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Anna im blutroten Kleid: Roman (German Edition)

Anna im blutroten Kleid: Roman (German Edition)

Titel: Anna im blutroten Kleid: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendare Blake
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Schwärmerei gestürzt hat, in der ich der große starke Geisterjäger bin und sie das Mädchen, das immer gerettet werden muss.
    Aber nein. Es war dumm, so etwas überhaupt zu denken. Sie blickt nicht einmal mich an, sondern Thomas.
    »Ich bin nicht sicher. Vielleicht noch eine Weile.«
    »Gut«, sagt sie lächelnd. »Falls du es nicht bemerkt hast, Thomas wird dich sehr vermissen, wenn du weggehst.«
    »Vielleicht findet er jemanden, der ihm Gesellschaft leisten kann«, erwidere ich und sehe sie an. Einen Moment lang liegt etwas in der Luft, ein gewisses Einvernehmen, und dann klingelt hinter uns die Türglocke, und ich weiß, dass Will gekommen ist. Hoffentlich ohne Chase.
    Ich drehe mich um, und mein Wunsch geht in Erfüllung. Will ist allein. Er sieht tierisch genervt aus. Die Hände in die Hosentaschen geschoben, marschiert er auf uns zu und starrt die Antiquitäten an.
    »Wie war das jetzt mit diesem Zauberspruch?«, fragt er. Ich erkenne, wie schwer es ihm fällt, das Wort
»Zauberspruch« in den Mund zu nehmen. Jemand wie er sagt so etwas nicht. Er ist der Logik verpflichtet und völlig im Einklang mit der praktischen Welt der Lebenden.
    »Wir brauchen vier Leute, um einen bindenden Kreis zu wirken«, erkläre ich. Thomas und Carmel kommen näher. »Ursprünglich sollte Thomas allein einen schützenden Kreis im Haus aufbauen, aber da Anna ihn in Stücke reißen würde, brauchen wir einen anderen Plan.«
    Will nickt. »Was tun wir dann?«
    »Wir üben es jetzt erst einmal.«
    »Üben?«
    »Oder willst du im Haus einen Fehler machen?«, frage ich, worauf Will den Mund hält.
    Thomas starrt mich an, bis ich ihm zunicke. Dies ist seine Show. Eine Kopie des Spruchs habe ich ihm schon zukommen lassen. Er weiß, was jetzt zu tun ist.
    Er schüttelt den Kopf, um zu sich zu kommen, und nimmt die Notizen von der Theke. Dann geht er um uns herum, fasst uns an den Schultern und bugsiert uns auf unsere Positionen.
    »Cas ist im Westen, wo die Dinge enden. Außerdem betritt er so als Erster das Haus. Das ist besser, falls etwas nicht funktioniert.« Er schiebt mich nach Westen. »Carmel, du bist im Norden.« Vorsichtig fasst er sie an den Schultern. »Ich bin im Osten, wo die Dinge beginnen. Will, du übernimmst den Süden.« Er nimmt seinen eigenen Platz ein und liest, sicher zum hundertsten Mal, die Anweisungen durch. »Wir formen
den Kreis schon in der Zufahrt, legen die dreizehn Steine aus und nehmen unsere Positionen ein. Cas’ Mom gibt uns Beutel mit Kräutern, die wir uns um den Hals hängen können. Es ist eine Mischung schützender Pflanzen. Die Kerzen zünden wir von Osten aus gegen den Uhrzeigersinn an. Dabei rezitieren wir das hier.« Er gibt Carmel ein Blatt. Sie liest es, verzieht das Gesicht und gibt es an Will weiter.
    »Verdammt, ist das dein Ernst?«
    Ich streite mich nicht mit ihm. Die Sprüche kommen mir selbst dumm vor. Ich weiß genau, dass Magie etwas Reales ist und dass sie funktioniert, aber mir ist echt nicht klar, warum sie manchmal so bescheuert klingen muss.
    »Wir rezitieren den Spruch immer wieder, während wir ins Haus gehen. Der geweihte Kreis sollte uns folgen, auch wenn wir die Steine draußen lassen. Ich trage die Wahrsageschale. Wenn wir drinnen sind, fülle ich sie, und dann beginnen wir.«
    Carmel betrachtet das silberne Gefäß.
    »Was kippst du da rein?«, fragt sie. »Weihwasser oder so?«
    »Stilles Wasser. Wahrscheinlich Dasani«, erwidert Thomas.
    »Du vergisst den schwierigen Teil«, werfe ich ein. Alle sehen mich an. »Den Teil, wenn wir Anna in den Kreis lotsen und mit Hühnerkrallen nach ihr werfen.«
    »Ist das dein Ernst?«, stöhnt Will.
    »Wir werfen die Krallen nicht.« Thomas verdreht die Augen. »Wir legen sie in der Nähe auf den Boden.
Hühnerkrallen haben eine beruhigende Wirkung auf Geister.«
    »Das ist aber gar nicht der schwierigste Teil«, widerspricht Will. »Das Schwierigste wird sein, sie in den Kreis hineinzulotsen.«
    »Sobald sie drinnen ist, sind wir sicher. Ich kann dann hineingreifen und die Wahrsageschale benutzen, ohne etwas befürchten zu müssen. Aber wir dürfen den Kreis nicht brechen. Erst wenn der Spruch vorbei ist und sie geschwächt ist, dürfen wir ihn auflösen. Und selbst dann müssen wir wahrscheinlich blitzschnell aus dem Haus verschwinden.«
    »Spitze«, bemerkt Will. »Wir können alles üben, nur nicht den Teil, der uns möglicherweise umbringt.«
    »Mehr können wir jetzt nicht tun«, erkläre ich. »Also lasst uns singen.« Ich

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