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Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition)

Titel: Anna Karenina - Vollständige Ausgabe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Tolstoi
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Platz nehmen, die dort eigens für solche Besucher des Bienengartens an gebracht waren, die sich vor den Bienen fürchteten, und ging selbst zur Einfriedigung hin, um für die Kinder und die Erwachsenen Brot, Gurken und frischen Honig zu holen.
     
    Indem er sich Mühe gab, sich möglichst ruhig und langsam zu bewegen, und nach den immer häufiger an ihm vorbeifliegenden Bienen hinhorchte, gelangte er auf dem Fußwege bis zu dem Blockhause. Dicht am Hausflur verwickelte sich eine Biene in seinem Bart und fing zornig zu summen an; aber er machte sie behutsam los.
     
    Nachdem er in den schattigen Flur getreten war, nahm er sein Netz von der Wand, das dort an einem Holzpflock hing, zog es über, steckte die Hände in die Taschen und ging in den eingefriedigten Bienenstand hinein, wo in regelmäßigen Reihen, mit Bast an Pfählen angebunden, mitten auf einem abgemähten Fleck die alten Bienenstöcke standen, die ihm alle wohlbekannt waren und von denen ein jeder seine besondere Geschichte hatte. An den Wänden des geflochtenen Zaunes entlang standen die jungen, erst in diesem Jahre aufgestellten Stöcke. Vor den Fluglöchern der Bienenstöcke flimmerten, teils umherschwirrend, teils an einer Stelle sich zusammendrängend, spielende Bienen und Drohnen, und zwischen ihnen hindurch flogen, alle in derselben Richtung nach dem Walde hin zu der blühenden Linde und zurück zu den Stöcken, die Arbeitsbienen, die einen mit Ladung heimkehrend, die anderen ausziehend, um Ladung zu holen.
     
    In den Ohren ertönten einem fortwährend eine Menge verschiedenartiger Geräusche, bald von den eifrigen, eilig vorbeifliegenden Arbeitsbienen, bald von den blasenden, müßigen Drohnen, bald von den aufgeregten Wächterbienen, die ihr Besitztum gegen Feinde zu verteidigen willens waren und sich fertigmachten zu stechen. Auf der anderen Seite des Zaunes schnitzte der alte Bienenwärter an einem Reifen, ohne Ljewin zu bemerken. Ljewin rief ihn nicht an und blieb in der Mitte des Bienenstandes stehen.
     
    Er freute sich über diese Gelegenheit, einen Augenblick allein zu sein, um sich von den Begebnissen der Wirklichkeit wieder zu sammeln, durch die seine gehobene Stimmung bereits wieder so stark herabgedrückt war.
     
    Er sagte sich, daß er sich inzwischen bereits über Iwan geärgert, sich gegen seinen Bruder kühl benommen und mit Katawasow in unüberlegter Weise zu reden angefangen hatte.
     
    ›Ist das wirklich nur eine augenblickliche Stimmung gewesen, die, ohne eine Spur zu hinterlassen, vorübergeht?‹ dachte er.
     
    Aber in demselben Augenblick kehrte er auch wieder zu seiner gehobenen Stimmung zurück und wurde sich mit Freude bewußt, daß doch etwas Neues und Wichtiges in seinem Innern vorgegangen war. Die Außenwelt hatte nur für kurze Zeit die seelische Ruhe, die er gefunden hatte, verdeckt; aber diese Ruhe war in seiner Seele unversehrt geblieben.
     
    Ebenso wie die ihn jetzt umschwirrenden, ihn bedrohenden und seine Aufmerksamkeit in Anspruch nehmenden Bienen ihn eines Teiles seiner körperlichen Ruhe beraubten und ihn zwangen, sich schmal zu machen, um ihnen auszuweichen, genauso hatten auch die Sorgen, die ihn von dem Augenblick an umringt hatten, als er in das Wägelchen gestiegen war, seine seelische Freiheit beeinträchtigt; aber das hatte nur so lange gedauert, wie er mitten unter ihnen war. Wie er trotz der Bienen im vollen Besitz seiner Körperkraft geblieben war, so war auch seine seelische Kraft, deren er sich jetzt von neuem bewußt wurde, unversehrt.
     

15
     
    » W eißt du auch, Konstantin, mit wem Sergei Iwanowitsch bei der Reise hierher in demselben Zuge gefahren ist?« fragte Dolly, nachdem sie Gurken und Honig unter die Kinder verteilt hatte. »Mit Wronski! Er geht nach Serbien!«
     
    »Und nicht er allein für seine Person, sondern er führt eine ganze Schwadron auf seine Kosten mit!« fügte Katawasow hinzu.
     
    »Das sieht ihm ähnlich«, sagte Ljewin. »Ziehen denn immer noch Freiwillige hin?« fuhr er fort und blickte dabei Sergei Iwanowitsch an.
     
    Sergei Iwanowitsch nahm, ohne zu antworten, vorsichtig mit einem Messerrücken aus einer Untertasse, auf der eine weiße Honigscheibe lag, eine noch lebende Biene heraus, die in dem herausgeflossenen Honig klebengeblieben war.
     
    »Und ob! Sie hätten nur sehen sollen, was gestern auf dem Bahnhof in Moskau für ein Treiben war!« erwiderte Katawasow und biß geräuschvoll in eine Gurke hinein.
     
    »Wie soll man das eigentlich auffassen?

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