Ann Pearlman
absichern und Larry einen guten Teil managen lassen. Denk nicht, ich wäre undankbar. Troy hat alle wie Menschen behandelt, er hat sich um seine Leute gekümmert.«
Ich habe das Glück, dass ich Troy gekannt habe, ich habe das Glück, dass er mich geliebt hat.
Als wir aufbrechen, geht David noch einmal in sein Studio zurück und holt das Himmelsbild. »Das brauchst du jetzt«, sagt er. »Denk an die Unendlichkeit des Augenblicks in diesem kleinen Rechteck.« Damit überreicht er mir das Gemälde und schaut zu, wie ich es hinten im Möbelwagen verstaue.
»Denk dran zu fliegen, Sky. Flieg.«
Ich bekomme eine Gänsehaut. Woher hat David gewusst, dass es darum geht?
Er winkt uns nach, als wir losfahren. Misty sitzt neben ihm. Mija trabt ein Stück neben uns her und begleitet uns zur Straße hinunter.
10
Leicht angeschlagen
Sky
E s gibt kein Warum, es gibt keine Gerechtigkeit … wir haben alle das Glück, dass wir hier geboren sind, das Glück, dass wir diesen Tag, diesen Atemzug geschenkt bekommen . Davids seltsame Stimme geht mir nicht mehr aus dem Kopf, als ich mit Smoke nach Oklahoma City fahre. Die Berge werden kleiner, nun gibt es wieder vertraute Ebenen, unterbrochen von sanften Hügeln. Riesige Gummifetzen liegen auf der Straße. Wir haben sie schon auf der Route 40 gesehen, große Stücke von explodierten Reifen, noch gebogen und mit erkennbarem Profil, meistens auf dem Seitenstreifen, aber manchmal müssen wir auch um sie herumfahren, weil sie mitten auf der Fahrbahn gelandet sind und uns ihre teerigen Klauen entgegenstrecken.
Ich denke nach über das Glück, geboren zu sein, aus dem Kosmos geholt, mit Augen zum Sehen und Nerven zum Fühlen und Ohren zum Hören. Mit unseren Sinnen. Unserem Atem. Wie beharrlich unsere Lungen arbeiten, wie lebenswichtig sie für uns sind, vom ersten bis zum letzten Atemzug. Ich erinnere mich an die ungeheure Freude bei Rachels erstem Schrei und sehe Rachel wieder am Pool liegen, leblos, ohne Atem, ein Bild, das seither unzählige Male vor meinem inneren Auge erschienen ist.
Aber wir sind gierig. Ich bin gierig. Ich will mehr. Ich will alles, was ich mir gewünscht und womit ich fest gerechnet habe. Häuser, Jobs und Erfolg. Menschen. Troy. Rachel. Ich bin dankbar für das Leben, aber ich gehe selbstverständlich davon aus, dass ich belohnt werde. Ich weiß meine Atemzüge nicht zu schätzen, mein Einatmen und mein Ausatmen.
Verlust führt zu Verbitterung. Und die Dankbarkeit für das Leben verwandelt sich in Selbstsucht.
Draußen wird es grüner. Als wir die Ebenen von Texas erreichen, verschwindet das Grün wieder.
Keine Farmen. Verstreut ein paar Rinder auf den trockenen, versteppten Wiesen. Werbetafeln für Strip-Clubs an jeder Ausfahrt.
Ich versuche positiv zu bleiben, versuche das Bild von Troy aufzuhalten, das vor meinen Augen verblasst. Die scharfen Spitzen der Windräder drehen sich, die Flügel schneiden durch die Luft. Ich kann sie nicht hören, weil die Reifen des Möbelwagens auf der unebenen Straße so laut surren.
Nicht einmal Smoke ist ein Trost. Die Fahrt ist lang, und er wollte Hilfe. Bei Santa Rosa nehmen wir die 40 direkt nach Osten, durch Amarillo nach Oklahoma City. Dort gibt es ein Konzert, am nächsten Tag sind wir dann unterwegs nach Memphis. Zwei Tage in Memphis. Jetzt kenne ich die Route für den langen Weg nach Hause.
Wir kommen an einer schwarzen Plakattafel vorbei, die in weißen Lettern verkündet: Die Hölle ist real . Nur das H der Hölle ist leuchtend rot.
Ewig könnte ich so auf dieser Straße fahren, dieser Oase außerhalb des Lebens. Ich möchte mich treiben lassen, planlos, ohne Verpflichtungen oder Termine. So ein Unterschied zu meinem Leben vor einem Monat. Es liegt eine Ironie darin, zu beobachten, wie Tara, Aaron, Smoke, Red Dog und T-Bone von einem Termin zum nächsten eilen, während ich mit meinen Habseligkeiten in diesem Laster durchs Land fahre.
Rachel sitzt in dem Auto vor mir, das schneller ist als wir, und sie entfernt sich von mir. Wenn ich daran denke, wie sie mit Tara und Allie lacht und mit Levy kuschelt, fühle ich mich noch einsamer.
Smoke hat die Straße fest im Blick. Vielleicht denkt er gerade darüber nach, wie er mit den Tricks, die David ihm über Ziegenfell und Holz erklärt hat, eine Trommel bauen kann. Er beugt die Finger, als wären sie müde vom imaginären Trom meln. Auf den Handflächen und sogar den Fingerspitzen hat er Schwielen, und ich frage mich, ob er da überhaupt noch etwas
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