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Anna im blutroten Kleid: Roman (German Edition)

Anna im blutroten Kleid: Roman (German Edition)

Titel: Anna im blutroten Kleid: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kendare Blake
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einnehmen. Zwei Gebisse knirschen und mahlen, ein blaues und ein braunes Auge starren mich an. Ich bin froh, dass ich dies tun konnte. Das unbehagliche, zwiespältige Gefühl, das ich hatte, als wir hereingekommen sind, ist verschwunden. Ob dieser Geist nun jemandem geschadet hat oder nicht, er hat sich jedenfalls selbst geschadet,
und wohin ich ihn auch sende, es muss besser sein als dies hier, weil er nicht mehr mit dem Menschen, den er am meisten hasst, in denselben Körper gesperrt sein wird, wo sie sich gegenseitig jeden Tag, jede Woche und jedes Jahr weiter und weiter in den Wahnsinn getrieben haben.
    Am Ende stehe ich allein mitten im Raum, und die letzten Rauchfäden steigen auf und lösen sich unter der Decke auf. Thomas, Carmel und Will kauern dicht beisammen und starren mich an. Der Cop und der Eisenbahner sind verschwunden, auch das Gewehr hat sich aufgelöst.
    »Das war …« Mehr bringt Thomas nicht heraus.
    »Das war das, was ich mache«, sage ich einfach und wünschte, ich wäre nicht ganz so außer Atem. »Und jetzt will ich keine Diskussionen mehr führen.«
     
    Vier Tage später sitze ich in der Küche auf der Anrichte und sehe meiner Mom zu, wie sie seltsam geformte Wurzeln wäscht. Sie schält sie, hackt sie klein und gibt sie zu den Kräutern, die wir heute Abend am Hals tragen werden.
    Heute Abend, endlich ist es so weit. Es kommt mir so vor, als habe es ewig gedauert, und dennoch wünschte ich, ich hätte noch einen weiteren Tag. Jeden Abend war ich auf Annas Zufahrt. Ich habe nur dort gestanden und nicht gewusst, was ich sagen sollte. Jeden Abend ist sie ans Fenster gekommen und hat zu mir herausgestarrt. Ich habe nicht viel geschlafen, was aber teilweise auch an den Albträumen liegt.
    Die Träume sind schlimmer geworden, seit wir in Thunder Bay sind. Der Zeitpunkt könnte kaum ungünstiger sein. Ich bin erschöpft, wenn ich eigentlich hellwach sein sollte, genau dann, wenn ich es mir am wenigsten leisten kann, unaufmerksam zu sein.
    Ich weiß gar nicht mehr, ob auch mein Dad Albträume hatte, aber er hätte es mir bestimmt sowieso nicht gesagt. Gideon hat nichts in der Art erwähnt, und ich habe nicht gefragt, weil ich Angst davor habe, ich könnte als Einziger betroffen sein. Das würde bedeuten, dass ich schwächer bin als meine Vorfahren. Dass ich nicht so stark bin, wie es alle von mir erwarten.
    Es ist immer der gleiche Traum. Eine Gestalt beugt sich über mich. Ich habe Angst, weiß aber auch, dass die Gestalt etwas mit mir zu tun hat. Ich glaube, es ist mein Vater.
    Aber es ist nicht wirklich mein Vater. Mein Vater ist weitergezogen. Mom und Gideon haben sich vergewissert. Sie haben sich lange in dem Haus in Baton Rouge aufgehalten, wo er ermordet wurde. Nächtelang haben sie Runen geworfen und Kerzen abgebrannt, bis er wirklich fort war. Ich konnte nicht erkennen, ob meine Mutter glücklich oder enttäuscht darüber war.
    Ich beobachte sie, während sie die verschiedenen Kräuter schnippelt und mahlt, abmisst und aus der Reibschale schüttet. Ihre Hände arbeiten schnell und sind ganz sauber. Sie musste bis zum letzten Augenblick warten, weil das Fünffingerkraut schwer zu finden
war und sie sich an einen Lieferanten wenden musste, den sie nicht kannte.
    »Wozu ist das Zeug überhaupt gut?«, frage ich und nehme einen Zweig in die Hand. Das Kraut ist getrocknet und grünbraun und erinnert ein wenig an Heu.
    »Es schützt vor jeglichen durch fünf Finger verursachten Verletzungen«, sagt sie abwesend. Dann hebt sie den Kopf. »Anna hat doch fünf Finger, oder?«
    »An jeder Hand«, antworte ich belustigt und lege das Kraut wieder weg.
    »Ich habe den Athame noch einmal gereinigt.« Sie gibt ein paar Späne Sternwurzel dazu, was angeblich Feinde auf Abstand halten soll. »Du wirst ihn brauchen. Nach allem, was ich über diesen Spruch weiß, wird er ihr sehr zusetzen. Du wirst deinen Job erledigen und tun können, wofür du hergekommen bist.«
    Mir fällt auf, dass sie nicht lächelt. Ich war in letzter Zeit viel unterwegs, aber sie kennt mich gut und bemerkt es, wenn etwas nicht stimmt. Normalerweise hat sie auch eine recht gute Vorstellung, worum es dabei geht. Sie sagt, Mütter seien eben so.
    »Was ist hier nicht im Lot, Cassio?«, sagt sie. »Was ist anders als sonst?«
    »Nichts. Nichts sollte anders sein. Sie ist nur gefährlicher als jeder andere Geist, den ich je gesehen habe. Vielleicht gefährlicher als jeder, den Dad je gesehen hat. Sie hat mehr Leute getötet und ist

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