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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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will es, nun also!‹ Und sie öffnete die Augen recht weit, in dem Wunsche, dadurch die Wirkung ihres Blickes zu verstärken.
     
    »Ja, diese Erwerbszweige ziehen alle Säfte und Kräfte an sich und verleihen dem nationalen Leben einen trügerischen Glanz«, murmelte er vor sich hin, indem er einen Augenblick aufhörte zu schreiben. Dann merkte er, daß Kitty ihn ansah und dabei lächelte; er sah sich um.
     
    »Was gibt es?« fragte er, gleichfalls lächelnd, und stand auf.
     
    ›Er hat sich wirklich umgesehen!‹ dachte sie.
     
    »Nichts, ich wollte nur, daß du dich umsehen möchtest«, antwortete sie. Sie blickte ihn dabei an und suchte zu erkennen, ob er darüber ärgerlich sei oder nicht, daß sie ihn gestört hatte.
     
    »Ach, wie wohl wir uns doch fühlen, nun wir beide wieder allein sind! Das heißt, ich meine, ich fühle mich wohl«, sagte er und trat zu ihr; sein ganzes Gesicht strahlte von einem glückseligen Lächeln.
     
    »Ich fühle mich auch so wohl! Ich fahre nirgends mehr hin, am wenigsten nach Moskau.«
     
    »Woran hast du denn eben gedacht?«
     
    »Ich? Ich dachte ... Nein, nein, geh nur und schreib weiter; laß dich nicht stören!« sagte sie, indem sie die Lippen streng zusammenzog. »Ich habe jetzt auch zu tun; ich muß diese Löchelchen ausschneiden, siehst du wohl?«
     
    Sie nahm die Schere und fing an auszuschneiden.
     
    »Nein, sag mir doch, woran du gedacht hast«, bat er, setzte sich zu ihr und verfolgte die kreisförmige Bewegung der kleinen Schere.
     
    »Ach, woran ich gedacht habe? Ich habe an Moskau gedacht, und an deinen Nacken habe ich gedacht.«
     
    »Wodurch habe ich es verdient, daß gerade mir ein solches Glück zugefallen ist? Es ist doch ordentlich unnatürlich. Es ist gar zu schön!« sagte er und küßte ihr die Hand.
     
    »Ich finde im Gegenteil, je schöner es ist, um so natürlicher ist es.«
     
    »Aber da hast du ja ein Zottelchen!« sagte er, behutsam ihren Kopf herumdrehend. »Ein Zottelchen! Sieh mal, hier! Aber nein, nein, wir wollen uns wieder an unsere Arbeit machen.«
     
    Aber die Arbeit wurde trotzdem nicht mehr fortgesetzt, und sie fuhren wie ertappte Sünder auseinander, als Kusma hereinkam, um zu melden, daß der Tee aufgetragen sei.
     
    »Ist der Bote schon aus der Stadt zurück?« fragte ihn Ljewin.
     
    »Diesen Augenblick ist er gekommen; er packt gerade die Sachen aus.«
     
    »Nun, dann komm nur recht bald«, sagte Kitty zu Ljewin, indem sie aus dem Zimmer ging. »Sonst lese ich die Briefe ohne dich. Und dann wollen wir vierhändig spielen.«
     
    Als er allein geblieben war, legte er seine Hefte in die neue Mappe, die Kitty für ihn gekauft hatte, und wusch sich die Hände in dem neuen Waschbecken mit dem neuen eleganten Zubehör; es waren das lauter Dinge, die mit ihr zusammen hier ihren Einzug gehalten hatten. Ljewin lächelte über die vergnügliche Empfindung, die er dabei hatte, und schüttelte mißbilligend über sie den Kopf; es quälte ihn ein Gefühl, das mit Reue einige Ähnlichkeit hatte. Seine jetzige Lebensweise wies eine Art von beschämender Verweichlichung auf, so etwas Kapaunisches, wie er selbst es zu nennen pflegte. ›Das ist nicht die richtige Lebensweise‹, dachte er. ›Es sind nun schon fast drei Monate vergangen, und ich habe so gut wie nichts getan. Heute ist es beinahe das erstemal gewesen, daß ich mich ernsthaft an die Arbeit gemacht habe, und was habe ich geschafft? Kaum daß ich angefangen hatte, habe ich die Arbeit auch schon wieder liegenlassen. Selbst meine gewohnte Tätigkeit – auch die habe ich fast ganz aufgegeben. In der Wirtschaft gehe und reite ich fast gar nicht mehr umher, bald weil es mir zu schwer wird, Kitty zu verlassen, bald weil ich sehe, daß es ihr ohne mich langweilig ist. Und ich hatte mir gedacht, das Leben vor der Verheiratung, das wäre nur so ein halbes Leben, kaum zu rechnen, und nach der Verheiratung, da finge erst das wahre Leben an. Und nun bin ich fast drei Monate verheiratet und habe noch nie die Zeit so müßig und nutzlos verbracht wie jetzt. Nein, so geht das nicht; ich muß wieder anfangen. Selbstverständlich, sie ist nicht schuld daran. Ihr kann ich keinen Vorwurf machen. Ich hätte selbst fester sein müssen, hätte meine Unabhängigkeit als Mann besser wahren sollen. So aber kann es leicht dahin kommen, daß ich sowohl mich selbst wie auch sie an dieses Leben gewöhne. Selbstverständlich, sie ist nicht schuld daran‹, sagte er zu sich selbst.
     
    Aber nur sehr

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