Ann Pearlman
Monat ist ihre Freundin Mia gestorben. Ein Alptraum, der immer wiederkehrt – und es gibt kein Erwachen. Nur eine endlose Reihe von Verlusten.
»Troy«, sage ich, »wegen Sky brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Ich kümmere mich um sie, und die Crew wird mich dabei unterstützen. Wenn sie sich für irgendwas wirklich einsetzen, dann für die Familie. Familie ist alles. Wir werden Sky und Rachel einfach in die Crew aufnehmen und ihnen helfen, das zu überstehen.« Abgesehen von T-Bone trifft das auf alle zu. Aber T-Bone interessiert sich ausschließlich für T-Bone. Und für die Frauen, die sich ihm an den Hals werfen. »Außerdem hat sie Mom und ihre Freunde. Eine riesige Großfamilie.«
»Genau das wollte ich hören«, sagt er, und erst jetzt weiß ich, dass er wach ist und mich gehört hat.
»Aber du musst kämpfen, dich auf deine Stärke besinnen. Sie visualisieren.« Ich bin zu jung für so was. Normalerweise denke ich, dass ich mit allem umgehen kann, aber für das hier bin ich einfach zu jung. »Ich liebe dich so. Ohne dich wäre ich in meiner Familie rettungslos untergegangen.« Jetzt laufen mir Tränen übers Gesicht, aber ich möchte nicht, dass Troy mich weinen sieht. Obwohl – warum eigentlich nicht? Er muss wissen, dass er geliebt wird. »Du weißt, wie wichtig du für uns alle bist, ja?«
»Hey, denk mal dran, wie wichtig ich für mich selbst bin.« Seine Stimme erstirbt, als würde er wieder einschlafen. Aber dann regt er sich wieder und sagt: »Ich würde mich selbst auch sehr vermissen.«
Ich verbringe den Tag mit Rachel und Levy, während die Crew für das Konzert aufbaut. Sky und Troy haben in Venice eine Wohnung gemietet, direkt am Strand, von ihrem Fenster aus kann man das Meer sehen. Die Wohnung erstreckt sich über den ersten und zweiten Stock. Ich gehe mit den Kindern an den Strand, wir laufen durch den Sand und spüren das Wasser an unseren Füßen. Für Rachel ist das alles selbstverständlich, sozusagen ihr Vorgarten, aber Levy sieht das Meer zum ersten Mal. Ich zeige ihm, dass das Wasser salzig ist, und sage, dass das Meer bis nach China reicht – so groß ist es. Als wir am Wasser entlangschlendern, bemerkt Levy plötzlich meine Fußspuren im nassen Sand. »Schau mal«, ruft er, »du machst Abdrücke!«
»Jep, du auch«, antworte ich und deute auf seine kleinen Spuren. Runde Zehen hat er, wie Aaron.
»Wie geht das denn?«
»Beim Gehen drückst du den Sand runter«, erkläre ich ihm.
Er presst einen Fuß in den Sand und hebt ihn dann behutsam wieder an. Rachel macht es ihm nach. Im Weitergehen schaut er sich um und betrachtet das Muster, das unsere Schritte hinterlassen haben, Beweise dafür, dass wir über den Strand marschiert sind. Dann bleibt er plötzlich stehen. »Schau mal, was in meinem Fuß ist, Mom.« Im Ballen seines Abdrucks steckt ein Stein im Sand. Er bückt sich, hebt ihn auf und gibt ihn mir.
»Oh, er sieht aus wie ein Herz und ist auch noch dunkelrot.«
Er lächelt mich an, und ich will ihm den Stein zurückgeben.
»Nein, der ist für dich, Mommy. Mein Fuß hat ihn für dich gefunden.«
Als wir zurückgehen, hat die Flut unsere Spuren weggewaschen. »Wo sind sie denn jetzt?«, fragt Levy.
»Da«, antwortet Rachel und zeigt aufs Meer hinaus.
»Eine Welle hat den Sand wieder neu gemacht«, füge ich hinzu.
Erst verzieht Levy den Mund, aber dann lächelt er. »Jetzt lauf ich im Wasser«, verkündet er und lacht.
Ständig hinterlassen wir neue Fußspuren. Mir geht nicht aus dem Kopf, was Troy zuletzt gesagt hat. Ich stelle mir vor, wie er lacht. Ich stelle mir vor, wie er sich aufsetzt und sein Frühstück isst. Sky habe ich immer noch nicht gesehen, aber Mom habe ich kurz umarmt. Sie meinte, dass sie versuchen will, zum Konzert zu kommen, wenn es Troy ein bisschen bessergeht. Sonst möchte sie lieber bei Sky bleiben.
»Das verstehe ich.«
Natürlich verstehe ich es. Diesmal würde ich genau das Gleiche tun. Troys Krankheit und Sky zu unterstützen ist viel wichtiger als das wichtigste Konzert, auch wenn es der Höhepunkt all der Stunden und Jahre ist, die ich Unterricht genommen und geübt habe. Der Lohn für Specials und meine Arbeit. Aber es wird andere Konzerte geben, vielleicht sogar noch größere. Andererseits – wer weiß? Vielleicht werde ich morgen von einem Bus überfahren, und dann hat Mom mich nie bei einem Konzert gesehen. Und Troy wird gesund werden.
Wir gehen die Uferpromenade entlang, die auf der einen Seite von Palmen und auf
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