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Ann Pearlman

Ann Pearlman

Titel: Ann Pearlman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Apfelblüten im August
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der anderen von Läden mit Strandsachen, T-Shirts, medizinischem Marihuana und Tattoos gesäumt ist. Ein Mann mit einem grünen Hut trägt ein Schild, auf dem steht: »Bester Pichler der Welt – Lieder und Witze« . Kurz darauf begegnen wir einem anderen, der ein Stück Pappe hochhält. »Tritt in den Hintern: 1 Dollar. Nehme gern auch EssenGrasBier« ist mit Edding darauf gemalt. Wir gehen in ein Restaurant mit einer roten Markise. Es heißt Small World Books and Sidewalk Café. Die Kids tunken Maischips in milde Salsa und hinterlassen Kleckse auf dem Tisch. Einmal springt Rachel auf, weil neben uns ein Baby seinen Schnuller fallen lässt. Beinahe feierlich und so, dass sie den Sauger nicht berührt, gibt sie ihn dem Kleinen zurück.
    »Du bist so ein liebes Mädchen«, sage ich zu ihr, als sie wieder auf ihren Stuhl klettert.
    »Dang sön«, sagt sie.
    »Danke schön, hat sie gesagt«, übersetzt Levy.
    Anfangs habe ich kein Wort von Rachel verstanden, und Levy musste ständig für mich übersetzen. Inzwischen habe ich ihre Aussprache begriffen, aber Levy macht es immer noch Spaß, mir zu helfen. Rachel sieht mich an und beißt in ihren Hamburger. Sie ist sehr feinfühlig und behutsam, ganz anders als Levy, der eher nach dem Motto handelt: »Das ist die Welt, her damit!«
    Vor dem Restaurant singt ein weißer Typ mit schwarzem T-Shirt und Panamahut Billy-Joel-Songs zu seiner eigenen leichthändigen Keyboard-Begleitung und entlockt den Texten eine erstaunliche Traurigkeit. Mit seiner Stimme zieht er trotz Wind und Wellenrauschen viel Aufmerksamkeit auf sich – ein attraktiver Mann, um die vierzig, den man eher als Alleinunterhalter in einer schicken Pianobar oder einem gehobenen Restaurant erwarten würde. Als er seinen Hut herumgehen lässt, gebe ich ihm fünf Dollar, und er nickt uns zu.
    Nach ihm nimmt eine Frau mit grauem Pferdeschwanz an einem klapprigen Klavier Platz, krempelt die Ärmel ihres violetten Schlabbershirts hoch und beginnt, ein Stück von Chopin zu spielen, makellos, das gleiche, das ich bei meinem letzten Klavierkonzert fürs Highschool-Orchester zum Besten gegeben habe. Hin und wieder neigt sie den Kopf, als lauschte sie ihren eigenen Tönen. Ihr Gesicht ist faltig, mit einer markanten Nase. Gespannt warte ich, wie sie die Stelle meistert, mit der ich lange zu kämpfen hatte. Aber ihre Finger gleiten auch hier mühelos über die Tasten.
    Ich beobachte sie und fröstle plötzlich.
    Aus dem Nichts ist ein Wind aufgekommen. Die Palmwedel rasseln wie Klapperschlangen.
    Auf dem Rückweg zu Skys Wohnung kaufe ich orangefarbenen Lidschatten und schminke mir damit vor dem Konzert die eine Gesichtshälfte.
    »Warum denn ausgerechnet orange?«, fragt Special.
    »Das ist für Troy. Für Troy und Sky.«
    »Ich hab den ganzen Tag an ihn gedacht.« Er sieht mich stirnrunzelnd an.
    »Sky und ich sind die Orangen-Schwestern. Ich erzähl dir die Geschichte später.«
    Als ich ihm einen Blick zuwerfe, sagt er noch: »Dieses Konzert. Ich meine, wir sind aus Detroit, und hier ist L. A. Keine Ahnung, wie das wird.«
    Ich schlüpfe in das schwarze, paillettenbesetzte Tank Top mit den Spaghettiträgern. Dazu Jeans. Und silberne Stilettos. »Ich glaube, der neue Song schlägt die Brücke«, erwidere ich, während ich mir eine Haarsträhne über ein Auge ziehe.
    »Wow, du siehst heiß aus.« Special nickt mir zu, mit unverkennbar sexuellem Interesse.
    Ich sehe nach den Kindern. Beide schlafen friedlich auf der Couch in der Garderobe. Levy hat den Arm über Rachel gelegt, als wollte er sie beschützen.
    Ehe wir anfangen, linse ich durch den Vorhang. Das Licht ist noch an, und ich sehe fünf leere Plätze in der ersten Reihe. Fünf Plätze für Mom, Sky, Troy, Allie und Sissy. Keiner von ihnen ist gekommen.
    Na schön. Ich hab es nicht anders erwartet, ich weiß ja, dass Mom heute Abend bei Sky und Troy sein muss. Das ist im Moment das Wichtigste. Bloß nicht runterziehen lassen, sage ich mir. Das ist deine größte Show, also mach was draus. Hier geht es um dich und Special und um dein Leben. Du hast deine Musik . Ich straffe die Schultern. Ich muss tun, was ich tun muss .
    Und dann entdecke ich Allie. Sie ist eine von Moms Freundinnen, die, zu der ich den engsten Kontakt habe und die mich und Aaron von Anfang an unterstützt hat. Sie hat die Haare aufgeplustert, trägt Jeans mit Strasssteinchen auf den Gesäßtaschen und eins von ihren verrückten Batiktops. Offensichtlich möchte sie hip aussehen, nur machen ihre

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