen. »Ah ja, die hat er gemeint.« Dann kam er auf mich zu, schaute mich mit seinen tiefen braunen Augen an und fragte: »Warum
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