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Ann Pearlman

Ann Pearlman

Titel: Ann Pearlman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Apfelblüten im August
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es damals und weiß es heute. Schade, dass mein Leben nicht mit mehr Spaß, Liebe und Ruhe begonnen hat. Mit all den guten Sachen. Bei Levy versuche ich es anders zu machen.
    Sky legte sich auf den Boden und sagte: »Schau dir mal die Sterne an.«
    Da kein Mond schien, war der Sternenhimmel so üppig und so hell, wie es über einer Großstadt eben möglich ist. Ich kuschelte mich dicht an meine Schwester. »Du hast so ein Glück«, sagte ich. »Du bist hübsch und hast coole Freundinnen und darfst zu Partys und überhaupt alles tun, was du willst. Sogar bei Freundinnen übernachten. Ich darf gar nichts. Alle kommandieren mich nur rum. Ich hasse hasse hasse es, die Jüngste zu sein.«
    »Wenn du so alt bist wie ich, darfst du das alles auch.«
    »Ich wollte, Mom würde noch ein Baby kriegen. Dann wäre ich die große Schwester.«
    Wir starrten hinauf zu den Sternen. In der Ferne bellte ein Hund.
    »Soll ich dir ein Geheimnis verraten? Ein ganz großes Geheimnis, das ich noch nie jemandem erzählt habe?«
    »Ein Geheimnis?«
    »Du verrätst es doch keinem, ja?« Sie flüsterte im Dunklen, und die Worte wurden immer leiser, je wichtiger sie waren.
    »Versprochen.«
    »Ich wünschte, mein Dad wäre noch am Leben, selbst wenn er so unzuverlässig wäre wie deiner. Selbst wenn er untreu wäre und sich die ganze Zeit mit Mom streiten würde. Ich finde, du bist die, die Glück hat.«
    Unwillkürlich hielt ich die Luft an. Und dachte über ihr Geständnis nach.
    »Sag Mom bloß nichts davon.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Niemals, ich schwör’s.« So lagen wir auf dem Hügel und sahen hinauf zu den Sternen, die glitzerten wie Pailletten. Die harten Rillen, die vom Schlittenfahren zurückgeblieben waren, drückten sich in unseren Rücken. »Ich liebe dich, Sky.«
    »Wahrscheinlich wirst du die Jüngste bleiben, und ich kriege meinen Dad niemals zurück. Ende, aus. Das ist so unfair.«
    »Ja.«
    »Total unfair«, wiederholte sie.
    »Wollen wir die ganze Nacht hier bleiben und warten, bis die Sonne aufgeht?«, fragte ich.
    Sky überlegte. Ein Nachtspaziergang war unglaublich spannend, und jetzt, wo ich hier war, wollte ich es bis zum Letzten auskosten. Wenn ich in Skys Alter gewesen wäre, hätte ich keine Sekunde gezögert, aber sie meinte schließlich: »Mom kommt bestimmt bald nach Hause. Sie würde sich Sorgen machen.«
    Plötzlich senkte sich der große Himmel auf mich herab, und mir wurde eng ums Herz. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass mein Dad sich Sorgen um mich machte. Aber Sky wusste, dass ihr Dad sie liebte. Ich hätte gern mit ihr getauscht.
    Aber dann erschien plötzlich dieses Licht, ein gelb-orange-rotes Feuer in der Dunkelheit. »Schau«, sagte ich. »Was ist das? Wo kommt das her?«
    »Keine Ahnung«, antwortete Sky. »Muss wohl irgendeine Reflexion sein.«
    »Es ist auf deinen Haaren«, rief ich. »Deine Haare brennen!«
    Lachend schlug Sky sich auf den Kopf. Dann deutete sie auf mich. »Auf deiner Nase ist ein Lichtstreifen. Guck mal, deine eine Hälfte ist orange. Wie Kriegsbemalung an Halloween. Schade, dass du nicht siehst, wie hübsch du ausschaust.«
    »Du auch.«
    Wir ließen unsere Hände durch die Lichtflecken tanzen und sahen zu, wie sie aufflammten, wie die Farben sich änderten und über unsere Finger flackerten.
    »Ich mag dein orangenes Auge und deine orangene Backe.«
    »Siehst du«, rief ich. »Wünsche werden nämlich doch wahr. Jetzt haben wir unseren Sonnenaufgang mitten in der Nacht. Vielleicht nennt man den Berg deshalb Magic Mountain, weil er wirklich ein Zauberberg ist.«
    Wie Sky so dasaß, die Arme um die Knie geschlungen, sah sie genau aus wie Mom, nur ein bisschen kleiner.
    Ich berührte ihre hell erleuchteten Haare, und meine Hand glühte.
    »Wir sind orange Schwestern!«, rief ich lachend.
    »Die Orangen-Schwestern«, sagten wir wie aus einem Mund und klatschten uns ab.
    Als wir heimkamen, war Mom noch nicht da, und Dad hatte weder angerufen, noch war er gekommen, um mich zu holen. Genau genommen vergaß er mich den ganzen Rest des Jahres. Vielleicht auch noch das Jahr danach.
    Aber ich habe Skys Geheimnis nie jemandem verraten.
    Jetzt sehe ich Troy an, der wieder eingeschlafen zu sein scheint oder sich vielleicht ausruht, ehe er den nächsten Satz hervorhustet. Mir ist klar, wie schlimm es für Sky wäre, wenn er sterben würde. Das weiß ich besser als sonst jemand. Es ist ja, als läge ein Fluch auf ihrem Leben, und ihre Kindheitstragödie würde sich wiederholen. Letzten

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