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Anna, die Schule und der liebe Gott

Anna, die Schule und der liebe Gott

Titel: Anna, die Schule und der liebe Gott Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard David Precht
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in Mathematik auf höheren Stufen bis zu einem künstlerischen oder musischen Projekt reichen. In jedem Fall sollte es Kreativität und Eigensinn dokumentieren. Das Zeugnis bestünde dann aus beidem, einer Gesamtbegutachtung und einer Projektbegutachtung (wie es zum Beispiel in Dänemark praktiziert wird).
    Für die Bewerbung an einer Universität ist ein derartiges Zeugnis ebenso ein Gewinn wie für eine Tischlerlehre oder eine Ausbildung zum Krankenpfleger. Die Universitäten bekommen nun bereits einen differenzierten Eindruck.
    Es steht zu erwarten, dass der Numerus clausus – die albernste Erfindung, seit es Universitäten gibt – sicher bald verschwinden wird. Inwiefern befähigt es einen jungen Menschen zum Medizinstudium, dass er in jedem Fach eine Eins auf dem Zeugnis stehen hat? Verrät uns das etwas über sein Empathievermögen und sein Geschick, mit Tupfer und Skalpell umzugehen? Und mag nicht ein anderer, mit schlechteren Zeugnisnoten in Französisch und Physik, ein sehr viel besserer Helfer der Menschheit sein? Der Numerus clausus ist und war eine Verlegenheitslösung, da man den Andrang an den Universitäten für bestimmte Fächer abwehren musste. Wenn aber in Zukunft bessere Auskünfte über etwaige Studenten bereitstehen, wird er so überflüssig werden wie die Ziffern-Zensur.
    Für die Berufswelt sind Ziffern-Zensuren auf dem Abiturzeugnis ohnehin von keiner Bedeutung. Hier zählen Qualitäten wie Führungsstärke, Begeisterungsfähigkeit, Teamgeist, Flexibilität oder die Fähigkeit, andere mitzureißen, von denen ein herkömmliches Zeugnis nichts weiß. Sie aber sind, neben Glück und Beziehungen, die Schlüsselkriterien für den beruflichen Erfolg.
    115 Kerschensteiner (2010), S. 19
    116 Vgl. Riegel (2011), S. 93 ff.
    117 Wie viel Rendite bringt ein Kind? Siehe: www.forumbildung.ch
    118 Zitiert nach Reinhard Kahl: www.adz-netzwerk.de/voellig-grammatikfrei.php
    119 Ebd.
    120 Sußebach (2011)
    121
    122 Struck (2011), S. 172
    123 Khan (2012), S. 199 f.
    124 Die Anfrage an die Ministerin in NRW und deren Antwort findet sich auf: www.tesselt.de/burnout.htm
    125 Siehe: www2.mutlu.de/uploads/ka16_10734.pdf
    126 Vgl. dazu Kegler (2009), S. 207 – 218
    127 Ebd., S. 213

Bessere Schulen
    You see things; and you say, » Why?«
    But I dream things that never were; and I say, » Why not? «
    George Bernard Shaw
    Eine optimale Schule?
    Gibt es eine optimale Schule? Natürlich nicht! Denn eine optimale Schule wäre eine Schule, die von jedem Lehrer und jedem Schüler als optimal empfunden wird. Doch wo immer es um die Empfindungen von Menschen geht, gibt es nichts, das für alle zu jeder Zeit optimal ist.
    Das Ziel ist keine optimale Schule. Aber nach all dem, was wir aus der Hirnforschung, der Entwicklungs- und der Lernpsychologie wissen, kann man von einem » gehirngerechteren Lernen « ausgehen und einem, das den Spielregeln des nachhaltigen Lernens widerspricht. Da die Gehirne von Menschen nicht gleich sind, existieren auch hier keine Patentrezepte. Aber es sind durchaus klare Tendenzen zu erkennen.
    Was also wäre eine gute Schule? Und wie können wir unsere Schulen besser machen? Das Leistungsniveau steigern bedeutet vor allem eines: Nicht schneller lernen und nicht mehr Schulstoff, sondern langsamer lernen, tiefer, eindringlicher, und in jenen Wissensgebieten, die dafür geeignet sind, individueller.
    Gutes Lernen, so könnte man sagen, ist wie guter Sex: Nicht auf die Athletik kommt es an, auf Tempo und Frequenz, sondern auf die Eindringlichkeit, die individuelle Variation und den nachhaltigen positiven Effekt auf unsere Psyche. Der Vergleich ist schon deshalb nicht weit hergeholt, weil es sich bei allen Erregungen unseres Gemüts immer um das gleiche Belohnungszentrum handelt, das ein jedes Mal (mit leichten Unterschieden in den chemischen Cocktails) aktiviert wird.
    Man stelle sich eine Schule vor, bei der unsere Kinder und Jugendlichen tatsächlich nachhaltig lernen. Eine Schule, bei der man nicht von 100 Prozent Wissensstoff ein paar Jahre später noch ein Prozent in Erinnerung hat. Eine Schule, in der man so lernt, dass man statt losen Brocken und toten Phrasen tatsächlich viele Zusammenhänge behält. Eine Schule, bei der man von der Hälfte des bisherigen Stoffs noch mindestens 10 Prozent so entsinnt, dass es Teil der eigenen Bildungsbiografie geworden ist. Es geht um mehr Qualität bei weniger Quantität und um mehr Nachhaltigkeit statt Kurzfristigkeit. Kurz: Es geht um ein höheres

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