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Ann Pearlman

Ann Pearlman

Titel: Ann Pearlman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Apfelblüten im August
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Neben dem, das ich zuerst gesehen habe, steht eines, auf dem sämtliche Schattierungen der Farbe Blau eingefangen zu sein scheinen, in ineinander verschlungenen, wirbelnden Spiralen, als wollte der Himmel die Sonne gebären. Auf dem Flug in eine andere Welt berührt ein weißer Taubenflügel die Ecke des Gemäldes.
    »David? David?«, höre ich Allies Stimme. Als wir aus der Studiotür spähen, entdecken wir Allie mit Rachel an der Hand, dahinter Tara, Levy und Smoke. Happy Buddha stupst Levy mit der Nase in den Rücken, als wollte er ihn zu David treiben. Diese fremden Menschen sind Eindringlinge auf seiner Wiese.
    Sie betreten das Studio, Rachel rennt zu mir, und ich nehme sie hoch und küsse sie, während die anderen sich umschauen. David und Allie haben die gleichen strahlenden Augen, nur sind Davids noch ein bisschen dunkler und intensiver. Auch ihre Arme und der Oberkörper sind gleich proportioniert, Hände und Unterarme beinahe identisch, obwohl David größer ist. Ich frage mich, ob Tara und ich uns auch in Aspekten ähneln, die ich nie wahrgenommen habe, weil ich mich immer viel zu sehr auf unsere Unterschiede konzentriere.
    Zusammen mit Tara sehe ich mir Davids Bilder an, die gegenüber von den Pinseln an der Wand lehnen. Wir blättern uns durch die Jahreszeiten. Der Schnee auf dem Berg wird höher, Adler sind auf der Jagd, glitzernder Hagel prasselt auf den Boden, schließlich werden Zweige und Knospen wiedergeboren. Und natürlich Menschen, verwitterte Gesichter, die ich nicht kenne, Allie, die lächelt, Allies Töchter.
    »Verkaufst du die?«, fragt Tara.
    »Gelegentlich. Manchmal in Santa Fe, manchmal in New York, manchmal gar nicht.« Dann lacht er wieder mit diesem seltsam hohlen Nachhall.
    »Ende der Achtziger, damals, als es in Soho richtig losging mit der Kunst, war David sehr erfolgreich«, erzählt Allie. »Er hat genug Geld gemacht, dass er das Land hier kaufen und das Haus bauen konnte – größtenteils mit seinen eigenen Händen.«
    »Ich hatte die Nase voll von den Zwängen des Markts, von den ganzen mehr oder weniger subtilen Bemerkungen der Galeristen, die eine ganz bestimmte Art Gemälde haben wollen, weil sie sich verkauft. Ich hab das Malen geliebt, einfach das Malen. Malen und Dinge herstellen. Ein Künstler findet seine Vision, findet seine Stimme und kommuniziert damit, ganz gleich ob sie gehört wird oder nicht. Jetzt male ich nur noch, was ich will und wann ich will. Ich schnitze und mache Pinsel oder hebe einen Koi-Teich aus oder pflanze eine Weide, wenn ich Lust dazu habe. Oder ich mache mit Mohammed und Happy Buddha eine Wanderung.« David deutet durchs Fenster auf den schneebedeckten Berg.
    Tara ist ungeschminkt, und ich bemerke gelbe Sprenkel im Braun ihrer Augen. Sie hält den Kopf schief, eine Geste, die zeigt, dass sie aufmerksam zuhört. Dann suchen ihre Augen die von Aaron, der sie schon vorher beobachtet hat. Als ihre Blicke sich begegnen, huscht ein kleines Lächeln zwischen ihnen hin und her, und Tara geht näher zu ihm und Levy.
    »David«, sagt Allie fast tadelnd und runzelt die Stirn.
    »Ich zeige den Leuten gern, wie ich diese Welt sehe. Das erkennt man auf meinen Bildern. Wie alles miteinander verbunden ist.«
    Smoke geht zu der Wand, an der die Pinsel hängen, und beginnt Fragen zu stellen, wie lange die Holzstiele trocknen müssen, welchen Kleber David benutzt, um die Borsten am Griff zu befestigen. Manchmal werden sie umwickelt, manchmal hämmert David aus verschiedenen Metallarten kleine Hüllen. Da auch Smoke seine Trommeln selbst baut, verwickeln sich die beiden in eine Diskussion über Vor- und Nachteile diverser Tierhäute.
    Ich lausche den Gesprächen über Prozesse, die ich immer für selbstverständlich genommen habe. Dinge werden gemacht, und man kauft sie in einem Laden. In Plastik verpacktes Essen, Klamotten, die an Ständern hängen, fertig und bereit, gekauft zu werden. Zu meinem Lebensstil gehört es, aufmerksam zu sein bei dem, was ich kaufe. Angemessene Arbeitskleidung. Angemessene Partykleidung. Gemütliche, praktische und pflegeleichte Möbel, auf denen man die Abdrücke von klebrigen Kinderhänden nicht so sieht. Seltsam eigentlich, dass ich nie darüber nachgedacht habe, wie das alles hergestellt wird, denn Mom hat Ketten und Pflanzenampeln aus Makramee gemacht und auf Kunsthandwerksmärkten verkauft. Aber David macht Kunst, weil er muss, genauso wie Tara Musik machen muss. Und Smoke ist eine Kombination von beiden.
    Mohammed und Happy

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